Deutschlands Startup-Szene ist nicht mehr grün hinter den Ohren. Zu dem Schluss kommt die neueste Venture- und Startup-Studie des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Ernst & Young (EY).

Viele deutsche Startups haben bewiesen, dass ihre Konzepte funktionieren, heißt es in dieser Studie. Die Szene sei nun erfahrener, ein breites Gründerszene-Netzwerk sei aufgebaut worden. Besonders Berlin wird als Startup-Hochburg hervorgehoben. Aber auch die Szene in Hamburg und München sei beachtlich, heißt es.

Die Startup-Definition der Studie ist allerdings etwas vage gehalten. Auch Unternehmen wie Arago (gegründet 1995) oder Bigpoint (gegründet 2002) werden aufgelistet. Und: Die Studie umfasst offenbar auch Finanzierungsrunden, die zwar verkündet, aber erst in kommenden Jahren ausgeschüttet werden – wie die dreistellige Millionen-Finanzierung von Zencap.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie im Überblick:

Die größten Finanzierungen

In den vergangenen zwölf Monaten gab es für einige Unternehmen richtig viel Geld – und teilweise auch mehr als eine Finanzierungsrunde. Hier sind die fünf größten Summen, die von Startups zwischen Oktober 2014 und September 2015 eingesammelt wurden:

  • Delivery Hero: 730 Millionen US-Dollar
  • Kreditech: 292 Millionen US-Dollar
  • Zencap: (versprochene) 253 Millionen US-Dollar
  • Foodpanda: 210 Millionen US-Dollar
  • HelloFresh: 209 Millionen US-Dollar

Und die Top-10-Fundings:

Was auffällt: Rocket Internet hat bei den meisten Unternehmen seine Finger im Spiel. An Delivery Hero, Kreditech, Foodpanda, HelloFresh, Home24 und Helpling ist die Firmenschmiede beteiligt. Auch Zencap kommt aus dem Hause Rocket, wurde aber im Oktober dieses Jahres verkauft.

Die höchstfinanzierten Tech-Unternehmen

Insgesamt haben die 30 höchstfinanzierten Tech-Unternehmen in Deutschland 4,8 Milliarden US-Dollar in den vergangenen Jahren eingesammelt. Das sind die Top fünf:

  • Delivery Hero: Fast 1,4 Milliarden US-Dollar hat das Unternehmen seit der Gründung im Jahr 2011 bekommen.
  • Bigpoint: Kein Startup mehr, aber trotzdem gut finanziert – 461 Millionen US-Dollar bekam das Unternehmen seit 2002. Die letzte Finanzierungsrunde fand 2011 statt.
  • Kreditech: Seit der Gründung 2012 sammelte das Startup 355 Millionen US-Dollar ein.
  • Foodpanda: 318 Millionen US-Dollar konnte das Startup seit der Gründung im Jahr 2012 aufnehmen.
  • HelloFresh: Für das Unternehmen gab es insgesamt 278 Millionen US-Dollar. Gegründet wurde HelloFresh ebenfalls 2012.

Und die gesamten 30 höchstfinanzierten Tech-Unternehmen:

Finanzierungsvolumen in den vergangenen drei Jahren

Im Jahr 2013 wurden etwas mehr als zwei Milliarden US-Dollar in Deutschland investiert. Ein Jahr später stieg das Volumen auf 2,9 Milliarden. Im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden bereits 1,6 Milliarden investiert.
In anderen Ländern wurde so viel eingesammelt:

Deutschland schneidet im Bereich der Early-Stage-Finanzierungen gut ab. Es gibt immer mehr Business Angels, die sich an diesen Runden beteiligen würden, heißt es in der Studie.

Schwierig wird es bei Wachstums- und Later-Stage-Finanzierungen. Laut Studie mangelt es in Deutschland an passenden Investoren. Zwar gebe es VCs wie Earlybird, Lakestar, Holtzbrinck Ventures oder Rocket Internet. Aber oftmals dominieren ausländische Investoren aus Großbritannien, den USA und auch vermehrt aus Asien.

Aber: Im Jahr 2015 fanden mehr Finanzierungsrunden von mindestens zehn Millionen US-Dollar statt als in den Jahren zuvor.

Die Risikokapitalgeber mit den fünf größten Fonds

Für den deutschen Markt wurden laut EY einige neue Fonds im Zeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 angekündigt. Insgesamt beträgt das Volumen der Fonds, bei denen die konkrete Größe bekannt ist, 2,5 Milliarden US-Dollar.

  • Deutsche Telekom Capital Partners: 500 Millionen Euro
  • KfW: 400 Millionen Euro
  • Lakestar: 350 Millionen Euro
  • Holtzbrinck Ventures: 285 Millionen Euro
  • Partech: 240 Millionen Euro

EY sieht Trends

  • Laut Studie sind die Bereiche Adtech, Fintech und Essen unter Startups populär.
  • Trotz Global Playern wie Amazon oder Zalando glaubt EY noch immer an den E-Commerce-Trend.
  • EY glaubt auch an Hardware: Besonders in Nischen wie 3D-Druck soll es auf lange Sicht viele Möglichkeiten geben.
Bild GettyImages/Westend61; Grafiken: EY