Twitter

Für viele Nutzer ist der Dienst zu kompliziert

Der Kurznachrichtendienst Twitter hat ein Problem, und das lässt sich anhand einer Zahl erfassen: 500 Millionen. So viele Tweets pro Tag versendeten die Nutzer global im Oktober 2013 – ein Jahr später jedoch werden immer noch nur 500 Millionen Tweets pro Tag verschickt. Twitters Wachstum ist – zumindest gemessen an den Aktivitäten seiner Nutzer – zum Stillstand gekommen.

Dabei wächst die Zahl der Nutzer zwar weiter, doch ebenfalls langsamer als in den Jahren zuvor: 284 Millionen aktive Nutzer meldete Twitter-Chef Dick Costolo für 2014, 13 Millionen mehr als im Jahr 2013.

Der Haken: Viele neue Nutzer besuchen die Seite einige Male – und kommen dann nicht wieder, da der Dienst ihnen keine nützlichen Ergebnisse liefert. Denn Twitter kann zwar enorm nützliche maßgeschneiderte Informationen und Statusmeldungen anzeigen – aber nur dann, wenn neue Nutzer sich ihren Nachrichtenstrom maßschneidern und individuell auswählen, wem sie auf Twitter folgen wollen, wessen Kurznachrichten sie sehen wollen.

Dieser Aufwand schreckt offenbar viele ab. Zu viele Nutzer flüchten wieder von Twitter

Die Suche und Auswahl nach relevanten Accounts aber ist mühsam, dauert lange, und bringt nicht immer die gewünschten Ergebnisse. Viele Nutzer wissen nicht, wer für ihre Interessen passende Inhalte tweetet, die bunte Welt des Netzwerks mit seinen Millionen Nutzern, seinen vielen PR- oder Fake-Accounts kann für Neueinsteiger verwirrend sein.

Deswegen flüchten viele neue Nutzer nach ein paar Tagen oder Wochen wieder von der Seite, oder loggen sich nach dem ersten Mal gar nicht erst wieder ein – verschenktes Potential in den Augen von Costolo, der deswegen auf einer Analystenkonferenz in New York eine neue Strategie für Twitter verkündete:

Der Dienst will seine Nutzer zu mehr Interaktionen anregen, und neuen Nutzern die Suche nach sinnvollen Inhalten erleichtern. Dazu startet Twitter eine neue Funktion namens „Instant timeline“. Mit ihrer Hilfe können neue Nutzer einfach ihre Interessen angeben, anstatt mühsam die für sie relevanten Twitter-Accounts herauszusuchen.

Twitter selbst übernimmt diese Aufgabe, kategorisiert künftig Nutzer-Accounts und Kurznachrichtenströme nach Interessen und Stichworten. Nutzer, die nicht alle fünf Minuten ihren Twitter-Feed auf Neuigkeiten abklopfen, sollen künftig einfacher einen Überblick über das Geschehen bei Twitter erhalten.

Mit der Funktion „Während du weg warst“ will Twitter automatisch die wichtigsten Kurznachrichten der letzten Stunden heraussuchen – damit bricht der Konzern mit der rein chronologischen und ungefilterten Ansicht der Timeline.

Zudem will Twitter-Chef Costolo mit zwei neuen Funktionen seine Nutzer dazu anregen, mehr Inhalte auf Twitter zu veröffentlichen und dort miteinander zu interagieren. Erstens können Nutzer künftig auch längere Videos direkt auf die Plattform hochladen. Zweitens können sie sich künftig Hinweise auf öffentliche Tweets per privater Direktnachricht schicken, und dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit – das war bislang so nicht möglich – über diese Tweets diskutieren.

All diese Maßnahmen sollen Twitter für neue Nutzer aus den Reihen der Normalnutzer attraktiver machen, und die festgefahrene 500-Millionen-Tweets-Pro-Tag-Zahl wieder in Bewegung bringen. Die Börse dankte Costolo seine Initiative: Die Twitter-Aktie stieg um mehr als acht Prozent.

Dieser Artikel erschien zuerst bei der Welt.

Bild: Namensnennung Bestimmte Rechte vorbehalten von Rosaura Ochoa