Thies Sander
Thies Sander Thies Sander, Gründer und Geschäftsführer von Project A

„Ein so schneller Exit war nicht geplant.“

Es ist der erste große Exit für den Berliner Company Builder Project A: Der Onlinereifenhändler Tirendo geht an die Konkurrenz. Delticom, der Betreiber von Reifendirekt.de, übernimmt das Startup für rund 50 Millionen Euro. Zu den weiteren Investoren, die sich über den Verkauf freuen dürften, zählen unter anderem die European Media Holding. Aber auch die Hamburger Verleger-Familie Jahr, Sebastian Vettels Markenrechte-Agentur GS Sports sowie Seven Ventures. „Unsere Minderheitsanteile nach so kurzer Zeit für einen einstelligen Millionenbetrag zu veräußern, ist ein großer Erfolg sowohl für Tirendo als auch für uns“, sagt Christian Wegner, Digitalvorstand bei ProSiebenSat.1.

Kurz vor dem Bekanntwerden des Exits hatte Project A weitere Projekte im Portfolio benannt, Popdust befindet sich trotz anders lautender Meldungen weiterhin im Portfolio der Berliner.

Thies Sander, Gründer und Geschäftsführer von Project A, über den Tirendo-Deal und die weiteren Pläne des Berliner VCs.

Herzlichen Glückwunsch! Tirendo ist Euer erster signifikanter Exit als Project A.

Danke. Ja, wir freuen uns sehr drüber und sind auch stolz drauf, weil es eines der Themen ist, die wir von Anfang an intensiv begleitet haben. Wir haben Tirendo nicht nur in einer sehr frühen Phase mitfinanziert, sondern haben gerade in der ersten Phase auch operativ intensiv mit vielen unserer Experten an diversen erfolgskritischen Themen mitgearbeitet. Nicht zuletzt freuen wir uns natürlich für Erik Heinelt und Felix Vögtle, die Tirendo als Mitgründer und Geschäftsführer gemeinsam mit Martin Kern zum Erfolg geführt haben.

Mit wie vielen Leuten von Euch habt Ihr das Projekt begleitet?

Zu Peak-Zeiten waren da sicherlich gut 50 Leute von uns Vollzeit beteiligt.

Ein Leuchtturmprojekt für Euch?

Das war es von Anfang an. Wir haben schnell TV-Werbung gemacht, hatten Sebastian Vettel als Werbepartner und haben viele Ressourcen reingesteckt. Es war ja auch eines unserer ersten Themen bei Project A.

Was sind Eure wichtigsten Learnings aus dem ersten großen Projekt?

Wir sehen grundsätzlich eine Bestätigung unseres Company-Building-Ansatzes. Wir glauben an die Kombination, einerseits zu investieren, andererseits aber auch operativ mit unseren Experten involviert zu sein, und so ein starkes Gründerteam kompetent zu unterstützen. Das haben wir beides bei Tirendo zum ersten Mal zu voller Blüte gebracht. Und es hat sich am Ende ausgezahlt.

Ihr seid ja in einem Markt gestartet, der schon besetzt war. Unter anderem von Eurem Wettbewerber, der Tirendo jetzt gekauft hat. Was hat Euch so interessant gemacht für Delticom?

Die haben das Feld schon seit Jahren beackert, ja. Aber wir haben gesehen: Wenn wir operativ überzeugen und unsere Fähigkeiten in Kundenakuiqisition, Produktentwicklung, Business Intelligence und Organisationsaufbau einbringen, können wir unser Potenzial auch gegen einen starken Wettbewerber entfalten. Die Kombination aus diesen Fähigkeiten mit der Einkaufs-Infrastruktur, dem Industrienetzwerk, dem gigantischen Produktverständnis und der Finanzkraft von Delticom haben diese Partnerschaft so interessant gemacht.

Worin seid Ihr denn besser?

Vor allem drei Dinge haben wir gut gemacht. Zum einen: Wir können mit unternehmerischem Speed eine Organisation aufbauen, die sich sehr schnell erfolgreich am Markt etabliert. Das zweite sind sicherlich unsere Performance-Marketing-Skills, die wir im klassischen Onlinebereich eingebracht haben. Aber auch im TV-Bereich haben wir uns darauf konzentriert, wie man die Werbung sinnvoll einsetzen und Performance-optimiert steuern kann. Und der dritte Baustein ist sicherlich die technische Infrastruktur: unser ausgereiftes, skalierbares Shopsystem, das einen großen Wettbewerbsvorteil bringt.

Manche sprechen derzeit vom Ende des klassischen Company Builders, wie seht Ihr das?

