Gründer Lewis Horne bei der Präsentation des Uniti One.

Der Blockchain-Hype hat dafür gesorgt, dass Startups per ICO (Initial Coin Offering) im vergangenen Jahr insgesamt Milliarden eingesammelt haben. Dabei geben junge Digitalfirmen Token einer neuen Krypotwährung heraus und bekommen im Gegenzug Kapital. Auch Uniti-Gründer Lewis Horne will von dem Hype profitieren. Der Gründer plant, in Kürze mit einem grünen ICO das Interesse der Kapitalgeber zu wecken.

Hornes Startup Uniti entwickelt ein kompaktes E-Auto für die Stadt. Seinen ersten Prototypen hat das Spin-off einer schwedischen Universität im Dezember präsentiert. Uniti One soll mit den üblichen Konventionen brechen. Neben einer Version mit klassischem Lenkrad verfügt eine andere stattdessen über einen Joystick für die Steuerung. In Schweden kann das Fahrzeug mit einer Reichweite bis zu 300 Kilometern bei Media Markt bestellt werden. Auch in Deutschland könnte der elektrische Kleinwagen für die Stadt bald in die Filialen des Elektronikmarktes kommen. Mit einem Preis von knapp 15.000 Euro soll das Auto günstiger sein als die meisten anderen Kleinwagen. 2019 sind die ersten Auslieferungen geplant.

Ein Interview mit dem Australier und Gründer Lewis Horne über neue Geschäftsmodelle mit Leih-Fahrzeugen, fleißige Deutsche und Mobility-Token. 

Lewis, Ihr habt per Crowdfunding Millionen eingesammelt. Was sind die Zutaten für eine erfolgreiche Kampagne?

Authentizität, Transparenz, Offenheit. Die Idee von Crowdfunding ist nicht, dass du die Menschen von deinem Produkt überzeugst. Die Menschen sollen entscheiden, ob deine Idee gut ist und ob deine Firma wachsen sollte. Wenn niemand in deine Firma investiert, ist das nichts Schlimmes. Sondern ein Zeichen, dass du etwas ändern musst, wenn Du die Massen erreichen willst.

Eine weitere Besonderheit bei Euch: Ihr setzt bei Eurem Startup auf eine Open-Source-Entwicklung. Warum?

Das ist eine ganz einfache Rechnung: Wenn eine Firma eine Gruppe von 50 Ingenieuren beschäftigt, die eine Software für das autonome Fahren entwickeln, haben diese in Summe schlichtweg weniger Potenzial als die Crowd, durch die Tausende an dem Prozess beteiligt sind. Außerdem sind Open-Source-Projekte aus Unternehmersicht vergleichsweise günstiger.

Wie willst Du mit Deinem Startup Uniti Geld verdienen?

Zuerst einmal wollen wir natürlich Autos verkaufen. Und später Mobility-as-a-Service anbieten. Das heißt: Die Menschen müssen das Auto nicht besitzen, sondern können es leihen, es nutzen, wenn sie es brauchen. Reparaturen, Versicherungen etc. wickeln wir für sie ab. Allerdings wissen wir: Es gibt Firmen da draußen, die können wesentlich mehr und wesentlich schneller Autos bauen als wir. Deshalb setzten wir auf die Zusammenarbeit mit großen Herstellern, an die wir unsere Technologie in Form von Lizenzen verkaufen. Diese Firmen können dann die Produktion übernehmen.

Bieten die Lizenzen eine Möglichkeit, bereits Geld zu verdienen, bevor das erste Uniti One überhaupt auf der Straße ist?

Ja, möglicherweise. Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir allerdings noch keine robuste Software- oder Hardware-Lizenz oder ein Referenzdesign. Endes des Jahres, spätestens Anfang 2019, wollen wir aber so weit sein.

Seht Ihr Euch als Autobauer oder als Designer?

Zu diesem Zeitpunkt verstehen wir uns definitiv als Designer und Entwickler. Aber möglicherweise entwickelt sich das Startup zu einem Autobauer. Das wird davon abhängen, wie viele Stückzahlen wir tatsächlich später einmal produzieren und wie komplex dieser Prozess ist. Zurzeit arbeiten alle unsere Entwickler in Schweden. Parallel eruieren wir den Aufbau eines Produktionsstandortes in Adelaide, Australien, ein zweiter könnte in Indien entstehen.

