rocket internet roland berger super inkubator

Es war eine spektakuläre Ankündigung: Mitte Dezember ließ die krisengeplagte Unternehmensberatung Roland Berger verlauten, man wolle „einen Super-Inkubator für große Unternehmen“ aufsetzen  – und zwar gemeinsam mit Rocket Internet. Der Inkubator solle „eine Firma mit digitalem Geschäftsmodell nach der anderen produzieren“, sagte Charles-Edouard Bouée, damals frisch berufener Chef der Beratung, im ersten Interview seiner Amtszeit zum Manager Magazin. Die beiden Partner sollten an dem „Super-Inkubator“ mit je 50 Prozent beteiligt sein, so Bouée. Und: Schon innerhalb des nächsten halben Jahres solle er operativ tätig werden.

Die sechs Monate sind nun bald vorbei. Ein guter Zeitpunkt, um bei den Beteiligten den aktuellen Stand zu erfragen. Und da zeigt sich: Aus der großen Idee scheint nicht viel geworden zu sein.

Roland Berger gibt sich auf Gründerszene-Anfrage sehr zurückhaltend. Dort heißt es lediglich, in nächster Zeit werde es „Entwicklungen“ geben. Was das genau bedeutet, wollte ein Sprecher nicht erklären; ebenfalls nicht, ob die im Dezember verkündete sechsmonatige Frist eingehalten werde.

Bei Rocket findet man hingegen deutlichere Worte zum vermeintlichen „Super-Inkubator“: Nicht nur sei der Zeitraum hinfällig – es sei überhaupt nichts Derartiges in der Umsetzung. Es möge Gespräche zu dem Thema gegeben haben, sagte ein Sprecher gegenüber Gründerszene. Doch der Plan für einen gemeinsamen Inkubator sei eine Aussage seitens Roland Bergers gewesen, die man so nicht bestätigen könne. Mehr könne man dazu nicht sagen.

Update, 16.00 Uhr: Donnerstag korrigierte ein Rocket-Sprecher diese Aussage: „Wir arbeiten sehr eng und partnerschaftlich mit Roland Berger zusammen. Es gibt viele Möglichkeiten zur gemeinsamen Zusammenarbeit. Wir werden uns dazu zu einem gegebenen Zeitpunkt öffentlich äußern.“

Die Firmenfabrik und die Beratungsfirma scheinen sich also doch nicht so nah zu sein, wie vermutet wurde – schließlich sitzt Firmengründer Roland Berger selbst seit September 2014 im Rocket-Aufsichtsrat. Oder hat Rocket sich gegen eine Kooperation entschieden, um sich nicht selbst Konkurrenz machen? Schließlich zieht der Inkubator bereits ein Startup nach dem anderen groß.

Roland-Berger-Chef Bouée müsste demnach allein versuchen, sein Projekt Terra Numerata voranzutreiben, in das der Super-Inkubator einmal integriert werden sollte. Terra Numerata nennt die Beratung ihre neue Plattform, auf der sich ein europaweites digitales Firmennetzwerk bilden soll. Inkubatoren, Investoren und Technologieanbieter sollen daran teilhaben. Auf der Roland-Berger-Webseite heißt es: „Ziel ist es, Firmen unterschiedlicher Größe und unterschiedlicher Geschäftszweige zusammenzubringen, damit sie neue Partnerschaften eingehen und die digitale Innovation treiben können.“ Dem Manager Magazin sagte Bouée im Dezember noch, dass er sich etwa zwei Dutzend Partnerschaften nach dem Muster von Rocket Internet vorstellen könne.

Beratungen setzen auf Startup-Spirit

Nicht nur Roland Berger hat gemerkt, dass sich das deutsche Beratungsgeschäft verändern muss: um am Puls der Zeit und attraktiv für ambitionierten Nachwuchs zu bleiben, der vermehrt Jobs in Startups vorzieht. McKinsey eröffnete Anfang des Jahres sein neuntes Digital Lab in Berlin, das von Markus Berger-de León geführt wird, der zuvor unter anderem CEO bei Jamba, StudiVZ und MyHammer war. Die Boston Consulting Group kündigte im Herbst 2014 an, ebenfalls mit seiner neuen Einheit Startups für Kunden aufbauen zu wollen.

Deloitte gab im Oktober 2014 bekannt, von nun an deutsche und internationale Unternehmen bei der Digitalisierung unterstützen zu wollen. Eine Tochterfirma soll für Kunden digitale Geschäftsmodelle entwickeln und aufbauen, die anschließend entweder ins Unternehmen integriert oder eigenständig weitergeführt werden.

Deloitte und weitere große Wirtschaftsprüfungsunternehmen wie PwC und Ernst & Young waren übrigens laut Handelsblatt mit Roland Berger zuletzt Ende 2013 im Gespräch, um die gebeutelte Firma zu übernehmen. Doch die monatelangen Verhandlungen sollen geplatzt sein. Bis heute wird Roland Berger selbstständig weitergeführt – nicht ohne Fallstricke, wie der Fall des „Super-Inkubators“ zeigt.

Bild: Namensnennung Bestimmte Rechte vorbehalten von jurvetson