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Die Unternehmensbewertung

Im Rahmen von Unternehmenstransaktionen und Verhandlungen mit potenziellen Kapitalgebern stellt sich früher oder später die Frage nach dem gegenwärtigen Unternehmenswert. Gründern ist anzuraten, sich frühzeitig mit der Unternehmensbewertung auseinanderzusetzen. Nur wer den Wert des eigenen Unternehmens einschätzen und argumentieren kann, ist für die nächste Venture-Capital-Runde gewappnet; schließlich wird Kapital gegen Anteile am Unternehmen getauscht. Wie hoch die Anteilsquote ausfällt, ergibt sich aus dem Verhältnis von Investitionsvolumen und Unternehmenswert.

Die Ermittlung des Wertes eines jungen Unternehmens stellt die Bewertenden allerdings vor besondere Herausforderungen. Typische Merkmale von Startups sind fehlende Vergangenheitsdaten, negative Cash-Flows, neue Produkte, hohe Wachstumsraten und folglich ausgeprägte Unsicherheiten. Dies hat zur Folge, dass die Bewertung in äußerst hohem Maße von Annahmen abhängt und bereits leichte Veränderungen einzelner Faktoren signifikante Auswirkungen auf das Bewertungsergebnis nach sich ziehen können.

Von besonders hoher Relevanz für das Ergebnis sind also die Annahmen, die „auf dem Weg“ zum Ergebnis getroffen werden. Es gilt die Werttreiber im Unternehmen zu identifizieren, also die Faktoren, die den Unternehmenswert in besonders hohem Maße beeinflussen. Nur derjenige, der Kenntnis über die Werttreiber im Unternehmen hat, kann Prognosen über die Unternehmensentwicklung, und damit einhergehend über die Entwicklung des Unternehmenswertes, treffen.

Als relevante Fragestellung könnte beispielsweise identifiziert werden, wie sich ein geringerer Preis (geringerer Rohertrag) in der Absatzmenge niederschlägt. Hierauf aufbauend ließen sich anschließend unterschiedliche Szenarien ableiten, anhand derer deutlich wird, welchen Einfluss die Variation von Absatzpreis und Absatzmenge auf den Unternehmenswert hat.

Bereits zu Beginn soll darauf hingewiesen werden, dass ein Unternehmenswert in gewissem Maße subjektiver Natur ist. Es stellt sich bei der Bewertung also nicht grundlegend die Frage, welches der richtige Unternehmenswert ist, sondern in welcher Bandbreite ein marktfähiger/fairer Wert anzusiedeln ist. Nur wenn der potenzielle Investor und der Eigentümer dem Unternehmen einen ähnlichen Wert beimessen, bestehen Erfolgsaussichten im Rahmen der Verhandlungen.

Pre-Money- oder Post-Money-Bewertung?

Prinzipiell spielt es keine Rolle, ob eine Bewertung als Pre-Money-Bewertung oder als Post-Money-Bewertung kommuniziert wird. Wichtig ist nur, dass beide Verhandlungsparteien von der gleichen Basis ausgehen. Unklarheiten gilt es frühzeitig aus dem Weg zu räumen.

„Pre“ und „Post“ beziehen sich in diesem Zusammenhang darauf, ob der Unternehmenswert vor oder nach Einstieg des Investors angegeben wird, was sich letztendlich spürbar in der Höhe des mit dem Investment erworbenen Anteils am Eigenkapital des Startups niederschlägt.

Klassische Methoden der Unternehmensbewertung

Ertragswertorientierte Bewertung – Discounted-Cash-Flow-Methode

Der Name dieser Methode spiegelt auch deren wichtigste Elemente wieder. Die zukünftigen Cash-Flows des Unternehmens werden prognostiziert und anschließend auf den Gegenwartszeitpunkt diskontiert. Die Haupteinflussfaktoren auf das Ergebnis sind somit die erwarteten Erträge des Unternehmens sowie das erwartete Ausfallrisiko.

Grundlage für die Prognose der Cash-Flows ist ein Unternehmensmodell, das auf den wichtigsten Werttreibern der betrachteten Branche basiert. Aus diesem Modell wird entsprechend der prognostizierten Entwicklung dieser Werttreiber die Unternehmensplanrechnung des Startups abgeleitet, welche wiederum die Basis für die Cash-Flow-Berechnung bildet. Insbesondere aufgrund der fehlenden oder nur rudimentär vorhandenen Vergangenheitsdaten ist die Prognose der zukünftigen Unternehmensentwicklung – und somit auch die Prognose der bewertungsrelevanten Cash-Flows – bei Startups mit großen Unsicherheiten behaftet.

