Im Jahr 2013 analysierte Aileen Lee, Gründerin des Wagniskapitalgebers Cowboy Ventures, mit ihrem Team 39 US-amerikanische Startups mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde US-Dollar. Ihren Artikel für TechCrunch überschrieb sie mit den Worten: Welcome to the Unicorn Club. Damit war ein neuer Begriff für diese so erfolgreichen Startups etabliert: Einhörner – weil sie ebenso selten sein sollen wie die Fabelwesen. Doch allein im Jahr 2017 sind 57 solcher Unternehmen gegründet worden. Die HTW Berlin, die Beratungsagentur Argo Brainworks und der Bundesverband Deutsche Startups haben nun eine Studie vorgelegt, die untersucht, was die Gründer von Unicorns ausmacht. 

Für die Untersuchung wurden die Biografien der Gründer der Top-100-Unicorns weltweit analysiert. Die Auswertung von 180 Lebensläufen ergab, dass der Studienabbrecher, der sein Unternehmen allein in der Garage aufbaut, die Ausnahme ist. Mehr als 95 Prozent der Unicorn-Gründer verfügen der Studie zufolge über mindestens einen Hochschulabschluss. Fast ein Drittel hat demnach einen Masterabschluss, 13 Prozent besitzen sogar einen Doktortitel. Die meisten Unicorn-Gründer bringt den Zahlen zufolge die Universität Harvard hervor – 21 der Top-100 Gründer haben hier studiert. Es folgen Stanford und das MIT.

Erst Angestellter, dann Selfmade-Millionär

Mit Blick auf die Studienfächer der Unicorn-Gründer wird deutlich, dass Computer Science wichtig ist. Für mehr als 20 Prozent der Gründer ist das der zentrale Bildungshintergrund, insgesamt haben rund 57 Prozent eine ingenieurswissenschaftliche Ausbildung. Knapp ein Drittel waren der Erhebung zufolge in Wirtschaftswissenschaften eingeschrieben. Sozial-, Politik und Rechtswissenschaften spielen unter den Unicorn-Gründern im Studium hingegen kaum eine Rolle.

Deutlich wichtiger als die Bildung scheint aber die Erfahrung zu sein, bevor man gründet. 80 Prozent der Unicorn-Gründer waren nach dem Studium zunächst Angestellte in Unternehmen, ihre erste Gründung kam erst danach. Durchschnittlich arbeitet ein Unicorn-Gründer demnach 4,6 Jahre als Angestellter, bevor er sich selbstständig macht.

Zudem zeigt die Untersuchung, dass nicht unbedingt die erste Gründung gleich zum Erfolg führt. Mehr als die Hälfte der Gründer haben vor ihrem Unicorn bereits ein anderes Startup gegründet – allerdings nur 38 Prozent in der Branche, in der dann auch ihr Unicorn startete. „Für das erfolgreiche Einwerben von Kapital spielt besonders der Faktor Erfahrung eine größere Rolle als der Grad der akademischen Bildung“, heißt es in der Studie. „Am meisten Kapital konnten jene Gründer einsammeln, die zuvor in vier Gründungen involviert waren.” Seriengründer würden im Schnitt die höchsten Bewertungen einfahren.

„Kultur der zweiten Chance“

Für Florian Noel, Vorsitzender des Bundesverbands Deutsche Startups zeigen die Ergebnisse, „dass Scheitern zu einem Unternehmerleben dazugehört“. „Dementsprechend müssen wir in Deutschland endlich eine Kultur der zweiten Chance etablieren, die sich auch im Insolvenzrecht niederschlägt“, fordert Noell. Aus Sicht von Professor Julian Kawohl gehören eine „substanzielle Ausbildung und vor allem Erfahrung zu den Grundvoraussetzungen eines Unicorn-Gründers“. Co-Autor Sascha Grumbach fügt hinzu, „vor allem die Fähigkeit aus den schweren Zeiten zu lernen und daraus gestärkt hervorzugehen“ sei wichtig. 

Zuletzt sorgte das Berliner Startup Auto1 für Aufsehen, das sich seit dem Softbank-Investment von 460 Millionen Euro auch zu den Unicorns zählen darf. Der Großteil der Unicorn-Gründer weltweit kommt allerdings nach wie vor aus den USA. Mit einem Anteil von 42 Prozent liegen sie deutlich vor China (16 Prozent) und Indien (8). Deutschland liegt gleichauf mit Großbritannien auf Rang vier (je 6). Als Marktlücke der Unicorns machte die Studie den Energiesektor aus. Hier seien trotz der Aktualität des Themas bislang kaum Einhörner zu finden. Außerdem auffällig: Nur fünf der Unicorn-Gründer sind Frauen.


Bild:  Getty/Lucy von Held