Drei Smartphones, verteilt auf verschiedene Halterungen an Armaturenbrett und Lüftungsöffnungen, dazu ein Navigationsgerät an der Windschutzscheibe und eine digitale Taxameter-Anzeige – wer in den Toyota Prius von Taxifahrer Ridvan steigt, fühlt sich spontan an das Schauregal eines Elektronikdiscounters erinnert. „Ich mache Doppelfunk“, erklärt Ridvan auf der Fahrt durch den Berliner Berufsverkehr die Gerätevielfalt, „da stehe ich weniger und warte.“

Doppelfunk heißt, dass Ridvan – seinen Nachnamen will er nicht in der Zeitung lesen – nicht nur über die Berliner Taxizentrale Taxi-Berlin Fahrten annimmt, sondern dass er auch über die App der Daimler-Tochter MyTaxi (iOS und Android) sowie über das eigene Programm UberTaxi des bei den Taxi-Innungen verhassten Unternehmens Uber Fahrgäste findet.

Ridvans Gerätepark zeigt, wie sehr sich der Taximarkt verändert hat, seit Startups wie Uber oder das Hamburger Unternehmen MyTaxi die klassischen Taxizentralen unter Druck setzen. Nach diversen Pleiten vor deutschen Gerichten hat Uber eine neue Offensive gestartet. Das US-Unternehmen will nun mit dem Mietwagendienst UberX gesetzeskonform im Taximarkt mitmischen. Anfang März 2015 hatte Uber bereits in Berlin eine eigene Taxi-App (iOS und Android) gestartet, um mit den regulären Taxizentralen und MyTaxi zu konkurrieren.

Harter Kampf um Fahrgäste

Die Taxibranche ist hart, kein Unternehmer kann es sich leisten, dass sein Fahrzeug lange an Taxiständen wartet. Deswegen nutzen die Fahrer jede zusätzliche Möglichkeit, weitere Fahrgäste zu finden. „Ob die Innung sich mit Uber oder MyTaxi streitet, ist mir erst mal egal – solange alle denselben Tarif zahlen, ist Konkurrenz okay und gut für uns“, sagt Ridvan, während er sein Taxi durch den chaotischen Kreuzungsstau am Potsdamer Platz navigiert.

Wer in den vergangenen Wochen in Berlin nach einem Taxi suchte, der musste schon einmal länger warten: Dank des Bahnstreiks fuhren so viele Fahrgäste wie sonst nur an Feiertagen Taxi. Zudem hatte MyTaxi eine Werbeaktion gestartet, um Kunden zur Installation der App zu bewegen: Anfang Mai zahlten die Hamburger zwei Wochen lang die Hälfte des Fahrpreises für ihre Nutzer, so sie das Taxi per App bezahlten.

Eine niedrige siebenstellige Euro-Summe hat die Daimler-Tochter der Rabatt gekostet, doch das war es wert, erklärt Stefan Keuchel von MyTaxi: „Mit der Aktion will MyTaxi die Kunden daran gewöhnen, das Taxi mit dem Smartphone zu bezahlen – und jeder Kunde, der das einmal probiert hat, wird danach nie wieder mit Bargeld zahlen wollen.“ Die Zahlung per App ist eine Funktion, die die Anwendung den klassischen Taxizentralen bislang voraushat.

„Für uns war das wie Weihnachten“, erklärt Fahrer Ridvan, „wegen der Aktion haben viele Kollegen MyTaxi-Verträge abgeschlossen.“ Gleichzeitig gewöhnt MyTaxi die Kunden daran, dass die Bezahlung per Smartphone möglich ist. Bislang winkten viele Taxifahrer beim Anblick einer Kreditkarte ab, nun hat die Taxi-Innung in Berlin dem Marktdruck nachgegeben und allen Taxifahrern einen Kreditkartenleser verordnet.

Doppelfunk ist legal

Der Wettbewerb im Markt ist nicht nur für die Kunden von Vorteil, sondern auch für die Taxifahrer: Nach einem Grundsatzurteil des Oberlandesgerichts Frankfurt dürfen die etablierten Taxirufzentralen ihren Fahrern nicht verbieten, über mehrere alternative Vermittler Fahrten anzunehmen. Doppelfunk ist legal, wenn auch die Taxizentralen versuchen, die Fahrer durch Regelungen etwa zur Benutzung der Taxistände von der App-Konkurrenz fernzuhalten.

