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Olivier Reppert ist seit 2016 Chef von Car2go.

Mit 1.400 Elektrofahrzeugen betreibt die Daimler-Tochter Car2go derzeit eine der größten elektrischen Flotten weltweit. 300.000 Kunden habe der Carsharing-Dienst in den ersten drei Städten mit vollelektrischer Flotte bislang gewinnen können, heißt es vom Unternehmen. Damit gibt Car2Go eine klare Stoßrichtung zur Energiewende vor.

Im Interview erklärt Car2Go-Chef Olivier Reppert, warum sich der Markt trotz der Zweifel lohnt und was er von der Kritik am Carsharing und den  Fusionsgerüchten mit DriveNow hält.

Olivier, wie weit seid Ihr, Eure Flotte komplett auf E-Autos umzustellen?

Wir haben Amsterdam, Stuttgart und Madrid im Programm. Vor kurzem haben wir auch noch mit der Stadt Hamburg eine Vereinbarung getroffen, bis Ende 2019 die Hälfte unserer Flotte auf Elektro umzustellen. Unser Plan ist es, ab Mitte 2018 bis Ende 2019 schrittweise die Smart-Flotte von Car2go in Hamburg zu elektrifizieren. Dies entspricht aktuell einer Anzahl von 400 Fahrzeugen und wird bei einer wachsenden Flotte entsprechend erhöht.

Werden noch weitere Städte folgen, wenn es in Hamburg gut läuft?

Ich bin der Meinung, dass wir zwangsläufig – und das ist auch gut so – peu à peu auf Elektrofahrzeuge in den Städten umstellen müssen. Mit dem Aufbau der Elektroflotte muss allerdings auch der Aufbau der Infrastruktur einhergehen. Das geht beispielsweise in Hamburg Hand in Hand mit der Stadt. Anders lässt sich das kaum umsetzen. Ich bin mir sicher, dass es in zehn Jahren auf Verbrennerbasis keine Carsharing-Aktivitäten mehr geben wird. Alle Fahrzeuge im urbanen Umfeld werden Elektro-Fahrzeuge sein.

Kürzlich sagte der Daimler-Forscher Alexander Mankowsky, Carsharing sei ein Auslaufmodell – und sorgte damit für Aufregung im Konzern. Was ist dran an seiner Aussage und was bedeutet es für Car2go? 

Aus Sicht von Daimler und Car2go ist die Mobilität der Zukunft gekennzeichnet durch mehr Flexibilität: besitzen, teilen und mieten. Wir betrachten das Thema Carsharing als eine deutliche Erweiterung des bestehenden Mobilitätsportfolios und haben das Thema ganz bewusst als eine der zentralen Säulen unserer strategischen Fokussierung CASE auf dem Weg vom Automobilhersteller zum Mobilitätsdienstleister gewählt. Auch aktuelle Studien von McKinsey, Boston Consulting und Frost&Sullivan prognostizieren dem Thema Carsharing für die nächsten fünfzehn Jahre ein dynamisches Wachstum. Bereits heute ist flexibles Carsharing aus den Metropolen kaum noch wegzudenken und wir gehen fest davon aus, dass dies auch so bleibt.

Wie sieht es bisher mit der Fahrzeugauslastung aus?

Wir haben im Geschäftsjahr 2016 die Durchschnittsauslastung jedes Fahrzeugs um etwa 40 Prozent steigern können. Das ist natürlich von Stadt zu Stadt sehr unterschiedlich. In so Städten wie Berlin waren wir schon immer sehr erfolgreich. Wir haben hier knapp 200.000 Nutzer. Aber ich bin trotzdem der Meinung, dass wir erst am Anfang stehen. Aber auch so Vollelektro-Städte wie Madrid sind erfolgreich, was die Auslastung angeht. In Madrid beispielsweise teilen sich bis zu 15 Personen am Tag ein Auto. Etwa eineinhalb Jahre nach dem Launch haben wir 163.000 Kunden allein in Madrid gewonnen.

Gibt es keinen Unterschied zwischen E-Fahrzeugen und Benzinern bei der Auslastung?

Nein, das sehen wir tatsächlich nicht. Obwohl es natürlich stimmt, dass ein E-Auto häufiger geladen werden muss. Doch je nach Größe des Gebiets, der Anzahl der Fahrzeuge und wie man sich prozessseitig organisiert, bekommt man das ganz gut hin. Dazu zählt auch, die Leute dafür zu motivieren, ein E-Fahrzeug zu laden. (Anmerkung der Redaktion: Wenn ein Kunde ab einem gewissen Ladestand in Amsterdam oder Stuttgart das Fahrzeug an die Ladesäule schließt, bekommt er zehn Freiminuten gutgeschrieben). E-Antriebe in einer Carsharing-Flotte funktionieren – so viel steht fest.

Wie viele Städte habt ihr im Angebot, welche kommen dieses Jahr noch hinzu?

Wir haben aktuell 26 Städte. Natürlich sind wir auch über die Grenzen Europas hinweg mit einer Vielzahl an Städten in Gesprächen, vor allem in Nordamerika. Wir können allerdings nicht preisgeben, welche Städte als nächstes folgen werden. Aber viele weiße Flecke bei großen Metropolen, die noch kein vollflexibles Carsharing haben, sind bereits ein Hinweis dafür, wo auch wir vertreten sein möchten.

Carsharing wird überwiegend in Großstädten angeboten. Werden auch mal kleinere Städte hinzu kommen – würde sich das wirtschaftlich lohnen?

Wir sind gerade dabei zu beweisen, dass Carsharing in Großstädten nicht nur angenommen wird, sondern auch profitabel sein kann, bei uns sind das zum Beispiel Berlin oder Wien. Wir werden von Jahr zu Jahr besser, was das Management der Flotte anbelangt. Mit dieser Optimierung der Abläufe sind wir motiviert auch in kleinere Städte zu gehen. Hierfür haben wir bereits Konzepte ausgearbeitet und befinden uns in Gesprächen mit Städten.

Door2door hat beispielsweise kürzlich seinen Sharing-Service in Freyung und Duisburg gestartet. Würde es sich anbieten, gemeinsam ein Angebot aufzubauen?

Ich würde nie eine Kooperation in diese Richtung ausschließen. Ich muss aber dazu sagen, dass wir in den vergangenen Jahren zunächst darauf konzentriert waren, die Kosten mit unserem eigenen Business zu optimieren. Das ist uns gelungen. Wenn man größer wird und skalieren will, sind Kooperationen mit anderen Dienstleistern durchaus sinnvoll, um das Maximale aus dem Business herauszuholen.

Seit einiger Zeit macht das Gerücht die Runde, dass BMW und Daimler ihre Töchter DriveNow und Car2go fusionieren wollen. Inwieweit bist Du darin involviert?

Ich glaube, es ist die Aufgabe der Journalisten, solche Gerüchte in die Welt zu setzen. Und es ist unsere Aufgabe, diese Gerüchte nicht zu kommentieren. Wir werden generell nichts dazu sagen.

Danke für das Interview, Olivier!

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Bild: Car2go