Alex­an­dra Sprin­ger (links) und Ninon Götz von Très Click

Ein Beitrag von Roland Eisenbrand, Head of Content bei OnlineMarketingRockstars.de.

500.000 Visits und 380.000 Uni­que User im Monat – diese durch­aus beacht­li­che Reich­weite haben Ninon Götz (37) und Alex­an­dra Sprin­ger (30) mit ihrem Online-Magazin Très Click in weni­ger als einem Jahr auf­ge­baut. Schon jetzt befin­den sie sich damit in Schlagdis­tanz zu alt­ein­ge­ses­se­nen Frau­en­me­dien. „Unser Ziel ist es, die Start­seite für die Female Mil­le­ni­als zu wer­den“, sagt Götz im Gespräch mit Online Mar­ke­ting Rock­stars. Wir haben mit ihr dar­über gespro­chen, wie die Très-Click-Macherinnen die bis­he­rige Reich­weite auf­ge­baut haben und wie sie diese wei­ter ska­lie­ren und mone­ta­ri­sie­ren wol­len.

Als sich Ninon Götz und Alex­an­dra Sprin­ger als Mit­ar­bei­te­rin­nen bei der Zeit­schrift Gra­zia ken­nen­ler­nen, ist die deut­sche Ver­lags­land­schaft arm an span­nen­den Pro­jek­ten im Frau­en­be­reich. Auf der Suche nach The­men und Arti­keln wer­den die bei­den Grazia-Redakteurinnen immer nur auf neuen US-Seiten fün­dig. „Auf deut­schen Sei­ten war da nie etwas Inter­es­san­tes oder Span­nen­des zu fin­den. Alles was uns irgend­wie gekickt hat, kam aus den USA.“ Beson­ders Refinery29 begeis­tert sie, aber auch andere junge US-Publishing-Projekte wie Eli­te­daily. „Alles, was laut schnell und pro­gres­siv ist und sich selbst nicht so ernst nimmt. Wir haben immer dar­auf gewar­tet, dass einer der gro­ßen Ver­lage mal etwas ähn­li­ches in Deutsch­land macht, aber da ist nie etwas pas­siert. Dann haben wir beschlos­sen: Wir machen das ein­fach selbst.“

Die Ein­stiegs­hürde ins Online-Publishing ist zum Glück ver­gleichs­weise nied­rig; das Geld, das beide bei ihren vor­he­ri­gen beruf­li­chen Sta­tio­nen gespart haben, reicht für den Start. Sie grün­den eine gemein­same GmbH. Eine Agen­tur, die Götz noch von ande­ren gemein­sa­men Pro­jek­ten kennt, baut eine Web­site und vom Küchen­tisch aus fan­gen die bei­den jun­gen Frauen an, zu publi­zie­ren. An The­men und Ideen man­gelt es nicht: „Wir haben uns jeden Tag getrof­fen und ein­fach Con­tent, Con­tent, Con­tent produziert.“

„Würde ich es kli­cken, pos­ten, sharen?“

Die bei­den Grün­de­rin­nen schrei­ben, fast immer mit einem klei­nen Augen­zwin­kern, über Mode, Kos­me­tik und Pro­mi­klatsch und ver­öf­fent­li­chen zwi­schen sechs und acht Arti­kel pro Tag. Ihr Ton ent­spricht dem der jun­gen US-Seiten; die Head­lines sind nach Art von heftig.co auf den Klick opti­miert. „Unser Vor­teil ist: Wir sind unsere eigene Ziel­gruppe. Wenn uns etwas gefällt, ist die Wahr­schein­lich­keit groß, dass es auch andern gefällt.“ Als Lack­mus­test die­nen ihnen dabei stets die Fra­gen: „Würd’ ich’s kli­cken, würd’ ich’s pos­ten, würd’ ich’s sha­ren? – Wenn wir nicht alle drei mit ja beant­wor­ten kön­nen, machen wir ein Thema nicht.“

Am Anfang ist es eine Her­aus­for­de­rung, bei der poten­zi­el­len Leser­schaft bekannt zu wer­den. „Eine Seite zu laun­chen ist ja wie einen Kiosk im Wald auf­zu­ma­chen; da kennt einen ja nie­mand.“ Die bei­den Mache­rin­nen über­le­gen sich also einige Win­kel­züge, um die­sen Zustand zu ändern. Götz’ Ver­gan­gen­heit in der Wer­bung – sie hat unter ande­rem für die fast schon legen­däre Ham­bur­ger Agen­tur Sprin­ger & Jacoby gear­bei­tet – dürfte in die­ser Situa­tion gehol­fen haben. „Wenn wir in etwas gut sind, dann darin, Wir­bel zu machen“, so die Très-Click-Macherin.

