Lernten sich über ein Mitgründerportal kennen: die Gebraucht.de-Gründer Stefan Tietze und Oliver Kaiser
Lernten sich über ein Mitgründerportal kennen: die Gebraucht.de-Gründer Stefan Tietze und Oliver Kaiser

Es sei einfach nicht nutzerfreundlich, Dinge im Internet zu verkaufen, findet Stefan Tietze. Er ist einer der beiden Gründer von Gebraucht.de. Die Plattform hat er zusammen mit Oliver Kaiser gestartet, dem Techie im Gründerteam. Seit einigen Wochen sind das Webangebot und die iOS-App online, in Kürze erscheint auch eine App für Android. Getreu dem Credo der Gründer soll Gebraucht.de vor allem mit Service punkten: Detaillierte Anleitungen, wie man sein altes iPad oder die Digitalkamera ansprechend anbietet, und ein einfacher Weg vom Einstellen der Waren bis zum automatisch generierten Versandetikett und einem komfortablen Zahlungsprozess sollen die Kunden überzeugen.

Überzeugt hat das Berliner Gründerduo zumindest erste Investoren. Die hätten einen Millionenbetrag in das Startup gesteckt. Es sei ihr Ziel gewesen, relativ schnell relativ viel Geld aufzunehmen, sagen die Gründer gegenüber Gründerszene.

Geld verdienen wollen sie so: Gebraucht.de behält eine Gebühr von knapp einem Zehntel des Verkaufspreises ein. Weitere Serviceangebote wie einen Verpackungsdienst können die Kunden kostenpflichtig hinzubuchen. Über hervorgehobene Anzeigen, wie sie auf anderen Plattformen üblich sind, wollen Tietze und Kaiser nicht Geld verdienen. Stattdessen soll irgendwann ein eigens entwickelter Algorithmus Verkäufer und Käufer zusammenbringen.

Die beiden Gründer wissen, dass neben der Markenbekanntheit vor allem das Renommee der Plattform wichtig für den Erfolg ist. Um Betrüger auszusortieren, muss sich jeder Nutzer, der mehr als 100 Euro im Monat umsetzt, mit dem Personalausweis verifizieren. Damit auch die Kunden möglichst wenig Risiko tragen, arbeitet Gebraucht.de mit einem Zahlungs-Dienstleister zusammen, der das Geld so lange einbehält, bis der Paket-Trackingdienst meldet, die Ware sei beim Käufer angekommen. Dass man damit keine vollständige Sicherheit garantieren kann, ist den Tietze und Kaiser bewusst. Während Ebay durch den Käuferschutz der Tochter Paypal das Vertrauen vieler Käufer gewinnen konnte, muss das kleine Startup aus Berlin den Markenaufbau aus eigener Hand stemmen.

Geschickt war dabei, auf einen leicht verständlichen Markennamen zu setzen. Die Domain www.gebraucht.de, die über Google ohne Suchmaschinen-Marketing erste Nutzer auf die Seite bringe, hatte Mitgründer Kaiser bereits vor der Gründung gekauft, nachdem er einmal auf der Seite gelandet war und wenig später auch den Besitzer kennengelernt hatte. Für Marktplätze habe er sich bereits während seines Studiums in Flensburg interessiert und auch schon eine erste kleine Plattform programmiert. Seinen Gründungspartner Tietze lernte er kennen, nachdem er nach Berlin gekommen war – ganz pragmatisch über eine Ausschreibung bei einem Mitgründerportal. Der kennt den Gebrauchtwarenmarkt ebenfalls seit einer Weile, er kommt vom Berliner Unternehmen Rebuy, das Waren an- und dann wieder verkauft.

Die Idee ist nicht neu, aber in Japan erfolgreich

Gebraucht.de soll vor allem davon profitieren, dass sich beim Handel mit gebrauchten Dingen bereits seit einer Weile eine Lücke aufgetan hat. Platzhirsch Ebay hat sich längst vom Auktionsmodell verabschiedet und ist zu mehr als drei Vierteln eine Plattform für Händler von Neuwaren geworden. Das Kleinanzeigen-Portal von Ebay setzt derweil hauptsächlich auf lokale Angebote, geht kaum über das reine Auflisten der Angebote hinaus und wird vom US-Riesen seit Jahren kaum mehr weiterentwickelt. Flohmarkt-Apps wie Stuffle oder Shpock als rein mobile Angebote konnten sich derweil in der Breite nicht so schnell zu etablieren, wie von den Anbietern erhofft.

Neu ist die Idee der beiden Berliner Gründer nicht: Die 2013 in Japan gegründete Plattform Mercari verfolgt einen ganz ähnlichen Ansatz und ist im Herbst 2014 bereits in die USA expandiert. Mehr als 100 Millionen an Investorengeldern sind bislang in Mercari geflossen, das Unternehmen gehört zu den ersten Unicorns des Landes – Unternehmen mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Dollar.

Davon ist das Berliner Startup noch weit entfernt. Aber das schreckt die beiden Gründer nicht. Nachdem die Plattform nun gestartet ist, wollen sie in die Offensive gehen. Dabei helfen soll vor allem ein Spot beim TV-Sender N24. Und natürlich die gesamte Digitalpalette von SEO bis Performance Marketing. Aber auch das eigene Angebot wollen Tietze und Kaiser mit ihrem derzeit zwanzigköpfigen Team weiter ausbauen. So soll etwa der Abhol- und Verpackungsdienst, der in Berlin bereits in einem einstündigen Fenster zu haben ist, bald in weitere Städte gebracht werden. Ob und wann die Plattform auch im Ausland starten soll, wollen die Tietze und Kaiser allerdings nicht verraten.

Bild: Gebraucht.de