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Bonaverde-CEO Hans Stier vor seiner Kaffeemaschine

Es kommt oft vor, dass junge Unternehmen ihr erstes Kapital übers Crowdfunding einsammeln. Selten ist dagegen, so häufig auf die Unterstützung der Crowd zurückzugreifen wie der Berliner Kaffeemaschinen-Hersteller Bonaverde. Auf der britischen Plattform Seedrs hat er nun seine vierte Crowdfunding-Runde gestartet. Das Kampagnenziel von 750.000 Pfund sei innerhalb der ersten zwei Stunden erreicht worden, heißt es vom Unternehmen. Derzeit sind etwa 870.000 Pfund eingesammelt, mehr als 80 Investoren beteiligen sich. Dafür wurden bisher rund 3.3 Prozent der Firmenanteile verkauft. 

Zuvor sammelte die Firma 2013 bei Indiegogo und Kickstarter und 2015 bei Seedmatch zwei Millionen US-Dollar ein. Außerdem erhielt Bonaverde eine Series-A-Finanzierung von zwei Millionen Euro. 

CEO Hans Stier und Patrick Bales haben die Firma 2013 gegründet. Ihr Ziel war es, eine Kaffeemaschine zu entwickeln, die rösten, mahlen und brühen kann. Nutzer sollten die Bohnen über Bonaverdes Plattform direkt von Kaffeebauern aus verschiedenen Ländern kaufen können. Mittelsmänner sollten so umgangen werden. Ein Konzept, dass bei der Crowd gut ankam, technisch aber schwer umzusetzen war. Es kam zu extremen Lieferschwierigkeiten.

Der Versand war ursprünglich für Oktober 2014 geplant. Er wurde dann mehrfach nach hinten geschoben. Jetzt sind die ersten Maschinen ausgeliefert, in einer Beta-Version. Für die verzögerte Lieferung gab es für das Startup heftige Kritik, beispielsweise von früheren Kickstarter-Unterstützern

Im Interview erzählt Hans Stier, warum er sich nun trotzdem erneut an das Crowdfunding herantraut und was er mit dem frischen Kapital vorhat. 

Hans, wofür braucht Ihr wieder Geld, ihr habt doch gerade erst zwei Millionen bekommen?

„Die Maschinen können wir nun produzieren, mehr als 1000 sind schon auf dem Weg zu den ersten Unterstützern in den USA, EU und Asien. Aber die Hardware war für uns immer nur der Anfang. Jetzt geht es darum, die Infrastruktur für den Kaffeehandel auszubauen und zu erweitern, und dafür benötigen wir erneut Kapital. Dass wir das über das Crowdfunding machen, war schnell klar. Es ist Teil unserer DNA. Bis vor Kurzem waren wir ein völlig gecrowdfundetes Unternehmen. Jetzt, wo wir die Hardware haben, wollen wir unsere Unterstützer am Wachstum teilhaben lassen.“

Warum macht Ihr das über Seedrs und nicht über eines der anderen Portale?

„Bei Seedrs erhalten die Unterstützer echte Anteile. Sie kaufen sich in unsere Firma ein, die durch die Series-A-Runde mit 29 Millionen Euro recht hoch bewertet wurde. So können wir einen vernünftigen Preis für die Anteile erzielen. Außerdem gibt es hier in England derzeit Steuersparmodelle, durch die die Menschen ihre Investitionen abschreiben können. Da wir ein Büro in London und auch Kunden auf der Insel haben, können unsere Unterstützer davon profitieren.“

Hast Du damit gerechnet, dass Ihr so schnell das Kampagnenziel erreicht?

„Nein. Ich wusste zwar, dass einige unserer Unterstützer bereit waren, nochmal zu investieren. Wir stehen ständig mit ihnen in Kontakt, holen uns Feedback ein und fragen sie nach ihren Wünschen. Bei den Befragungen haben viele angegeben, dass sie auch erneut Geld geben würden. Im Vorfeld der Kampagne haben wir dann genau diejenigen abtelefoniert. Und wir haben ihnen den Starttermin und den Link zur Kampagne geschickt. Wir wussten also, dass viele mitmachen, aber klar: die genaue Höhe war nicht planbar.“

Noch mehr Kleinstinvestoren bedeuten mehr Menschen, die mitreden – und mehr Verantwortung. 

„Wenn man nur die negativen Kommentare auf Kickstarter liest, bekommt man ein falsches Bild von der Community. Wir profitieren massiv von den Erfahrungen, die unsere Nutzer mit der Maschine machen. Außerdem haben wir den Mindestanteil, zu dem man sich bei der aktuellen Runde beteiligen kann, nach oben gesetzt. Unterstützer müssen mindestens 1000 Euro ausgeben, um Anteile zu erwerben. Bei einer solchen Summe beteiligen sich nur Menschen, die es wirklich ernst meinen und die nicht nur ein paar Dollar reinwerfen, um sich dann zu beschweren.“ 

Wie viel Geld braucht Ihr jetzt noch, bis Ihr von den Umsätzen leben könnt?

„Bonaverde ist ein Projekt, das nicht mit der Maschinenentwicklung abgeschlossen ist. Wir haben einen sehr ganzheitlichen Ansatz, den Kaffeemarkt zu verändern. Bei so einem immensen Vorhaben werden wir auch immer wieder investieren müssen, um große und wichtige Schritte zu gehen. Unser Ziel ist es nicht, von Umsätzen zu leben, sondern Umsätze zu investieren. Wann wir dorthin kommen, ist stark vom vom Erfolg unseres Markteintritts und des Espresso-Produktes abhängig – ein neues Projekt, das wir noch planen. Wir gehen aber davon aus, in den nächsten fünf Jahren dort hin zu kommen.“ 

Wie lange dauert es noch, bis alle Leute die Maschinen bekommen, die sie bezahlt haben?

„Bis Ende des Jahres haben alle Unterstützer ihre Maschinen erhalten und wir können neue Geräte direkt verschicken.“

Bekommen die Leute, die ihr Geld wieder haben wollen, das auch zurück?

„Die Crowdfunding-Unterstützer, die kein Interesse an der Bonaverde Berlin haben, bekommen das Geld, das sie uns gegeben haben, zurück. Wir zahlen sie aus und verkaufen die Maschinen an neue Interessenten.“

Und sind das viele, die das wollen?

„Es waren mal 130, sind jetzt aber nur noch 71.“

In dem Video zur Crowdfunding-Kampagne kündigt Ihr an, dass es ein zweites Produkt geben soll: eine Espresso-Maschine. Was plant ihr?

„Da kann ich nicht so viel verraten. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es nicht gut ist, wenn wir zu früh zu viel über ein Produkt sagen. Sonst sieht es später anders aus als anfangs und Leute beschweren sich. Darum halten wir uns noch bedeckt. Sicher ist aber, dass es eine Espresso-Maschine geben wird. Der Vorschlag kam mehrfach von unseren Unterstützern, wir greifen ihn gerne auf. Ein weiterer Wunsch war, die Kaffeemaschine auch in einer anderen Farbe herauszubringen. In Rot. Das wollen wir bald tun.“

Danke für das Gespräch, Hans!

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Bild: Bonaverde