Influ­en­cer Traf­fic für 200 Euro

Mit meh­re­ren Aktio­nen gelingt es ihnen so, bereits beste­hende Reich­wei­ten ande­rer zu kapern. Für ihre Launch-Party bei­spiels­weise las­sen sie für ins­ge­samt 200 Euro eine Très-Click-Logo-Wand und lebens­große Papp­fi­gu­ren von Karl Lager­feld und Vogue-Chefin Anna Win­tour erstel­len und besor­gen einen roten Tep­pich. Die für die Party gela­de­nen Mode­blog­ger und andere bekannte Figu­ren aus der Fashion-Szene pos­ten die Bil­der über ihre Social-Media-Profile – und prompt erhält Très Click erste Auf­merk­sam­keit in genau der rich­ti­gen Zielgruppe.

Damit nicht genug: Die bei­den Très-Click-Macherinnen schaf­fen es auch, Kon­kur­ren­ten aus tra­di­tio­nel­len Ver­la­gen vor ihren Kar­ren zu span­nen. „Wir wuss­ten genau, nie­mand schreibt über ein neues Online-Magazin – des­we­gen haben wir eine Kol­lek­tion designt.“ Die T-Shirts und Pull­over tra­gen Auf­schrif­ten wie „Jil Zan­der“ und „Cat Moss“, hän­gen sich damit an den aktu­el­len Trend von Desi­gner­par­odien an und wer­den außer über das Inter­net auch über die nam­haf­ten Bou­ti­quen Anita Hass und Jades ver­kauft. „Das war eine ganz bewusste Maß­nahme für uns, um in die Medien zu kom­men.“ Mit Erfolg: So berich­ten unter ande­rem Inter­view und Couch über die Kol­lek­tion. Fashion Pro­mis wie Julia Stegner fea­tu­ren die Ober­teile auf Instagram-Fotos.

The hottest model on the planet @juliastegner1 in unserem Pulli #omg #hotmama #modelicious #regram

Ein von FASHION JUST GOT FUN (@tresclickmag) gepostetes Foto am

 

Mit Bill Kau­litz im Auf­zug ste­cken geblieben

Der dritte Coup ist ein Video-Interview mit Tokio-Hotel-Sänger Bill Kau­litz. Die Band hat zu die­sem Zeit­punkt gerade ein neues Album ver­öf­fent­licht. Über die Freun­din einer Freun­din bekommt Götz Kon­takt zum Manage­ment und bekommt wegen ihrer Idee für ein anders­ar­ti­ges Interview-Format einen Ter­min mit dem Sän­ger: Unter dem Titel „Im Auf­zug ste­cken geblie­ben mit“ inter­viewt die Jour­na­lis­tin den Sän­ger in weni­ger als vier Minu­ten im Auf­zug des Ber­li­ner Ritz Carl­ton. Der Auf­wand von einer hal­ben Stunde lohnt sich, denn: „Pro­mis lau­fen immer“, so Götz. Auch das Video bringt gut Traf­fic; „Tokio Hotel haben ja unfass­bar viele Fans“. Dar­über hin­aus grei­fen andere Medien das Inter­view auf. Inner­halb weni­ger Stun­den wird das Video so 13.000 Mal abge­ru­fen; heute steht der Zäh­ler bei Youtube auf mehr als 70.000 Views.

Auf diese Weise baut Très Click eine Grund­reich­weite an Lese­rin­nen auf, die die bei­den Mache­rin­nen mit unter­halt­sa­men, cle­ver ange­teas­tem Con­tent bei der Stange hal­ten wol­len. „Das hören Zah­len­men­schen nicht so gerne, weil es nicht ska­lier­bar ist, aber für unser Wachs­tum war und ist die Qua­li­tät des Con­t­ents das Aller­wich­tigste“, sagt Götz.

Nicht zu unter­schät­zen ist aller­dings auch, wie sehr Face­book den bei­den bei der Ska­lie­rung hilft. „Uns war von Anfang an klar, dass Face­book der ein­zige Weg ist, um über­haupt Reich­weite auf­zu­bauen.“ Nicht nur, dass die bei­den Inhalte pro­du­zie­ren, die auf die virale Ver­brei­tung ange­legt sind. „Wir haben von Anfang an ver­sucht, nicht immer nur den Klick ein­zu­for­dern, son­dern den User auch direkt im Feed zu unter­hal­ten. Wir machen Videos, pos­ten Visual State­ments – also Sachen, wo kein Link dahin­ter war.“ Die Leser dan­ken es ihnen mit teil­weise enor­men Sharing-Zahlen.

