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Viele Startup-Jobausschreibungen bergen Diskriminierungspotenzial

Naturgemäß werben Startups bei der Suche nach neuen Mitarbeitern regelmäßig mit ihrer jungen Belegschaft. Stellenanzeigen lesen sich etwa wie folgt: „Es erwartet Sie ein junges und dynamisches Team“, „Wir bieten Ihnen ein junges hochmotiviertes Team“. Bewirbt sich nun ein älterer Kandidat auf eine solche Stellenanzeige, kann diesem im Falle einer Ablehnung ein Schadensersatz- sowie Entschädigungsanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zustehen. Kürzlich hatte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein einen solchen Fall zu entscheiden (Urteil vom 29.10.2013 – 1 Sa 142/13).

Klagefall: Worüber hatte das Gericht zu entscheiden?

Das beklagte Unternehmen suchte in einer Tageszeitung nach einem Gebietsverkaufsleiter. Die Stellenanzeige war in drei Absätze untergliedert („Aufgabe“, „Ihre Qualifikation“ und „Ihre Perspektive“). Unter dem letzten Absatz „Perspektive“ hieß es:

„Wir bieten Ihnen die Möglichkeit, eine verantwortungsvolle Position im Vertrieb eines erfolgreichen Unternehmens zu übernehmen. Als Mitglied eines jungen und motivierten Teams erhalten Sie bei uns Gelegenheit, Ihren Verantwortungsbereich kontinuierlich auszuweiten.“

Der 1964 geborene Kläger bewarb sich auf die Stelle. Das Unternehmen erteilte ihm jedoch eine Absage. Daraufhin machte der Kläger einen Entschädigungsanspruch wegen Altersdiskriminierung in Höhe von 13.500 Euro geltend (dreifaches Bruttomonatsgehalt – ausgehend von den klägerischen – hier angemessenen – Gehaltsvorstellungen).

Wie entschied das Gericht?

Die erste Instanz wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht sprach dem Kläger hingegen eine Teil-Entschädigung in Höhe von 2.000 Euro zu. Wörtlich führe das Gericht aus:

„Im hier zu entscheidenden Fall liegen aufgrund der von der Beklagten geschalteten Anzeige ausreichend Tatsachen vor, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung des Klägers wegen des Merkmals Alters erfolgt ist. Zwar hat die Beklagte die Anforderungen an die Stelle und die Bewerber optisch unter 3 fett gedruckten Überschriften (Ihre Aufgabe, Ihre Qualifikation, Ihre Perspektive) angeordnet. Anders als im vom LAG München entschiedenen Fall findet sich die hier in Rede stehende Ausführung zum jungen Team jedoch nicht im einleitenden Werbeblock der Beklagten, […] sondern am Ende und damit der Sache nach unter der Überschrift „Ihre Perspektive“, wenn auch optisch abgesetzt. Insbesondere der Satzbau spricht im vorliegenden Fall dafür, dass durch die Anzeige vorwiegend jüngere Bewerber angesprochen werden sollten. […] Geht der unbefangene Leser nach Vorstehendem davon aus, es handele sich um ein Team junger Mitarbeiter, in dem ihm eine Perspektive eröffnet werden soll, so wird er regelmäßig eine Bewerbung für wenig aussichtsreich halten, wenn er selbst in fortgeschrittenem Alter ist.“

Allerdings erkannte das Landesarbeitsgericht das Alter des Klägers nur als einen von mehreren Gründen für seine Ablehnung an. Zudem habe das Unternehmen plausibel vorgetragen, dass sie generell auch ältere Mitarbeiter einstellen. Daher erhielt der Kläger lediglich einen Teil der von ihm geforderten Entschädigung.

Wie können Startups ihre Stellenanzeigen formulieren?

Vorab: Einige Landesarbeitsgerichte, insbesondere in Süddeutschland, haben Klagen in ähnlich gelagerten Sachverhalten auch schon abgewiesen. Die Gefahr einer Klage ist jedoch stets gegeben.

Die sicherste und einfachste Variante einer auch im Hinblick auf ältere Bewerber „AGG-konformen Stellenanzeige“ enthält gar keinen Hinweis auf die junge Belegschaft. Im „war for talents“ auf den Zusatz „junges Team“ zu verzichten, erscheint jedoch nicht jedem Unternehmen als attraktive Lösung. Behält man daher den Zusatz und möchte gleichwohl das Risiko einer Klage minimieren, könnte beispielsweise ein ausdrücklicher Hinweis erfolgen, dass sich die Stellenanzeige sowohl an jüngere als auch an ältere Bewerber richtet.

Allgemein sollte bei Stellenanzeigen im Hinblick auf die AGG-Konformität stets eine Gesamtbetrachtung erfolgen. Dies gilt im Übrigen auch für andere Bereiche wie etwa die geschlechtsneutrale Formulierung. Lediglich der einmalige Hinweis (w/m) kann auch hier unter Umständen nicht ausreichen. Besondere Sorgfalt ist bei höher dotierten Stellen geboten, da die Entschädigungshöhe sich grundsätzlich nach der Höhe des potenziellen Gehalts richtet.

So hielt das Oberlandesgericht Karlsruhe im Jahr 2011 eine Entschädigung in Höhe von 13.257,36 Euro (ein Monatsgehalt) für angemessen. Die Bewerberin für einen Geschäftsführerposten fühlte sich diskriminiert. Die nicht geschlechtsneutrale Stellenzeige enthielt lediglich den Begriff „Geschäftsführer“ ohne weitere Zusätze (Urteil vom 13.9.2011 – 17 U 99/10).

Bild: 8992 (Maximilian Boschi) / PantherMedia
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