Nein, dieses Handy halte ich nur rein zufällig ins Bild…

Vom Instagrammer, der mit einem Föhn am helllichten Tag draußen vor der Kirche steht, bis zur Influencerin, die im Bikini für eine Ausbildung im Finanzbereich wirbt: Über absurde Werbe-Postings wie diese amüsieren sich auf der Facebook-Seite „Perlen des Influencer Marketings“ fast 35.000 Follower. Wir zeigen Euch die schönsten Beitrage – und haben den Betreiber gefragt, was er Werbetreibenden raten würde, die ins Influencer Marketing einsteigen, aber nicht auf seiner Seite landen wollen.

Angefangen hat alles mit einem Video. Anfang 2017 arbeitete der Betreiber der Facebook-Seite „Perlen des Influencer Marketings“ noch bei einer Werbeagentur. „Wir haben auch viel mit Influencern gemacht und deswegen häufig passende Influencer für unsere Kunden recherchiert“, so der 31-Jährige gegenüber OMR am Telefon. Seine Identität will er nicht preisgeben. Er arbeite heute zwar nicht mehr bei einer Agentur, sondern für ein Unternehmen, aber: „Das Ganze soll nicht auf meine tägliche Arbeit abstrahlen.“

Bei seiner alten Tätigkeit sei seine Kollegin irgendwann auf ein Video gestoßen, in dem zwei Instagrammer Sportübungen mit einer Zahnbürste machen, inklusive Produktverpackung im Bild – ein offensichtlicher Werbe-Post, für den der Hersteller gezahlt hat. „Meine Kollegin sagte: ‚Das ist ja eine wahre Perle des Influencer Marketings’“, erzählt der Betreiber rückblickend. „Ich antwortete ihr: ‚Da hast Du ja ohne es zu wissen eine Facebook-Seite erfunden.‘ Noch am selben Tag habe ich die Seite eingerichtet.“

8.000 neue Fans in einer Woche

Am Anfang sei dort nicht viel passiert; der Seite seien hauptsächlich Kollegen aus der Agentur gefolgt. „Irgendwann hatte die Seite nach einem Wochenende plötzlich über 1.000 Fans. Ich weiß bis heute nicht, woher die kamen.“ Seitdem sei die Reichweite sukzessive und rein organisch weitergewachsen. „Es gab Wochen, da hatte ich zwischen 7.000 und 8.000 neue Fans.“ Heute verzeichnen die Posts in der Regel Likes im hohen drei- bis niedrig vierstelligen und Kommentare im dreistelligen Bereich. „Viele Leute scrollen offenbar ganz runter, wenn sie zum ersten Mal auf die Seite kommen. Das merke ich daran, dass auch die alten Posts immer noch Reaktionen bekommen.“

Wenn ihn Influencer ansprechen und darum bitten, ihre bei ihm veröffentlichen Posts zu löschen, komme er dieser Bitte nach – „obwohl ich rechtlich da auf der sicheren Seite bin“. Er wolle mit der Seite niemandem schaden. „Ich will einfach die Absurdität zeigen, die das Ganze mittlerweile angenommen hat.“

„Die Kritikfähigkeit ist vollkommen abhanden gekommen“

Dabei habe er eigentlich gar nichts gegen Influencer Marketing an sich. „Eigentlich finde ich das eine gute Sache: Ein Experte stellt ein Produkt vor und zeigt die Vor-, aber eben auch die Nachteile. Leider findet nur dieser zweite Teil heute überhaupt nicht mehr statt. Influencer-Posts sind zu einer Art Werbeplakat mit Testimonial verkommen.“ Damit gehe auch die Glaubwürdigkeit verloren: „Manche Influencer werben zunächst für das Produkt des einen Herstellers und dann innerhalb von drei Wochen für jene aller Konkurrenten.“

Den Begriff Influencer Marketing findet er deswegen auch nicht mehr passend: „Ich sehe nicht mehr, dass Influencer meinungsbildend sind. Das ist eher Multiplikator-Marketing, bei dem es rein um die Reichweite geht.“

„Kaum jemand prüft, ob der Influencer wirklich passt“

Unternehmen, die Influencer Marketing anwenden wollen, rät er, genau zu analysieren, ob der jeweilige Influencer wirklich zu ihnen passt. Dazu gehöre auch zu prüfen, ob dieser bereits für Mitbewerber geworben und was er über diese geschrieben hat. „Das klingt simpel, aber viele machen das tatsächlich gar nicht.“ Zudem empfiehlt er den Werbetreibenden nicht einfach eine „Werbeleistung“ zu buchen, sondern es zuzulassen, dass der Influencer sich wirklich mit dem Produkt auseinandersetzt und dieses auch bewertet.

Mittlerweile werde ihm nahezu jedes gepostete Beispiel von Followern der Seite zugeschickt. „Das freut mich natürlich enorm.“ Mit dem Betreiben der Seite verfolge er keine konkreten Interessen: „‚Liebevolles Hobby‘ ist glaube ich ein ganz guter Ausdruck dafür.“

 

Dieser Artikel erschien zuerst auf OMR.com. 

Bild: Getty Images / Emilija Manevska