Qwant: Profiteure des NSA-Skandals?

In einer Zeit, in der jeder um seine persönlichen Daten bangt, kommt eine weitere anonymisierende Suchmaschine gerade recht: Am Dienstag stellte Qwant aus Frankreich seine deutsche Version in Berlin vor. Den hoffnungslosen Kampf mit Google will die neue Suchmaschine gar nicht erst aufnehmen – die Macher Jean Manuel Razon, Patrick Constant und Eric Leandri setzen lieber auf besondere Features: Sie versprechen, dass Qwant keine persönlichen Daten der Nutzer sammelt – die Ergebnisse sind deswegen auch nicht personalisiert. Angezeigt werden die Suchresultate übersichtlich in parallel angeordneten Spalten für allgemeine Ergebnisse aus dem Web, Nachrichten, Social Media und Shopping. Im Interview spricht Mitgründer Eric Leandri über die Details.

Was sind die Vorteile von Qwant gegenüber Google?

Man sollte beides nutzen – aber für unterschiedliche Zwecke. Wer genau weiß, wonach er sucht, ist bei Google richtig. Wer aber neue Dinge entdecken will, die aktuell online passieren, sollte Qwant nutzen. Bei Qwant zeigen wir dem Nutzer alles in Echtzeit an, so kann er neue Trends einfach entdecken. Wenn ich beispielsweise wissen will, was heute Abend in Berlin los ist, ist Qwant optimal geeignet, weil es die aktuellsten Ergebnisse anzeigt. Uns ist völlig klar, dass wir nicht mit Google konkurrieren können – dafür sind wir viel zu klein. Wir wollen einfach eine andere Form der Suche im Internet einführen.

Ihr behauptet, dass Qwant sicherer ist als Google. Wieso?

Wir sammeln keine persönlichen Daten unserer Nutzer. Wir tracken sie nicht, weil wir keine Cookies nutzen. Und wir verschlüsseln sogar einen Teil der IP-Adresse – wir können also keine Korrelation zwischen unseren Nutzern und ihren Suchbegriffen herstellen.

Die Nutzer können sich auch bei Qwant registrieren. Was bringt das?

Angemeldete Nutzer können auf einem eigenen Bord Artikel, Bilder und Videos abspeichern und diese Sammlung dann quasi als ihren eigenen Blog nutzen. Die gesammelten Informationen können sie dann auch mit anderen Nutzern teilen, wenn sie möchten.

Wie kamt ihr auf die Idee für Qwant?

Als wir vor drei Jahren angefangen haben, wollten wir eine alternative Suchmaschine anbieten, die anders funktioniert als Google. Unser großer Vorteil ist, dass die Nutzer über Qwant Dinge entdecken wollen, deswegen verbringen sie im Schnitt sechs Minuten auf unserer Seite. Es werden derzeit viele neue Suchmaschinen ins Leben gerufen – nur für Social Media oder nur für News. Aber bisher ist noch niemand auf die Idee gekommen, die Suchergebnisse aus diesen Bereichen zu kombinieren.

Im letzten Februar seid ihr mit der Betaversion gestartet, im Sommer war der offizielle Start. Da kam euch der NSA-Skandal sehr gelegen, oder?

Klar, der Skandal hat viele Nutzer auf unsere Seite gebracht. Durch die Ereignisse im Sommer haben sich natürlich viel mehr Leute gefragt, was es eigentlich bedeutet, wenn sie im Internet getrackt werden.

Wie funktioniert euer Geschäftsmodell?

Derzeit verdienen wir etwas Geld mit Affiliate Marketing über unsere Shopping-Spalte. Langfristig wollen wir aber Geld über B2B-Modelle einnehmen. Dafür werden wir Qwant als Whitelabel-Suchmaschine verschiedenen Partnern anbieten.

Wie viele Nutzer hatten ihr im letzten Jahr?

Im letzten Jahr hatten wir über 8 Millionen Unique Users und mehr als 500 Millionen Suchanfragen. 60 Prozent unserer Nutzer kommen aus Frankreich, 40 Prozent aus dem Rest der Welt.

Wie finanziert ihr euch?

Jean Manuel hat anfangs eine Million Euro investiert. Insgesamt halten wir drei Gründer 75 Prozent der Anteile, die restlichen 25 Prozent sind unter 25 Business Angels aufgeteilt. Wir machen derzeit aber eine neue Finanzierungsrunde und suchen dafür auch in Deutschland Investoren.

Jean-Manuel Razon & Eric Leandri, Gründer von Qwant

Bild: Qwant, Georg Räth