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e-go-life Der e.Go Life mit seinem Erfinder Günther Schuh (rechts)

Wer E-Auto sagt, muss auch Tesla sagen. Kein Mobilitäts-Unternehmen zieht derzeit so viel Aufmerksamkeit auf sich, wie die Firma von Elon Musk. Fragt man den Produktionsforscher Günther Schuh danach, hat er eine klare Meinung: Der Tesla sei Unsinn, die Ökobilanz ein Problem und ohnehin seien E-Autos nicht für lange Strecken ausgelegt.

Ganz unvoreingenommen ist die Meinung von Schuh nicht: Wenn er nicht gerade Studenten unterrichtet, dann tüftelt er auf dem Campus der RWTH Aachen an einem eigenen Elektroauto, dem e.Go Life. Das Fahrzeug spricht nicht wie Tesla Vielfahrer und Gutverdiener an: In der Basisvariante kommt das Auto gerade einmal 80 Kilometer weit und eignet sich damit für Kurzstrecken und den Stadtverkehr. Dafür soll es mit 12.500 Euro auch nur einen Bruchteil eines Tesla kosten.

Von e.Go Life sollen im nächsten Jahr 100 Prototypen gefertigt werden. 2018 soll es dann in die größere Produktion gehen, mit 10.000 Einheiten pro Jahr. Erfahrungen hat Günther Schuh mit E-Autos, der e.Go ist der Nachfolger des E-Transporters StreetScooter, ebenfalls eine Entwicklung von Schuh. Dieses erste Unternehmen gründete er gemeinsam mit Achim Kampker, Ende 2014 wurde es an die Deutsche Post verkauft.

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Im Interview erklärt der Gründer konkret, was er von Tesla hält und was er mit seinem E-Auto erreichen möchte.

Herr Schuh, Sie sind hauptberuflich Professor. Wie wurden Sie zum Gründer?

StreetScooter und e.Go sind eigentlich aus einem wissenschaftlichen Motiv entstanden. Ich wollte beweisen, dass wir als Produktionsforscher mit heutiger Technologie ein bezahlbares Elektroauto hinbekommen können.

Was ist e.Go für Sie? Spaß? Beruf?

Das ist Spaß und Faszination. Uns Menschen lockt es doch immer, etwas zu beweisen, was andere noch nicht bewiesen haben. Aber es gab natürlich Etappen bei denen ich dachte: „Was habe ich mir damit nur angetan.“ (lacht)

Wann haben Sie das zuletzt gedacht?

Wir haben zwei Kapitalerhöhungen gemacht mit externen Investoren. Am Schluss treffen dann Anwälte auf Anwälte. Und dafür bin ich dann zu wenig Jurist.

Sind Sie seit dem e.Go ein Auto-Fan?

Nein, nein. Ich war schon immer Auto-Freak. Deshalb denken auch viele, dass mir der Verbrennungsmotor am Herzen liegt.


Video: Die Funktionsweise und Geschichte des e.Go Life.

Was für ein Auto fahren Sie denn selbst?

Ich habe einen Neunelfer Porsche.

Sie wollen ab 2018 pro Jahr 10.000 E-Autos herstellen. Brauchen wir denn noch mehr Autos?

Wenn es nach mir ginge, würde man in Innenstädten viel weniger Autos brauchen. Besonders, wenn sie uns komfortabel und autonom fahren würden. Ich glaube, dass Mobilität das fünfte Grundbedürfnis der Menschheit ist. Und da noch nicht alle Bedürfnisse der Mobilität befriedigt werden, wird sie noch zunehmen. Dafür muss man Angebote machen, die möglichst umwelttauglich, praktisch und spaßig sind.

Was meinen Sie mit spaßig?

Mit dem e.Go Life kann ich jeden Porsche an der Ampel abhängen. Das macht tierisch Spaß. Und die Batterie ist mit Abstand das Schwerste am Fahrzeug. Wir haben sie tief unter der Mitte angebracht, quasi unter dem Fahrzeug. Nicht-Ingenieuren sage ich dann immer: „Mit dem Auto kann man rechtwinklig um die Kurve fahren“.

Was sind die Nachteile?

Einige Leute werden die Motorengeräusche vermissen. Und ein Nachteil ist die Reichweite. Selbst mit vollem Batterie-Pack kommt man mit unserem Auto nur maximal 160 Kilometer weit. Wenn man etwas anderes will, muss man auch ein anderes Auto nehmen.

Das reicht für Ballungszentren. Warum soll man mit dem e.Go nicht auch auf dem Land fahren können?

Es ist unsinnig, mit einem Elektroauto, das eine Batterie hat, schnell und weit zu fahren. Ich bin begeistert vom Fahrverhalten eines Tesla und von Elon Musk als Gründer und Quereinsteiger. Aber der Tesla ist Unsinn.

Warum?

Wenn ich den Tesla S mit der großen Batterie fahre, dann fahre ich mit einer Tonne Batterie durch die Gegend. Die Ökobilanz geht dabei nicht auf. Der Markt hat die Elektromobilität noch nicht verstanden. Die Kunden wollen Reichweite, also setzen jetzt alle Hersteller darauf. Aber auf der Landstraße mehrere Stunden und hunderte Kilometer mit einer Batterie als Energiequelle zu fahren, das ist nicht logisch.

Was wäre denn logisch?

Elektromobilität auf Strecke getrimmt ist dann logisch, wenn man es mit Brennstoffzellen machen kann.

Wie stellen Sie sich also ein Elektroauto in zehn Jahren vor?

Das Auto hat eine Lithium-Ionen-Batterie, einen Wasserstofftank und eine Brennstoffzellen-bezogene Wandlung von Wasserstoff in elektrische Energie.

Das heißt, Sie rechnen nicht damit, dass Batterien in zehn Jahren leistungsfähig genug sind. Mit dem Brennstoffzellen-Antrieb kann man dann also lange Strecken zurücklegen, während die Batterie im Stadtverkehr genutzt wird. Sie hat eine bessere Ökobilanz.

Ich würde mir das wünschen – aber in zehn Jahren werden wir das noch nicht nennenswert haben.

Es gibt wenige vergleichbare Modelle zum e.Go Life. Er ähnelt am ehesten dem e-up von VW. Wie sehen Sie die Konkurrenz?

Ich will mit dem e.Go natürlich einen gewissen unternehmerischen Erfolg haben. Aber würden die großen Konzerne wie VW jetzt auch ein kleineres E-Auto wie den e.Go Life herstellen, dann hätte ich auf eine Art auch meine Mission erfüllt. Wenn wir dieses Segment für den Markt erschließen, dann könnte das ein ziemlich großes sein. Und das könnten wir dann sowieso nicht bedienen, egal, wie schnell wir wachsen. Es wäre also gut, wenn sich auch die Großen für dieses Segment interessieren würden.

Mangelt es vielleicht auch an der Expertise? Ihr Team ist durchschnittlich 29 Jahre jung.

Ich habe Leute, die unglaublich talentiert und begeisterungsfähig sind. Das ist ein Jungbrunnen für jemanden in meinem Alter. (lacht) Aber klar, das Problem ist, dass ihnen die Erfahrung fehlt. Die jungen Leute glauben auch immer, dass fast alles, was wir hier machen, aus Erfindungen besteht. Was wir aber faktisch machen, ist Organisationsentwicklung. Ich habe aber ein halbes Dutzend sehr erfahrene Leute, alle aus der Autobranche, die mir als Berater oder Aufsichtsräte zur Seite stehen. Ohne das ginge es nicht.

Bild: e.Go Mobile