VR, Virtual Reality
VR, Virtual Reality Die Erde aus dem Weltall betrachten – Virtual Reality soll’s schon bald möglich machen.

Ryan Holmes glaubt einen Weg gefunden zu haben, wie wir Erdlinge die ewigen Weiten des Universums erleben können – ohne selber ins All fliegen zu müssen. Nachdem der 24-jährige Unternehmer aus San Francisco vor drei Jahren einen Kurzfilm mit dem Titel Overview sah, ließ ihn die Idee nicht mehr los.

Der Film beschreibt anhand von Interviews mit fünf Astronauten das Phänomen des „Overview-Effekts” – die Ehrfurcht, die Astronauten erfahren, wenn sie die Erde aus dem Weltall betrachten. Holmes sah sofort das Potential darin.

Wie wäre es, wenn diese Erfahrung für alle Menschen möglich wäre? Mit der virtuellen Realität fand er ein Mittel, um seine Idee umzusetzen. Aus Holmes Vision wurde SpaceVR. Ein Startup, das mit einer Kamera, die in 400 Kilometer Höhe an der Internationalen Raumstation ISS befestigt ist, Weltall-Reisen in Wohnzimmer auf der ganzen Welt bringen möchte.

„Das exponentielle Wachstum der Computer-Ära werden wir auch in der Virtual Reality wieder sehen”, glaubt Holmes, dessen Kickstarter-Kampagne für SpaceVR mehr als 100.000 US-Dollar eingefahren hat. „Gerade jetzt ist die beste Zeit, eine Virtual-Reality-Firma aufzubauen.“

SpaceVR
SpaceVR Ryan Holmes, der Gründer von SpaceVR

SpaceVR ist nur eines von vielen Virtual Reality (VR) Unternehmen, die im Moment überall wie Pilze aus dem Boden sprießen. Eine Studie zählte kürzlich 454 VR- und Augmented-Reality-Firmen weltweit. Obwohl der VR-Markt bis 2020 auf 30 Milliarden US-Dollar wachsen soll, steckt die Technologie noch in den Kinderschuhen.

Eine der großen Fragen ist, wie und wann es VR-Firmen gelingen wird, profitabel zu sein und welche Geschäftsmodelle die höchste Rendite abwerfen werden.

„Die Frage der Monetisierung ist noch weitestgehend ungeklärt“, sagt Jamie Pallot, Mitgründer von Produktionsfirma Emblematic Group, die herausragende VR-Filme für die New York Times, das Weltwirtschaftsforum und die Tribeca Film-Stiftung gedreht hat.


Das Konzept der Virtuellen Realität wurde zuerst in der Science-Fiction-Literatur Mitte des 20. Jahrhunderts diskutiert. In den nächsten Jahren soll VR Experten zufolge zur Mainstream-Technologie werden. Technokrat und Journalist Robert Scoble, der über virtuelle Realität für das Medien-Startup UploadVR schreibt, erwartet viele experimentelle Investitionen, bevor Firmen große Gewinne verbuchen. „Projekte werden anfangs nicht schrecklich groß sein, da es im Moment noch keine kritische Masse an Headsets auf dem Markt gibt, um die hohen Kosten zu decken“, sagt Scoble.

Laut einer Studie des Marktforschungunternehmens Gartner werden 2017 sechs Millionen VR-Brillen über den Tisch gehen. Allerdings wissen laut Horizon Media zwei Drittel aller Amerikaner noch nichts von Virtual-Reality-Geräten.

Holmes und andere Unternehmer sind trotzdem optimistisch, dass VR bald durchstarten wird. „Der Markt braucht nicht riesig zu sein, um existenzfähig zu sein“, sagt Shawn DuBravac, Chefökonom der Consumer Technology Association, die jedes Jahr die Consumer Electronic Show auf die Beine stellt. Gleichzeitig gibt er zu, dass die Verbrauchernachfrage aufgrund des Mangels an Absatzwegen und des relativ hohen Preises der VR-Brillen eine Zeit lang gering bleiben wird. Headsets kosten in den USA im Moment zwischen 99 und 799 US-Dollar.