Warum Adelaide?

Viele Autohersteller, vor allem aus Asien, haben Adelaide im vergangenen Jahr verlassen. Es gibt also viele Automobilexperten dort, die keinen Job mehr haben, dazu alte Fabriken, die nicht mehr in Betrieb sind. Für uns sind das perfekte Voraussetzungen, um dort eine neuartige Automobilproduktion zu etablieren.

Ihr arbeitet auch mit Siemens zusammen. Wie sieht diese Zusammenarbeit genau aus?

Siemens hat eine Software-Plattform für die Fabrik 4.0 entwickelt. Auf deren Grundlage können wir das Auto digital entwickeln und die Produktion digital planen. Das heißt: Der komplette Prozess – vom Design bis zum Autobau – wir per Software simuliert und kalkuliert, ohne dass ein einziger Stein verbaut werden muss. Das ist wesentlich effizienter und kostengünstiger als herkömmliche Produktionsprozesse.

Wie setzt sich Euer Team zusammen?

Wir haben ein sehr internationales Team: insgesamt 50 Festangestellte und noch einmal genauso viele Werkstudenten. Auch einige Deutsche arbeiten bei uns. Ohne die Deutschen könnten wir unsere Pläne auch nicht in die Tat umgesetzen (lacht).

Du bist ein Fan der Blockchain. Wo siehst Du das Potenzial der Blockchain für Uniti?

Zunächst einmal stecken wir in den Vorbereitungen, um ein neues Token herauszugeben, also einen grünen ICO durchführen und damit Kapital einzusammeln. Damit hoffen wir, das Interesse von Kapitalgebern zu wecken. Die Käufer sollen über die Token bestimmte Rechte erwerben, denkbar wäre ein Zugang zu unserem – natürlich vollständig anonymisierten – Datenpool. Auf Grundlage dieser Daten ist die Entwicklung neuer Dienstleistungen rund ums Auto möglich. In einem zweiten Schritt wäre es möglich, ein Anreizsystem zu schaffen und Autofahrer für sicheres und energieeffizientes Fahren mit Token zu belohnen.

Eine grundsätzliche Frage: E-Autos fahren noch immer in einer Nische. Warum?

Es gibt nicht genügend Angebote. Die Zahl der Fahrzeugmodelle mit Verbrennungsmotor ist um ein Vielfaches größer. Außerdem denken die etablierten Autohersteller in überholten Kategorien. Sie beschränken sich darauf, einen Verbrenner mit E-Auto auszustatten. Dabei bietet die E-Mobilitätswende die Chance, das Auto völlig neu zu denken, es an die Bedürfnisse und Wünsche des modernen Menschen anzupassen.

Wie könnte das aussehen?

Autofahrer wollen anders mit dem Fahrzeug interagieren. In unserem ersten Modell, dem Uniti One, gibt es weniger Plastikknöpfe, weniger Schalter im Cockpit, stattdessen mehr digitale Interfaces, eine Bedienung über Touchscreen. Steuerung und Design orientieren sich in unserem Auto an den Standards der Unterhaltungselektronik, nicht an der Automobilbranche. Eine weitere Maxime ist Nachhaltigkeit: Uniti One soll über seinen gesamten Lebenszyklus sieben Tonnen CO2 ausstoßen. Zum Vergleich: Andere E-Autos blasen über den gleichen Zeitraum 47 Tonnen, Verbrenner 54 Tonnen CO2 in die Luft.

Wie habt Ihr die Anforderungen der Kunden an ein modernes Auto ermittelt?

Wir haben keine Umfragen durchgeführt oder potenzielle Kunden demokratisch über Features abstimmen lassen. Aber wir setzten seit Anfang an auf einen permanenten Austausch mit der Community. Anders als die etablierte Branche entwickeln wir das Fahrzeug nicht im Verborgenen, sondern setzten auf einen offenen Designprozess. Außerdem diente die Crowdfunding-Kampagne als Validierung.

Vielen Dank für das Interview, Lewis!

 
Bild: Uniti; Dieser Text wurde nachträglich geändert. In einer früheren Version hieß es: „Auch in Deutschland soll der elektrische Kleinwagen für die Stadt bald in die Filialen des Elektronikmarktes kommen.“