Um mit den etablierten Taxizentralen konkurrieren zu können, müssen MyTaxi und Uber möglichst viele der Fahrer für sich gewinnen. MyTaxi etwa wirbt damit, in Deutschland bereits über 17.000, EU-weit sogar 45.000 Taxis an die App angebunden zu haben.

Bislang kämpften die Fahrer bei MyTaxi in einem Auktionsmodell untereinander um Fahrgäste – wer am meisten Provision an MyTaxi bezahlte, bekam die Fahrt. „Das Taxigeschäft ist eine sehr, sehr harte Branche – und die Taxifahrer sind untereinander nicht alle Freunde“, kommentiert Keuchel den Wettbewerb. „Dennoch lehnen viele Fahrer das Auktionsmodell ab.“

Nun stellt der Dienst auf eine einheitliche Vermittlungsgebühr von sieben Prozent um, um mehr Fahrer für sich zu gewinnen, erklärt Keuchel: „Nur wer langfristig in jeder Stadt genügend Taxen angebunden hat, kann die Nachfrage der Nutzer auch bedienen.“ Und die steigt: Mittlerweile nutzen laut einer Umfrage des IT-Verbandes Bitkom 15 Prozent aller Taxikunden eine App für die Bestellung, Tendenz zunehmend.

Taxizentralen führen Blackbox ein

Noch zum Marktstart von MyTaxi im Jahr 2010 hatten die deutschen Taxizentralen über die Idee der Taxivermittlung per App gelächelt: Die Kunden seien es gewöhnt, per Telefon zu bestellen – und bargeldlose Zahlung sei ohnehin in Deutschland kein Thema. Doch im Wettbewerb mit Uber und MyTaxi sehen sich die traditionellen Taxizentralen dazu gezwungen, ihr seit Jahrzehnten gleiches Modell zu ändern.

In Köln sind sämtliche Taxen der größten Kölner Taxivermittlung TaxiRuf Köln seit einigen Monaten mit einem Tablet-PC in der Mittelkonsole und einer Blackbox hinter dem Armaturenbrett ausgestattet. Die Technik erlaubt der Taxizentrale, die Position ihrer Fahrer jederzeit live abzufragen und ihnen den jeweils nächsten Fahrgast zuzuteilen.

So will die Innung ihren Fahrern Anfahrtskosten sparen und die Fahrgäste weniger lang warten lassen. 2.000 Euro zahlen die Unternehmer pro Taxi für die Technik – wer nicht mitmacht, bekommt keine Fahrgäste mehr. Nicht nur in Köln ist die Blackbox mittlerweile Standard, auch in weiteren deutschen Städten wie Hamburg oder München binden die Taxizentralen ihre Fahrzeuge enger per Datenverbindung an sich.

Taxizentralen arbeiten an Konkurrenz-App

Dazu passend haben die deutschen Taxizentralen einen eigenen Dienstleister damit beauftragt, eine Konkurrenz-App zu MyTaxi zu schreiben: Taxi.eu heißt die App (iOS und Android), mit der die Taxizentralen in allen großen deutschen Städten die Vermittlung per Smartphone erlauben.

Die Blackbox sowie die App erlaubt den Taxizentralen eine genaue Kontrolle über die Fahrer – und sie soll ihre Unabhängigkeit garantieren. „Wenn wir MyTaxi den Markt überlassen, garantiert uns niemand, dass die nicht künftig mehr Provision verlangen“, kommentiert Aleksandar Dragicevic von TaxiRuf Köln.

Gleichzeitig will er neue Qualitätsstandards durchsetzen, um dem Schmuddelruf der Taxibranche etwas entgegenzusetzen: Am Flughafen und am Hauptbahnhof von Köln warten Kontrolleure auf die Fahrer – nur wer ein sauberes und technisch einwandfreies Taxi ohne Schäden, Beulen oder durchgesessene Sitzpolster vorfährt, darf Gäste mitnehmen.

Die Limousinen-Konkurrenz von Uber ist in Köln bislang nicht aktiv, doch Dragicevic will vorsorgen: „Die Gäste dürfen einen Mindeststandard erwarten, der mindestens auf dem Niveau der Limousinenkonkurrenz liegt.“

Dieser Artikel erschien zuerst in Die Welt.

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