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TenX-Gründer Julian Hosp (erste Reihe, 3. v.l.) und sein Team

Julian Hosp hat Großes vor: Er will Kryptowährungen alltagstauglich machen. Dazu rührt er ordentlich die Werbetrommel, schreibt Blogeinträge, spricht Podcasts und macht Youtube-Videos. Mit seinem Startup TenX hat er außerdem eine Krypto-Bankkarte entwickelt. Über eine Wallet lässt sie sich mit den darin gespeicherten Bitcoins, Ether und Co. verknüpfen, der Besitzer kann mit seinem Kryptogeld überall dort bezahlen, wo Visa oder Mastercard angenommen werden.

Gegründet wurde TenX im Jahr 2014 von Hosp, Toby Hönisch und Michael Sperk. Im Interview erzählt der Mitgründer, für wen sich die Karte lohnt und warum sich die Österreicher für den Standort Singapur entschieden haben.

Julian, welche Idee steckt hinter TenX?

Meine beiden Co-Founder und ich kennen einander aus Thailand, wo wir uns durch Zufall während eines Urlaubs getroffen haben. Wir alle waren an dem Thema Kryptowährungen interessiert – und wir wollten einen konkreten Anwendungsfall schaffen. Interessierte können Bitcoins zwar erwerben. Aber nicht direkt wie Bargeld verwenden. Unsere Vision war: Digitale Währungen tatsächlich einsetzbar machen: online, offline, in jedem Geschäft und zu jeder Zeit.

Wie unterscheidet Ihr Euch dabei von anderen Startups mit einem ähnlichen Konzept wie Xapo?

Wir verfolgen einen breiteren Ansatz als unsere Mitbewerber. Tatsächlich gibt es einige Unternehmen, die das Bezahlen in digitalen Währungen über eine Karte ermöglichen. Das Besondere bei uns: Wir konzentrieren uns nicht auf eine bestimmte, sondern bieten mehrere an, darunter Bitcoin, Ethereum und Dash. Mit der von uns entwickelten Bankkarte können Nutzer in all diesen Währungen bezahlen – ohne zusätzliche Gebühr. Aber wir sind sicher, dass andere Unternehmen mit ähnlichen Angeboten folgen werden.

Wie genau funktioniert die Karte?

Derzeit bieten wir eine Debit-Karte an. Im Unterschied zu einer Kreditkarte bezahlt der Nutzer das Geld sofort – über Kryptowährungen. Die Token werden in unsere Wallet hinein gegeben. In jedem Geschäft, das Kreditkarten akzeptiert, kann über die Karte bezahlt werden, in Deutschland und weltweit. Der Euro wird direkt in Ether, Bitcoin und Co. umgerechnet und abgebucht.

Und wie kann die virtuelle Geldbörse gefüllt werden?

Über die TenX-App, dort können Nutzer die Währung auswählen. Über die Anwendung können Nutzer das Wallet managen, ähnlich wie bei N26 und anderen Firmen, die das im Fiat-Bereich machen. [Mit Fiat bezeichnet die Fintech-Szene die herkömmlichen Währungen, Anm. d. Red.]

Ein großes Thema ist die Besteuerung von Kryptogeld. Was ist bei dem Umtausch von Dollar oder Euro zu beachten?

Prinzipiell muss man auf Gewinne bei digitalen Währungen Steuern bezahlen. Was wir unseren Kunden anbieten, ist eine genaue Übersicht ihrer Ausgaben in der App plus eine E-Mail bei jeder Verwendung, welche eine steuerliche Dokumentation sehr einfach machen.

Wer profitiert von Eurer Debit-Karte?

Für den Durchschnittsbürger in Deutschland ist das Modell eventuell noch nicht interessant. Hier werden wir im nächsten Jahr weitere Produkte auf dem Markt bringen, mit denen man zum Beispiel leichter Euro in Kryptogeld tauschen kann und dann zusätzlich in der TenX-App weniger Volatilität bei den Preisen hat. Das ist dann für viele Menschen hochinteressant. Derzeit richtet sich die Karte an Menschen mit einer Affinität für digitale Währungen. Sie müssen diese nicht mehr in konventionelles Geld umtauschen, um sie tatsächlich auszugeben. Das Umtauschen ist oft mit hohen Risiken verbunden, wie sich soeben erst an der BTC-e (die russische Kryptogeldbörse, Anm. d. Red.) gezeigt hat, wo es einen kompletten Shutdown gab. Über die Karte sind die Währungen jederzeit verfügbar und können am Bankautomaten abgehoben werden.

