Video Streaming tötet Fernsehen

40 Millionen Bundesbürger schauen Videos im Netz

Das Videostreaming verändert den Fernsehkonsum schneller als vielfach angenommen. Drei von vier Internetnutzern ab 14 Jahren schauen sich über das Internet Videostreams an. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Hightech-Verbands Bitkom.

Demnach betrachten 40 Millionen Bundesbürger Videos über das Netz. Beim Streaming wird ein Film abgespielt, ohne dass er auf der Festplatte eines Computers abgespeichert wird. Diese Form des Medienkonsums ist inzwischen deutlich stärker verbreitet als der Download. Nur gut jeder vierte Internetnutzer lädt seine Videos herunter, um sie anschließend anzusehen.

Dies hat Auswirkungen auf das klassische Fernsehen, das über TV-Kabel, Antenne oder Satellit übertragen wird und als lineares Fernsehen bezeichnet wird. Jeder dritte Nutzer von Videostreaming ersetzt der Umfrage zufolge seinen bisherigen TV-Konsum dadurch teilweise oder ganz. Das entspricht mehr als 13 Millionen Bundesbürgern.

Fast jeder fünfte Streamingnutzer erwägt, künftig sogar komplett auf das klassische Fernsehen zu verzichten. Insgesamt haben 44 Prozent der befragten Streamingnutzer angegeben, weniger Fernsehen über Kabel oder Satellit zu schauen, seitdem sie Videoinhalte im Internet betrachten.

Umkämpfter Streaming-Markt

Damit müssen sich Sender und Produzenten auf eine veränderte Medienwelt einstellen. „Die kommende Zuschauergeneration wird kaum noch feste TV-Sendezeiten kennen“, heißt es bei Bitkom. Vielmehr würden sich Nutzer ihr Programm über Mediatheken, Videoportale und On-Demand-Angebote zusammenstellen. „Videostreaming verändert den gesamten Markt für bewegte Bilder.“

Der deutsche Markt für Streaming-Angebote ist heißt umkämpft und zieht immer neue Anbieter an. Neben Diensten wie Maxdome und Watchever ist auch der US-Marktführer Netflix seit einigen Wochen hierzulande aktiv. Kundenzahlen für Deutschland will das Unternehmen noch nicht nennen.

Die Dienste bieten ihren Nutzern eine Film- und Serien-Flatrate an, für die eine monatliche Pauschalgebühr fällig wird. Darüber hinaus stehen aktuellere Filme für eine einmalige Leihgebühr zur Verfügung. Sie können dann meist 48 Stunden lang – auch mehrmals – gestreamt werden. Die Angebote lassen sich über Smartphones, Tablets, Computer, Spielkonsolen, Set-Top-Boxen und Smart-TVs abrufen.

In Deutschland steht nun der nächste Markteintritt bevor. Kommenden Dienstag startet das Video-on-Demand-Portal Wuaki.tv. Hinter dem Anbieter steht das japanische E-Commerce-Unternehmen Rakuten. Wuaki.tv ist nach eigenen Angaben mit 600.000 Nutzern in Spanien Marktführer. Auch in Großbritannien und Frankreich ist die Rakuten-Tochter bereits vertreten. Vorerst soll es aber keine Flatrate geben. Filme können gegen Gebühr über das Internet geliehen oder gekauft werden.

US-Nutzer reduzieren TV-Konsum um ein Fünftel

Auch in den USA steigt die Nutzung von Streamingdiensten, die abonniert werden können, stark an. Dazu zählen neben Netzflix auch Hulu und Amazon Video. Nach den Zahlen des Marktforschers Nielsen hatten im Januar 34 Prozent aller US-Haushalte einen solchen Dienst abonniert. Im September waren es schon 40 Prozent.

Nielsen untersucht für Werbetreibende den Fernsehkonsum in den USA. Streamingnutzer im Alter von 18 bis 49 Jahre reduzieren nach Angaben des Marktforschers ihren normalen TV-Konsum um etwa ein Fünftel. Insgesamt sei in den USA im Oktober im Vergleich zum Vorjahresmonat sieben Prozent weniger lineares Fernsehen geschaut worden.

Experten warnen jedoch davor, die Situation in den USA mit Deutschland zu vergleichen. In den USA zahlen viele Zuschauer für ihr TV-Paket über das Fernsehkabel 100 Dollar und mehr. Ein Umstieg auf einen Streaminganbieter, der monatlich weniger als zehn Doller verlangt, spart daher viel Geld.

Auch illegale Portale wie kinox.to treiben den Trend

In Deutschland muss jeder Haushalt eine Rundfunkgebühr von knapp 18 Euro bezahlen, auch wenn er nur noch Streamingdienste nutzt. Viele Sender sind hierzulande frei über die Antenne oder Satellit zu empfangen und auch die Kabelgebühren liegen deutlich unter denen, die in den USA verlangt werden.

Streaminganbieter in Deutschland versuchen daher neue Nutzer nicht so sehr über günstige Preise zu locken, sondern über die Vorteile des Streamings. Sie betonen, dass Filme und Serien jederzeit geschaut werden können und nicht von Werbung unterbrochen werden. Die meisten Inhalte liegen in hochauflösender Qualität vor.

Netflix zeigt ausgewählte Titel sogar in der vierfachen HD-Auflösung, die als 4K bezeichnet wird. 4K steht für 4000 Pixel, also die Zahl der Bildpunkte, die in der Breite dargestellt werden.

Auch illegale Internetangebote treiben den Trend zum Streaming. So gehören beispielsweise Portale wie Kinox.to und Movie4k.de zu den meistbesuchten Internetseiten in Deutschland. Nutzer finden dort aktuelle Filme, die zum Teil noch nicht einmal auf DVD zur Verfügung stehen. Obwohl längst gegen die Hintermänner dieser Portale ermittelt wird, sind die Angebote weiterhin online. Nutzer bleiben im Durchschnitt zwei bis drei Stunden auf diesen Seiten, was ungefähr der Zeit eines Films entspricht.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Welt

Bild: © panthermedia.net / Benis Arapovic