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Warum sich Chefs oft wie Eltern benehmen – und wie man da rauskommt

Im Büro verfallen Chefs oft in eine Elternrolle – und Mitarbeiter in die eines Kindes. Hier gibt eine Karriereberaterin Tipps, damit das nicht passiert.

Businesswoman yelling at businessman
Im Büro führen sich Chefs oft sehr autoritär auf – warum nur?

„Der Glaubenssatz, ‚mein Chef kann alles mit mir machen’, hat sich bei vielen Menschen eingraviert“, so Karriereberaterin Anja Faras, die außerdem als Metaltrainerin für Sportler arbeitet. Angestellte werden ihre Aufgaben oft vorgesetzt, ohne dass sie ein Mitspracherecht haben — von der Möglichkeit, eigene Ideen einbringen zu können, einmal ganz zu schweigen.

Und schlimmer noch: „Ich habe Klienten im Coaching, die von ihren Vorgesetzten auf‘s Übelste beschimpft werden und sich in einer regelrechten Eltern-Kind-Rolle befinden. Und dann wundert man sich, warum sie keine Leistung bringen, oder sogar in einen Burnout hineinrasen.“   

Eine Form des Mobbings

Wenn eine Führungskraft einem Mitarbeiter unwidersprüchliche Anweisungen gibt, ihm also jede Möglichkeit nimmt, sich einzubringen, macht sie ihn dadurch klein. Ein erwachsener Angestellter wird in eine Kinderposition gezwungen, während der Vorgesetzte sich die Elternrolle anmaßt: „Es ist eine Form des Mobbings“, so Faras.

Aus der Angst heraus, gefeuert zu werden, lassen viele das über sich ergehen. Doch das ist gefährlich, denn permanente Unzufriedenheit im Job kann psychosomatische Reaktionen hervorrufen. 

„Wer erwachsen ist, sollte immer in der Erwachsenenrolle sein und sie sich nicht nehmen lassen. Wer sich nicht traut, für sich einzustehen, seine Ansichten zu äußern und auch Kritik zu üben, verhält sich wie ein Kind. Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass sie sich in dieser Rolle befinden“, so Faras. Sie spüren zwar, dass sie mit ihrer beruflichen Situation unzufrieden sind, trauen sich aber nicht, das auch zu äußern.

Trotz, Wut, Beleidigtsein oder Hilflosigkeit, also typisch kindliche Handlungsweisen, sind häufige Reaktionen auf diese Form der Degradierung. Einige wagen immerhin den Schritt, sich einem Karriereberater anzuvertrauen.   

Katastrophendenken ohne rationale Grundlage

„Ich trau’ mich nicht“, „Ich darf das nicht“, „Ich bekomme wieder Ärger vom Chef“, sind Sätze, die Anja Faras oft von solchen Ratsuchenden hört. Doch diese Sorgen beruhen einzig und allein auf Katastrophendenken und haben keine rationale Grundlage.

Es ist dann wichtig, dass die Betroffenen in die Erwachsenenposition zurückgehen und ihre Führungskraft auf Augenhöhe ansprechen. Im Coaching wird gefragt: „Wie würdest du als erwachsene Person reagieren?“ „Dann kommt eigentlich jeder darauf: ‘Ich könnte ja genauso gut sagen, das will ich nicht. Einfach mal nein sagen“, erzählt Faras aus ihrem Coachingalltag.  

„Den Leuten das bewusst zu machen, ist nicht so schwer“, sagt sie. „Aber man kann ihnen nicht einfach sagen: ‘Jetzt benimm dich wie ein erwachsener Mensch, nimm dein Leben in die Hand, geh’ auf Augenhöhe mit deinem Chef’ und gut ist es. Das können viele nicht.“ Im Coaching üben sie dann, wie man das Thema am besten anspricht.

Spricht man die Situation an, ist Vorsicht geboten

Naheliegend wäre es, den Chef um ein Gespräch zu bitten. Doch bei dieser Formulierung sieht Anja Faras schon ein Problem: „Wenn man ‘um ein Gespräch bittet’, macht man sich dadurch schon wieder selbst klein und geht in die Kinderrolle. Man sollte stattdessen selbstbewusst fragen, ob die Führungskraft eine halbe Stunde Zeit hat, weil man ein Anliegen hat.“

In dem Gespräch ist es wichtig, den Chef nicht anzugreifen. Denn man muss über eines im Klaren sein: Auch dem Chef ist nicht bewusst, dass er sich in der Elternrolle befindet und belehrend auftritt.

Faras empfiehlt, sich zum Gesprächsauftakt immer „das Ja abzuholen“. Das heißt, dass man den Gesprächspartner auf das hinweist, was vorgefallen ist, und es sich von ihm bestätigen lässt. Man sagt zum Beispiel: „Sie haben mich gerade angeschrien“ und der Chef sagt: „Ja, das stimmt.“ Dann schildert man, was das Vorgefallene in einem ausgelöst hat, zum Beispiel mit den Worten: „Das hat mich wütend gemacht.“

Diese Aussage sollte man sofort mit seinen Werten und Überzeugungen erläutern, zum Beispiel: „Weil mir Wertschätzung sehr wichtig ist.“ Anschließend sollte man sagen, was man sich für die Zukunft wünscht: „Ich möchte gerne, dass Sie in der Zukunft mit mir wertschätzender umgehen.“

Lektion in Sachen gewaltfreier Kommunikation

Dabei ist es besonders wichtig, nur von der eigenen Wahrnehmung zu sprechen, und keine Tatsachenbehauptungen aufzustellen. „Das ist gewaltfreie Kommunikation“, erklärt Faras. „Man greift den Gesprächspartner überhaupt nicht an, geht nicht sofort in die Konfrontation.

Man unterstellt dem anderen auch nicht, er habe etwas falsch gemacht, da man ja nur seine eigenen Gefühle anspricht.“ Wenn man dem Vorgesetzten nur sagt, was man empfunden hat und was man sich wünscht, kann er das nicht als Attacke werten. Man geht auf Nummer Sicher.  

Dieser Artikel erschien zuerst auf Business Insider Deutschland.

Bild: Getty Images/Jetta Productions/Walter Hodges