„Stablecoin“ wird er in der Kryptoszene genannt. „Stabil“, weil sein Wert anders als bei anderen digitalen Währungen nicht so stark schwank. Der Tether ist ein Coin, der im Verhältnis 1:1 an den Dollar gekoppelt ist. Doch mittlerweile verdichten sich die Hinweise, dass die Kryptowährung alles andere als abgesichert ist und vielleicht Milliarden Dollar in einen ziemlich frechen Bluff geflossen sind.

Genutzt wird der Tether vor allem von Kryptoinvestoren, um Steuern zu sparen. Während in den USA beim Handel zwischen Kryptocoins und dem Dollar das Finanzamt einen Anteil haben will, müssen beim Tausch von Bitcoin in Tether keine Abgaben entrichtet werden. Deswegen parken Händler Gewinne häufig in Tether, da der Kurs zum Dollar stabil ist und die Steuerfahnder außen vor bleiben. Tether im Wert von rund 2,2 Milliarden Dollar wurden bisher ausgegeben.

Schon seit Längerem gibt es aber Gerüchte, dass der Tether nicht von einer entsprechenden Menge an Dollars gedeckt sei. Würden also alle Tether-Besitzer ihre Coins in Fiat-Währungen eintauschen wollen, würde das Unternehmen in die Pleite steuern. Wiederholt hat Tether angekündigt, zu beweisen, dass man entsprechende Dollar-Bestände hätte. Bisher ist das aber nicht geschehen. Ein vorläufiger Bericht der angeheuerten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Friedman LLC bescheinigt Tether zumindest für den September 2017 ausreichend Liquidität. Kurz vor der Veröffentlichung des finalen Reports im Januar hatte Tether die Zusammenarbeit jedoch beendet. Seit September ist die Marktkapitalisierung des Tether zudem von 443 Millionen Dollar auf das Fünffache angeschwollen.

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Ein weiteres Problem ist, dass US-Banken mittlerweile alle Verbindungen zu Bitfinex und Tether gekappt haben. Kunden in den USA können Tether auf direktem Weg nicht mehr in Dollar tauschen. Noch bedrohlicher ist aber, dass mittlerweile auch die US-Aufsicht bei Tether ermittelt. Denn hinter der Kryptowährung steht die weltgrößte Coin-Börse Bitfinex, wie zuletzt durch die Paradise-Paper bekannt wurde. Beide teilen sich den gleichen Geschäftsführer. Laut Berichten von New York Times und Bloomberg habe die CFTC mittlerweile den Verdacht, dass mithilfe des Tether der Bitcoin-Kurs manipuliert worden sei. Demnach könnte das Team hinter Bitfinex und Tether im vergangenen Jahr wiederholt Bitcoin-Stützkäufe durchgeführt haben, um sinkende Kurse aufzuhalten und das Geschäft künstlich anzukurbeln. Durch die hervorgerufenen Kursanstiege wären anderen Anleger aufgesprungen – was wiederum die Einnahmen der Bitfinex-Börse habe sprudeln lassen. Bereits am 06. Dezember soll die Aufsichtsbehörde Vorladungen an Bitfinex und Tether verschickt haben. Äußern will man sich aber weder bei Tether, noch bei der CFTC.

Wie stichhaltig die Informationen der US-Behörden sind, ist nicht klar. Zwar sind 2,2 Milliarden Dollar in möglicherweise ungedeckten Tether-Token nur ein Bruchteil der gesamten Marktkapitalisierung der Kryptoszene. Trotzdem hätte ein Fall von Marktmanipulation bei der größten Kryptobörse womöglich verheerende Folgen für die Szene. Allerdings gibt es auch Gegenstimmen, die an gezielt gestreute Betrugsgerüchte glauben. Deren Ziel sei es, den Bitcoinmarkt kurz Ablaufen der aktuellen Abwärtswetten, den sogenannten Futures-Kontrakten, deutlich ins Minus zu drücken, um Kasse zu machen. Hinzu kommt, das CFTC-Ermittlungen in der traditionellen Finanzwelt nichts Ungewöhnliches sind.

Der Kryptomarkt hat auf die schlechten Nachrichten jedoch empfindlich reagiert. Der Bitcoinkurs, der sich seit Anfang des Jahres ohnehin abwärts bewegt, durchbrach nun das erste Mal deutlich und für längere Zeit die Marke von 10.000 Dollar und rangiert bei rund 8.400 Dollar.

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