Bild: Groove Jones

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VR, Virtual Reality, Home Brille aufsetzen und in virtuelle Welten abtauchen

Die Entstehung von folgenden Geschäftsmodellen zeichnet sich bereits ab:

Käufe von einzelnen VR-Produkten

Angesichts der noch geringen Verfügbarkeit von VR-Content auf Vertriebsplattformen wird erwartet, dass die meisten Verbraucher ein paar Dollar für einzelne kurze, aber fesselnde VR-Produkte wie Filme, Nachrichten, Spiele oder interaktive Touren durch Sehenswürdigkeiten wie den Grand Canyon ausgeben werden. „Ohne etablierte Marken glaube ich nicht, dass Verbraucher bereit sind, für Abonnements zu zahlen“, sagt Scoble.

Social Media-Giganten wie Facebook und Gaming-Plattformen wie Steam, die bereits über eine breite Anwenderbasis verfügen, werden aller Wahrscheinlichkeit nach versuchen, sich als bedeutende Vertriebsplattformen zu etablieren. Bis jetzt sind zwei Headsets auf dem Markt: Facebooks Oculus Rift und Steams Vive, eine Co-Produktion mit Hardware-Hersteller HTC. „Je mehr Content die Plattform an den Mann bringen kann, desto besser wird die Monetisierung funktionieren,“ sagt Pallot: „Hardware herzustellen ist eine Sache, aber ohne Software und Content kann man kein breites Publikum erreichen.“

Gesponserte Inhalte

Laut Industrie-Kenner Pallot wechseln gerade viele Werbetreibende auf den Websites von Herausgebern zu sogenanntem Branded Content – also zu Inhalten, die von Firmen gesponsert werden. Die New York Times hat beispielsweise bis jetzt sechs VR-Filme für Marken wie Mini und General Electric kreiert. Times-CEO Mark Thompson kündigte vor Kurzem an, dass die beiden Marken zusammen ungefähr 1,5 Millionen US-Dollar für die erste Kampagne bezahlt haben.

Dass Nutzer dank VR-Contents mehr Zeit auf Websites verbringen, sind gute Nachrichten für die Times, Facebook und andere Publisher. Auch die Werbebranche profitiert: Vor allem wegen des verstärkten Aufkommens von Ad-Blockern und der geringen Effektivität von Werbung. „Mit Erstanwendern lässt sich besser Geld verdienen“, sagt DuBravac.

Indes lässt eine Studie der Knight Foundation erkennen, dass es für Nachrichtenunternehmen schwer ist, mit Werbung und Markenbotschaften, die bei VR-Content gezeigt werden, Geld zu erwirtschaften. Laut der Studie locken nur sehr wenige VR-Projekte Werbekampagnen an, vor allem weil Virtual Reality bis jetzt nur eine geringe Zahl von Verbrauchern erreicht.

Event-spezifische Markenwerbung

Bis jetzt besteht VR-Werbung hauptsächlich aus Marketing- oder Branding-Kampagnen, die auch Markenaktivierung genannt wird. Dabei handelt es sich um auf Events zugeschnittene, gesponserte Inhalte. Die Vodka-Marke Absolut hat beispielsweise für die erste VR-Viewing-Party 5000 speziell angefertigte Google-Cardboard-Headsets an Jazzfans geschickt, damit diese das Konzert live von zuhause mitverfolgen können. Laut Scoble habe der durchschnittliche „Konzertbesucher“ das Headset 19 Minuten lang getragen. „In Zukunft werden wir viel mehr von Werbern bezahlte Headsets sehen, die umsonst bei Events wie dem Super Bowl oder den Olympischen Spielen verteilt werden“, so Scoble.