Der Zeiteffekt wird bei der anschließenden Diskontierung durch die Verwendung eines risikoadäquaten Zinssatzes (sogenannte Diskontierungsrate) berücksichtigt. Der Einfluss des Zinssatzes sollte nicht unterschätzt werden. Eine Variation der Diskontierungsrate führt zu erheblichen Ergebnisänderungen in der Bewertung. Problematisch ist hierbei, dass häufig keine Vergleichsunternehmen existieren, anhand derer sich das unternehmensspezifische Risiko objektivieren ließe. Bei der Bewertung eines Startups wird in aller Regel eine sehr hohe Diskontierungsrate zugrunde gelegt, was eine niedrigere Bewertung zur Folge hat. Der Zinssatz wird maßgeblich durch die Erfahrungen von Analysten und die Erwartungen der (indirekten) Kapitalgeber beeinflusst.

Vorteilhaft ist, dass der mit der Anwendung der Discounted-Cash-Flow-Methode einhergehende Planungsaufwand zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem eigenen Geschäftsmodell und der darauf aufbauenden Finanzplanung führt. Dies stärkt die Argumentationssicherheit bei anstehenden Verhandlungsrunden. Bei der Ausarbeitung von Planungsrechnungen ist darauf zu achten, dass die Werttreiber flexibel angepasst werden können. Alle Inputfaktoren und Annahmen sollten variierbar sein. So können die Planungsrechnungen im Rahmen von Verhandlungen kurzfristig angepasst und unterschiedliche Szenarien analysiert werden.

Venture-Capital-Methode

Investitionen in ein Startup weisen die Besonderheit auf, dass die Renditeerwartungen der Frühphaseninvestoren meist nicht durch Dividenden aus dem Free Cash-Flow erfüllt werden. Vielmehr erwarten diese Investoren einen entsprechend hohen Kapitalertrag beim Ausstieg aus dem Unternehmen. Die Venture-Capital-Methode bezeichnet einen Bewertungsansatz, der diese Besonderheit berücksichtigt. Analog zur Discounted-Cash-Flow-Methode wird der Cash-Flow, in Form des Kapitalertrags beim Verkauf der Anteile, auf den Gegenwartszeitpunkt diskontiert.

Diskontierungsrate

Die Bedeutung der Diskontierungsrate für das Bewertungsergebnis wurde bereits hervorgehoben. Da Diskontierungsraten von 50 Prozent in der Praxis keine Seltenheit darstellen, wird nachfolgend aufgezeigt, welche Venture-Capital-spezifischen Komponenten hierbei eine Rolle spielen.

In der Theorie anerkannt, aber praktisch von geringer Relevanz, ist die sogenannte Liquiditätsprämie. Diese soll den Anleger für die Langfristigkeit des Investments kompensieren.

Eine Value-Add-Prämie kann berücksichtigt werden, wenn der Investor neben dem Kapital weitere Werte in das Unternehmen einbringt. Beispielsweise in Form von Kontakten sowie Management- oder Beratungsleistungen.

Desweiteren wird das für Startups typische, hohe Ausfallrisiko separat prämiert. Venture-Capital-Investoren definieren üblicherweise eine gewisse Renditeerwartung als Mindestrenditepotenzial, welchem die potenziellen Investments genügen müssen (sogenannte Hurdle Rate). Projekte, denen entsprechendes Potenzial diese Minimalanforderung zu erfüllen nicht „zugetraut“ wird, sind für die Investoren nicht interessant. Dies liegt darin begründet, dass die Auszahlungen aus erfolgreichen Projekten die Investoren auch für den Ausfall von Investments in nicht erfolgreiche Projekte kompensieren müssen.

Der Risikoaufschlag fällt geringer aus, wenn das spezifische Ausfallrisiko des Startups bereits durch Ausarbeitung unterschiedlicher Entwicklungsszenarien eingegrenzt wurde. Die Anwendung der Szenario-Technik ist aufwändig, bietet Gründern aber die Möglichkeit, im Rahmen der Verhandlungen, für eine niedrigere Diskontierungsrate zu argumentieren. Unabdingbar hierfür ist, dass die Annahmen und Inputfaktoren der unterschiedlichen Szenarien mit Studien oder Benchmarks fundiert werden. Bei Fehlen von externen Daten ist eine entsprechende Argumentation der Gründer zu hinterlegen.

In Teil 2 des Artikels wird die marktorientierte Bewertung vorgestellt und anhand eines Beispiels zur Anwendung von Multiples veranschaulicht.

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