Elon Musk stellt sich mit dem Model S quer.

Es ist der erste tödliche Unfall in einem autonom fahrenden Wagen des Autokonzerns Tesla Motors. Das Unternehmen gab bekannt, dass die US-Transportsicherheitsbehörde NHTSA einen Unfall eines Tesla Modell S von Anfang Mai untersucht. Augenscheinlich wurde der Wagen zum Zeitpunkt des Unfalls durch den Tesla-Autopiloten gesteuert.

Das Elektroauto war an einer Highway-Kreuzung in Williston (Florida) mit hohem Tempo in die Seite eines Sattelschleppers gefahren, dabei wurde das Dach des Wagens in Kopfhöhe des Fahrers von der Unterkante des Sattelschlepperanhängers getroffen und abgerissen. Der Fahrer, ein 45-jähriger Familienvater aus dem US-Bundesstaat Ohio, war laut Polizeibericht noch an der Unfallstelle gestorben.

Folge Gründerszene Mobility auf Facebook!

Laut der Analyse von Teslas Ingenieuren, die der Hersteller unter der Überschrift „Ein tragischer Verlust“ im Firmen-Blog veröffentlichte, hatten die Videosensoren des Autopiloten die in weiß lackierte Seite des abbiegenden Lkw-Anhängers gegen den ebenfalls weißen Hintergrund des Himmels nicht erkannt. Warum das Radar des Fahrzeugs den Lkw ebenfalls nicht erkannte, ist noch ungeklärt – die NHTSA will nun genau untersuchen, wie es zu dem Unfall kommen konnte und wie der Autopilot in der fraglichen Situation funktioniert. Neben Radar und Videokameras setzt Tesla auf GPS-Daten und Ultraschallsensoren für die Vermessung der autonomen Fahrt.

Auch der Mensch am Steuer hätte den Lkw am helllichten Tag übersehen können – fraglich ist, ob ein menschlicher Fahrer ohne jedes Ausweich- oder Bremsmanöver bis zum Aufprall weitergefahren wäre. „Die Bremse wurde nicht eingesetzt“, schreibt Tesla – die trockene Beschreibung für einen Unfall, bei dem der Tesla Modell S mit so hoher Geschwindigkeit unter den Lkw-Anhänger fuhr, dass der Wagen unter dem Anhänger durchrutschte, danach noch mehrere Hundert Meter ohne Dach weiterrollte, zwei Zäune durchbrach und erst an einem Strommast zum Stehen kam.

Tesla verweist in seiner Erklärung zu dem Crash darauf, dass der Autopilot ausdrücklich weiterhin ein Produkt in der Beta-Phase ist – nicht völlig ausgereift und zumindest laut den Nutzungsbedingungen von Tesla stets auf die Kontrolle des Menschen angewiesen. Teslas Kunden müssen auch dann die Hände am Steuer lassen, wenn der Autopilot die Kontrolle übernimmt – im Zweifelsfall müssen sie in Sekundenschnelle das Steuer übernehmen, wenn der Autopilot nicht mehr weiterweiß.

Fraglich ist jedoch, ob den Tesla-Käufern der Beta-Status der Autonomfunktion auch im Alltagsbetrieb bewusst ist – oder ob der Autopilot eine falsche Sicherheit suggeriert, die zur potenziell tödlichen Unaufmerksamkeit verleitet.

Kritik von anderen Autoherstellern an Tesla

Auf der Videoplattform YouTube stellten diverse Tesla-Kunden bereits Videos davon ein, wie ein Tesla-Autopilot plötzlich die Spur verliert und der menschliche Fahrer nur durch schnelles Gegenlenken den Unfall vermeidet. Gleichzeitig jedoch posten zufriedene Kunden immer öfter Videos davon, wie der Autopilot Unfälle im letzten Moment verhinderte, wenn Menschen unachtsam fuhren.

Sogar der getötete Fahrer selbst postete ein derartiges Video: Im April lobte er das Autopilotsystem, nachdem es nach seinen Angaben einen Unfall mit einem Lastwagen auf einer Schnellstraße verhindert hatte, berichtet die Nachrichtenagentur AP. Er stellte damals ein Video von dem Vorfall online. Der Tesla S sei „das beste Auto, das ich jemals besessen habe“, schrieb er.

Tesla selbst führt an, dass die Kunden seit dem Start der Beta-Phase des Autopiloten im vergangenen Oktober über 209 Millionen Kilometer im autonomen Modus gefahren sind – menschliche Fahrer verursachen in den USA im Schnitt alle 150 Millionen Kilometer einen tödlichen Unfall. Andere Autohersteller hatten Tesla in den vergangenen Monaten direkt und indirekt kritisiert: Ingenieure des US-Herstellers Cadillac hatten öffentlich angemerkt, dass ein unfertiger Beta-Autopilot zu gefährlich für den Alltagseinsatz sei – Cadillac hatte den Start seines Supercruise-Autopiloten zu Jahresanfang verschoben. Volvo-Entwickler hatten kritisiert, dass das Tesla-System die Nutzer in falscher Sicherheit wiege.

Der tödliche Unfall lässt erneut die Frage aufkommen, wer für den Verlust von Leben oder Gesundheit der Unfallbeteiligten juristisch verantwortlich ist – Tesla verweist in seinen Anleitungen für den Autopiloten ausdrücklich darauf, dass der Fahrer weiterhin für das Fahrzeug verantwortlich ist. Doch es ist unklar, ob das US-Gerichte im Streitfall genauso sehen wie der Hersteller. Nach der Mitteilung verlor die Tesla-Aktie im nachbörslichen Handel in den USA gut zwei Prozent an Wert.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Welt Online.

Bild: Getty Images / ROBYN BECK