Das Video von Absolut als VR-Version:

Bei VR-Content-Firma Groove Jones mache Markenaktivierung 40 Prozent der Einnahmen aus, sagt Dale Carman, Leiter der Kreativ-Abteilung. Bei der Technologie-Messe South By Southwest in Austin hat Groove Jones Mitte März eine Kampagne für McDonald’s initiiert, bei der 7000 Besucher dank VR-Headsets, die einem Happy Meal beigegeben wurden, imaginäre Wände bemalen konnten.

Virtual Reality-Filme

Die Unterhaltungsindustrie nimmt Virtual Reality ernst. TV-Unternehmen und Filmstudios investieren nicht nur in VR-Startups, sie haben auch damit angefangen, intern mit VR zu experimentieren. Gleich drei Meldungen haben vor drei Woche Wellen geschlagen: HBOs und Discovery Communications’ 300-Millionen-Dollar-Investition in 3D-Grafik startup OTOY, AOLs Aufkauf von VR- und 360-Grad-Video Produktionsfirma RYOT sowie Sonys Ankündigung seines neuen „VR-Theaters“. Zwei Beispiele aus der Filmindustrie sind Disneys 66-Millionen US-Dollar-Investition in VR-Produktionsfirma JauntVR und die 20th Century Fox Innovation Lab, mit der das Filmstudio VR als eigenständige Einnahmequelle etablieren will.

Scoble sagt voraus, dass große Filmstudios drei Jahre lang mit VR-Anstrengungen Geld verlieren werden.

„Sie werden vielleicht zehn Millionen Dollar für einen interessanten Film ausgeben, aber der wird nicht den hohen Produktionswert haben, den viele Kinobesucher erwarten“, sagt Scoble, der sich als Video-Blogger für Fast Company und RackSpace einen Namen gemacht hat.

Redaktionelle Inhalte

Es ist zu erwarten, dass Nachrichtenunternehmen schneller als Filmstudios eine ansehnliche Rendite sehen werden. Ähnlich wie bei gesponserten Inhalten hat auch hier die New York Times eine Vorreiter-Rolle unter denjenigen Medien eingenommen, die substantielle Investitionen in VR vorgenommen haben. Die sieben VR-Filme der Times wurden bis jetzt über 1,5 Millionen Mal auf der eigenen App gestreamt. Um die acht Millionen US-Dollar hat die Times bis jetzt mit VR verdient, was zwei Prozent ihrer jährlichen Einnahmen von 400 Millionen US-Dollar im Digitalgeschäft entspricht.

Emilio Garcia-Ruiz, leitender Redakteur der digitalen Sparte der Washington Post, sagt, die hohen Produktionskosten von VR erfordern eine hohe Rendite. „Kein Newsroom hat die Ressourcen um einfach mal die Ausrüstung für ein komplettes VR-Team zu beschaffen. Monetisierung als ständiges Einkommen ist Jahre entfernt“, so Garcia-Ruiz. „Es sei denn, wir können schnell massives Wachstum erreichen“. Das sei allerdings unwahrscheinlich.

Kleinere Nachrichtenunternehmen werden aufgrund der hohen Produktionskosten und des Zeitaufwandes wohl wesentlich länger brauchen, um VR-Content kontinuierlich herzustellen. Nichtsdestotrotz wird es nicht allzu lange dauern, bevor die sinkenden Kosten von 360-Grad-Kameras ähnliche Wettbewerbsbedingungen schaffen werden. „Benutzerfreundliche und preiswerte 360-Grad-Videos werden sehr populär und einfach zu monetisieren sein“, sagt Scoble. Als Beispiele gibt er Musikvideos, Journalismus und interaktives Theater an.

Wie viele andere auch sieht SpaceVR-Gründer Holmes die größte Herausforderung, um mit VR Geld zu verdienen, im Mangel an Daten, die Content-Herstellern wertvolle Informationen über die Präferenzen von Konsumenten geben könnten.

„Auf der einen Seite wird es Premium-Erlebnisse wie Kinobesuche mit hochauflösenden Kameras geben. Außerdem werden wir von zuhause auf iTunes und Netflix Inhalte kaufen oder uns bei Diensten wie Hulu anmelden.“

Bild: Getty Images / Sean Gallup