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User für 1 Dollar-Cent bei Face­book kaufen

Dar­über hin­aus kau­fen sie mit­tels Anzei­gen zu sehr nied­ri­gen Prei­sen Traf­fic bei Face­book ein. „Weil unsere Ziel­gruppe quasi mit der von Face­book deckungs­gleich ist, kön­nen wir mit unse­ren Ads mit unfass­bar wenig Geld unfass­bar viele Leute errei­chen“, so Götz. „Wir zah­len zwi­schen einem und zwei Dollar-Cent pro Klick.“ Pro Tag inves­tie­ren sie ein Bud­get im drei­stel­li­gen Euro-Bereich. Zuerst schal­ten sie Page Like Ads um die Zahl ihrer Fans zu stei­gern, mitt­ler­weile bewer­ben sie auch ein­zelne Bei­träge. Heute hat Très Click mehr als 78.000 Face­book Fans. Ihr alter Arbeit­ge­ber Gra­zia liegt bei 20.000, Gala.de bei 95.000.

80 Pro­zent des Très-Click-Traffics kommt so über Face­book. Andere Traffic-Quellen wie Such­ma­schi­nen sind für das Por­tal quasi irre­le­vant. „Wir sind zwar bei Google News ange­mel­det, aber die für uns rele­van­ten Key­words sind von Zalando & Co so durch opti­miert, dass SEO der­zeit keine große Prio­ri­tät für uns hat“, sagt Götz.

Um zukünf­tig nicht zur Gänze von Face­book abhän­gig zu sein, expe­ri­men­tie­ren die bei­den Publis­he­rin­nen der­zeit aber mit ande­ren Kanä­len. So haben sie ihren News­let­ter reani­miert und sam­meln über ein Exit Intent Pop-Up Adres­sen ein. „Wir arbei­ten auch an einem Tool, um eine eigene Com­mu­nity auf­zu­bauen, aber das wird noch ein wenig dauern.“

„Native Adver­ti­sing“ sorgt für Umsatz

Ihre bis­her schon auf­ge­baute Reich­weite mone­ta­ri­sie­ren die bei­den Geschäfts­frauen alleine über Spon­so­red Posts; auf Display-Werbung ver­zich­ten sie bewusst. „Spon­so­red Posts haben teil­weise mehr Traf­fic gene­riert als unsere redak­tio­nel­len Bei­träge“, sagt Götz. Die Werbe-Posts schrei­ben beide selbst; eben­falls nach dem Prin­zip „Würde ichs kli­cken, würd ichs sha­ren, würde ichs pos­ten“. Eine Tren­nung zwi­schen Redak­tion und Anzei­gen­ab­tei­lung hält Götz für „tota­len Quatsch. Ich will ja nicht, dass der User unter­schei­det zwi­schen Wer­bung und Con­tent.“ Zwar sind die Werbe-Beiträge auf Très Click als „Spon­so­red“ gekenn­zeich­net – nicht aller­dings bei Face­book.

Die Kun­den zah­len pro Post einen fes­ten Betrag im vier­stel­li­gen Bereich. „Eine Ver­mark­tung auf TKP-Basis wäre für uns zu kurz gesprun­gen, weil dann unsere krea­tive Leis­tung gar nicht berück­sich­tigt wäre.“ Beson­ders erfolg­reich sei bei­spiels­weise der Arti­kel „Du errätst nie, wo wir diese coole Bag geshoppt haben“ für Tchibo, gewe­sen. Zu den wei­te­ren Kun­den gehö­ren der Kos­me­tik­her­stel­ler May­bel­line, die Schuh­marke Imaari und der Erotik-Shop Eis.de.

Affi­liate Mar­ke­ting dient als „zwei­tes Stand­bein­chen“, wie Götz sagt. Die von Très Click emp­foh­le­nen Pro­dukte sind auch in einem Affiliate-Shop auf der Web­site gebün­delt. Der Umsatz­an­teil liegt der­zeit aber bei ledig­lich 10 Pro­zent.

Mit der Ver­mark­tung ver­dient Très Click nach eige­nen Aus­sa­gen gutes Geld, pro­fi­ta­bel ist das Unter­neh­men aber noch nicht. „Wir inves­tie­ren alles wie­der in Wachs­tum“, sagt Götz. So beschäf­ti­gen sie der­zeit eine wei­tere Redak­teu­rin und eine Prak­ti­kan­tin und arbei­ten mit ihrer Agen­tur per­ma­nent an der tech­ni­schen Opti­mie­rung ihrer Platt­form.

Der­zeit hal­ten Götz und Sprin­ger jeweils 50 Pro­zent am Unter­neh­men hin­ter Très Click. Die bei­den Grün­de­rin­nen ver­han­deln zur­zeit mit poten­zi­el­len Inves­to­ren, dar­un­ter zwei Ver­lage und ein wei­te­res Unter­neh­men. „Wir wol­len aber auch in Zukunft redak­tio­nell unab­hän­gig blei­ben – das ist nicht ver­han­del­bar.“ Immer­hin müs­sen die bei­den schon heute nicht mehr vom Küchen­tisch aus publi­zie­ren – mitt­ler­weile hat Très Click eigene Büro­räume in Ham­burg St. Georg bezogen.

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Dieser Beitrag erschien zuerst auf OMR.com.

Bild: Très Click