Bild: TenX

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TenX-Gründer Julian Hosp (erste Reihe, 3. v.l.) und sein Team

Wie verdient Ihr Geld?

Banken erhalten bei jedem Kreditkartentransfer eine Gebühr vom Händler, ein Teil davon geht an uns. Hierzu arbeiten wir mit einer Bank in Singapur und einer Bank in Europa zusammen.

Wie viele Kunden habt Ihr und woher kommen sie?

Derzeit liegt der Fokus noch nicht auf der Kundenakquise, sondern vielmehr in der Verbesserung und Ausweitung der Produktpalette. Deshalb gibt es auch eine Warteliste, damit wir für die derzeit mehreren Tausenden Kunden einen reibungslosen Ablauf anbieten können. Ab Ende des Jahres geht es dann gezielt ins Wachstum, um unser Ziel von einer Million Kunden Ende 2018 zu erreichen. Die meisten davon werden aus Europa und Asien kommen. Dort sehen wir derzeit die größte Nachfrage.

Ihr habt ja auch Eure eigene Kryptowährung ausgegeben und Euch darüber finanziert.

Ja, wir haben über einen Token-Sale in wenigen Stunden rund 80 Millionen US-Dollar eingenommen. Der Token-Sale ist vergleichbar mit einer Kickstarter-Kampagne. Anstatt 10.000 Rucksäcke haben wir 100 Millionen Token ausgegeben. Zu einem späteren Zeitpunkt bekommen unsere „Käufer“ dafür eine kleine Belohnung. Wann es so weit sein wird, steht allerdings noch nicht fest. 

Habt Ihr noch andere Investments bekommen?

Im vergangenen Jahr haben wir von zwei Business Angels Kapital bekommen, knapp 100.000 US-Dollar. Bei einer weiteren Seedrunde im März haben wir nochmals rund eine Million Dollar von institutionellen Investoren eingesammelt, darunter war der Fund von Vitalik Buterin, der Co-Founder von Ethereum. 

Warum habt Ihr Euch nicht in Eurer Heimat Österreich niedergelassen, sondern in Singapur?

Das hat mehrere Gründe. Zum einen sind in Singapur viele andere Krypto-Startups beheimatet, das Netzwerk ist groß. So sind wir auch mit Vitalik in Kontakt gekommen, er arbeitet im gleichen Coworking-Space wie wir. Außerdem werden Startups wie wir dort gezielt gefördert, beispielsweise mit Inkubatoren und Accelerator. Wir waren ein Jahr lang im Paypal-Accelerator. In Österreich und Deutschland sieht es in diesem Bereich mau aus. 

Die Regularien in Europa bergen aber sicherlich auch Probleme, oder?

Ja. Ein Beispiel: In Österreich werde ich jedes Mal gefragt, wenn ich 2.000 Euro auf eine Krypto-Exchange überweise, die Banken sind grundlegend skeptisch. TenX macht täglich rund 100.000 Euro Umsatz durch digitale Währungen. Wenn wir unseren Sitz in Deutschland oder Österreich hätten, würde uns also täglich das Konto gesperrt, eine Katastrophe. 

Woran liegt das?

Weil es bei den zuständigen Regierungen kein Verständnis für das Thema gibt. Beispielsweise bestehen in Österreich die Expertengremien aus Menschen, die aus dem Bankensektor kommen – und niemand, der tatsächlich aus dem Business stammt. 

Was sind die nächsten Projekte für Euch? 

Ganz oben steht die Bankenlizenz. Wir wollen weg von unseren Partnern und selbstständig wie eine Bank agieren können. Dazu holen wir uns Experten aus der Finanzbranche an Bord. Langfristig ist unsere Mission, die Kryptowährung den Massen zugänglich zu machen, wie das damals beim Internet der Fall war. Dafür müssen sowohl Zugang als auch Nutzen einfach sein – und risikoarm. Die Anwendung von Kryptowährungen über eine Kreditkarte ist dabei nur ein erster Schritt.

Bild: TenX