Wir glauben ganz stark an den Wert eines operativen VC-Ansatzes. Wir orientieren uns ja nicht nur an bestehenden Projekten, wir investieren auch in neue Ideen, die zum Teil von uns identifiziert oder von Unternehmern an uns herangetragen werden. Diese Modelle unterstützen wir dann sowohl mit Geld als auch insbesondere mit unserer operativen Exzellenz und können so die Erfolgswahrscheinlichkeit signifikant gegenüber einem reinen Finanzinvestment erhöhen. Dieses Modell funktioniert aber natürlich nur, wenn diese operative Exzellenz auch von einem sehr guten Team getragen und in die Projekte hineingetragen werden kann.

Hattet Ihr einen so schnellen Exit geplant, Ihr habt ja nur rund eineinhalb, knapp zwei Jahre gearbeitet an dem Projekt.

Ein so schneller Exit war nicht der Plan. Wir wollten immer eine vernünftige Firma aufbauen, die langfristig funktioniert und haben in diesem Modell eine große Chance gesehen. Mit dem Thema Exit haben wir uns erst auseinandergesetzt, als die Partnerschaft mit Delticom konkret wurde – und haben das dann für uns erörtert. Wenn es sich das nicht ergeben hätte, hätten wir auch weitergemacht.

Delticom ist auf Euch zugekommen?

Unter Wettbewerbern spricht man ja auch – und irgendwann kam eines zum anderen, und es gab im Tirendo-Gesellschafterkreis von Beginn an Interesse an einer konkreten Prüfung, da die Vorteile wie eben erläutert überzeugend sind.

60 Millionen Euro sollt Ihr am Anfang zur Verfügung gehabt haben, um Tirendo aufzubauen, schrieb im vergangenen Oktober die Fachzeitung Reifenwelt. Stimmt das?

Sechs Null Millionen? So viel sollen wir da rein gesteckt haben?

Ja.

Das stimmt nicht mal annähernd. Das ist völlig absurd. Jeder einzelne Investor hat nach dem Exit einen deutlich positiven Return erzielt auf sein Investment.

Wirklich? In den Kommentaren zu Eurer Exit-Meldung heißt es immer wieder, Investoren hätten drauf gezahlt. Manche sprechen gar von einer Downround.

Nein, das stimmt ganz klar nicht. Alle haben Gewinn gemacht und ich bin davon überzeugt, dass sowohl Verkäufer als auch Erwerber allesamt hoch zufrieden sind.

Ihr hattet kurz vor dem Exit viel Bewegung in der Gesellschafterstruktur. Die European Media Holding  von Maximilian Kuss, Cedric Duvinage und Sebastian Kuss hat Anteile abgegeben. Ihr mit Project A, die Jahr-Familie und Sebastian Vettels Agentur haben Anteile übernommen. Warum?

Da wurden gewisse Themen bereinigt, zu denen es entsprechende Absprachen gab. Die schlagen sich dann zur Vorbereitung des Deals im Handelsregister nieder.

Die EMH hat ihre direkte Beteiligung von über 30 Prozent auf etwas über 18 Prozent runtergeschraubt. Reine Bereinigungsaktionen? Oder liegt es daran, dass einer unbedingt verkaufen wollte – und Anteile an andere Gesellschafter geben musste, damit diese mitziehen?

Nein, das ist definitiv nicht der Grund dafür.

Durch die Szene wabern Gerüchte, vor allem die EMH habe verkaufen wollen.

Es ist definitiv nicht korrekt, dass ein Gesellschafter aufgrund seiner invividuellen Interessenslage andere getrieben hat, sondern der Verkauf wurde von allen mitgetragen.  Wir haben diesen Deal aus Überzeugung umgesetzt, hatten dafür aber keinerlei Druck.

Wie lange habt Ihr an dem Exit gearbeitet?

Dafür, dass eine börsennotierte Firma gekauft hat, war der Prozess relativ zügig.

Wie geht es bei Euch weiter, bei Project A? Was sind Eure nächsten großen Projekte?

Wir haben schon ein relativ großes Portfolio, haben gerade erst neue Beteiligungen bekannt geben. Aber wir werden auch weiter neue Themen aufsetzen.

Anders also als Team Europe zum Beispiel? Der Company Builder hat gerade angekündigt, nur noch ein bis zwei neue Firmen pro Jahr starten zu wollen.

Wir machen mit Begeisterung und Motivation weiter. Auch durch die erfolgreiche Entwicklung von Tirendo in unserem Ansatz bestätigt.

Bild: Project A