Gründen ohne Risiko

Risiko? Warum, wenn es auch ohne geht?

Glaubt man den einschlägigen Lehrbüchern, bringt die Gründung eines Unternehmens zwingend Zwölf-Stunden Arbeitstage, Streit mit Kunden, enorme finanzielle Risiken und das Leben am Existenzminimum mit sich. Dass es auch anders geht, zeigen verschiedene Strategien, die auch dem risikoaversen Gründer das Rüstzeug für eine Unternehmensgründung mit auf den Weg geben und endlich mit den unsinnigen Vorurteilen aufräumen.

Viele Praxisbeispiele haben bereits bewiesen, dass es auch Gründer gibt, die ohne großen zeitlichen Aufwand und ohne signifikantes finanzielles Risiko erfolgreiche Startups auf die Beine gestellt haben. Es gibt zahlreiche Ansätze für eine solche Unternehmensgründung, von denen hier nun vier besonders aussichtsreiche vorgestellt werden:

1. Produktkreierung – das Minimum Viable Product

MVP: Das MVP (Minimum Viable Product) bezeichnet die minimalistische Version eines Produktes, die vom Kunden als Produkt wahrgenommen wird. Springen potenzielle Kunden auf das MVP an, weiß man, dass Nachfrage besteht. Wenn nicht, spart man sich weiteres Geld, Zeit und Frustration. Ein gutes Beispiel für ein MVP ist Dropbox. Die Macher erstellten zuerst ein Video über das noch gar nicht bestehende Produkt und begannen erst nach überwältigendem Feedback mit der Entwicklung. So war von vornherein klar, dass der Entwicklungsaufwand auch wirklich gerechtfertigt sein würde. 

Erst Interesse generieren, dann das Produkt bauen: Das Ganze funktioniert natürlich auch für physische Produkte. So kann man eine Webseite für ein Produkt aufsetzen und Traffic (zum Beispiel durch Google Adwords) generieren. Wenn viele Besucher das fiktive Produkt tatsächlich bestellen möchten, weiß man, dass wirklich Interesse besteht und erhält zusätzlich einen ersten Eindruck über die Nachfragesituation.

Fazit: Erst herausfinden, ob Nachfrage besteht, bevor man Geld in den Launch oder die Entwicklung des Produktes investiert.

2. Wachstum und Gründung aus dem Cashflow

Firmengründung erst bei Auftragseingang: Tatsächlich besteht meist keinerlei Notwendigkeit das Startup zu gründen, bevor man nicht die ersten Aufträge an Land gezogen hat. So spart man die Investition beim Notar, sollte das Business auf keinerlei Nachfrage stoßen.

Das mag nicht für alle Geschäftsmodelle funktionieren, aber man sollte grundsätzlich immer zuerst testen, ob es einen Markt gibt. Wenn es diesen Markt gibt, kann man oft auch das laufende Wachstum sowie die Gründung aus dem Cashflow finanzieren.

Fazit: Investitionen aus dem Cashflow zu zahlen, ist eine großartige Möglichkeit, das Risiko aus der Gründung zu nehmen.

3. Bootstrapping

Bootstrapping bezeichnet eine Form der Gründungsfinanzierung, bei der nur sehr geringe finanzielle Mittel für die Gründung verwendet werden. Geld für ein Büro ausgeben, bevor der erste Euro verdient ist? Falls ja, darf es dann auch ein Coworking Space sein? Muss es eine neue Telefonanlage sein oder reicht ein VoiP-Anbieter? Auch die Kosten für Designer, Webseite, Marketing etcetera halten sich extrem in Grenzen, wenn man ein bisschen recherchiert und nicht den erstbesten, selbsternannten Experten horrende Stundenlöhne zahlt.

Die Infrastruktur vieler Unternehmen im Internet lässt sich heute mit wenigen Euros bootstrappen. Selbst die erste Version von Groupon lief auf WordPress-Basis.

Fazit: Meistens gibt es neben der erstbesten Lösung noch eine Lösung, die das Gleiche leistet und deutlich weniger kostet, oder sogar völlig kostenlos ist.

4. No Budget Marketing

Das Marketing sollte starten, bevor man ein fertiges Produkt hat. Das MVP ist der Kern des Ganzen. Das Marketing vorab kann helfen herauszufinden, ob Interesse an einem Produkt besteht.

Mit verschiedenen Tools ist es möglich, tausende Menschen kostenlos zu erreichen:

Blogmarketing ist eine effiziente Methode, um kurzfristig und kostenlos tausende relevante Leser zu erreichen. Nachfolgend vier Schritte zum effektiven Blogmarketing:

  1. Einen eigenen Blog mit einer Handvoll guter und am besten zeitloser Artikel zum Thema als Vorbereitung.
  2. Recherche der größten relevanten Blogs der potenziellen Kunden im Internet. Die Anzahl der veröffentlichten Artikel pro Monat, Kommentare, Facebook Likes etcetera ist ein guter Indikator dafür, wie viele Leser ein Blog erreicht, beziehungsweise wie involviert die Leser sind.
  3. Kontaktaufnahme mit dem Inhaber der Blogs mit einem Verweis auf den eigenen Blog (Blogger helfen anderen Bloggern lieber als Unternehmen) und einem richtig guten, interessanten und natürlich thematisch passenden Artikel als Angebot.
  4. Wenn ein Bloginhaber den angebotenen Artikel gut findet und Gastbeiträge annimmt, dann wird er den Artikel posten. Zu dem Artikel gibt es meist eine Autorenbox und einen Link auf die eigene Webseite. Wenn der Artikel gut ist, werden die Leser auf den Link in der Autorenbox klicken um mehr vom eigenen Content zu lesen. So erhöht man die Reichweite seiner Produkte oder Dienstleistungen und der Blog bekommt guten Content mit viel Wert für die Leser.

 PR kann dabei helfen, Marketing im Wert von tausenden von Euro umsonst zu bekommen. PR kann man zum Beispiel über das Netzwerken mit Journalisten erhalten. Eine Möglichkeit, sich mit Journalisten zu vernetzen, ist das Blogmarketing. Viele Journalisten schreiben heute ihren eigenen Blog. Wenn man sich mit einem Journalisten vernetzt hat, bestehen deutlich bessere Chancen, dass der Journalist über das Startup schreibt oder es zumindest erwähnt.

Im Gegensatz zum Blogmarketing braucht PR in Printnachrichten in der Regel etwas Vorlauf. Einen richtig guten Gastbeitrag auf einem Blog kann man innerhalb von ein paar Tagen schreiben und unterbringen. Bis ein Artikel über ein Startup in der Süddeutschen erscheint, können auch schon mal Monate ins Land gehen.

Fazit: Es ist möglich, kostenlos tausende Menschen zu erreichen und sie über den angebotenen Service oder das Produkt zu informieren. Je früher, desto besser!

Übrigens können die vier Strategien nicht nur für Startups hilfreich sein. Auch existierende Unternehmen können von Konzepten wie dem MVP profitieren. Das „risikolose“ Gründen von Startups ist ein durchaus kontrovers diskutiertes Thema. Oft ist die persönliche Einstellung dafür entscheidend, für welche Variante der Gründung man sich entscheidet und ob diese von Erfolg gekrönt ist.

Bild: Fotopedia/Jam Adams