Warum Startups ihre Kunden besuchen sollten Steli Efti

Ein Beitrag von Steli Efti, Mitbegründer und Geschäftsführer von Close.io – einer App, die Gründern und Verkaufsteams dabei hilft, mehr zu verkaufen.

Wenige Startups besuchen ihre Kunden

In der Startup-Szene wird oft darüber geredet, wie wichtig es ist, Kunden regelmäßig zu besuchen, und einen guten Draht zu ihnen zu haben. Doch wenn man Gründer dann fragt: „Wann hast Du zum letzten mal einen Deiner Kunden besucht?”, sieht die Antwort meistens anders aus.

Mit den Kundenbesuchen verhält es sich ähnlich wie mit Sport machen oder gesunder Ernährung: Jeder weiß, man sollte es tun, doch nur wenige tun es tatsächlich. Und auch wir waren in dieser Hinsicht nicht viel besser: Wir haben Close.io im Januar 2013 gegründet. Unsere ersten Kunden haben wir im Mai 2014 besucht – mehr als ein Jahr später!

Vier gute Gründe, weshalb Startups ihre Kunden besuchen sollten

Es gibt viele gute Ausreden, warum Gründer Kundenbesuche aufschieben:

  • Es kostet so viel Zeit einen Kunden zu besuchen.
  • Wenn ein Kunde nicht Hunderttausende von Euros an Umsatz bringt, rechtfertigt das wirklich den Aufwand?
  • Haben wir als Startup nicht mehr davon, uns auf Kundenakquise und Produktentwicklung zu fokussieren, anstatt Kunden zu besuchen, die uns sowieso schon bezahlen?

Um diese kritischen Stimmen verstummen zu lassen, hier vier gute Gründe, weshalb Kundenbesuche die Kosten und Mühen doch wert sind:

1. Motivation

Wenn Du siehst, wie Leute Deine Software nutzen, und wie diese ihren Arbeitsalltag erleichtert, ist das unglaublich inspirierend und anspornend. Es lädt Deine Batterien wieder auf. Im stressigen Alltag eines Startups übersieht man die wichtigen Dinge nur allzu leicht. Man verliert aus den Augen, worum es wirklich geht: anderen Menschen dabei zu helfen, Probleme besser zu lösen, Ziele leichter und schneller zu erreichen.

Obwohl wir tagtäglich Feedback von unseren Kunden bekommen – über Chats, E-Mails und Telefonate – so ist es doch etwas ganz anderes, mit eigenen Augen vor Ort zu erleben, welchen Einfluss Deine Software auf andere hat. Denke daran: Die Moral und der Enthusiasmus des Teams ist eine der wertvollsten Ressourcen eines jeden Startups.

2. Kontext

Deine Kunden sind mehr als die Summe der Klicks in Deiner Software. Selbst wenn Du die tollsten Analyse-Features hast, und sämtlichem Kundenfeedback Deine Aufmerksamkeit schenkst, so ist es doch etwas anderes, das Ganze in Real-Life zu erleben.

  • Wie genau nutzen Deine Kunden Deine Software?
  • Was geschieht um sie herum?
  • Was ist sonst noch auf ihrem Bildschirm?
  • Wie sieht ihr Arbeitsplatz aus?
  • Welche Headsets/Stühle/Tische benutzen sie?
  • Welche anderen Programme und Apps sind aktiv?
  • Welche kleinen Tricks haben sie sich einfallen lassen, um noch produktiver mit Deiner Software zu arbeiten?
  • Was bereitet ihnen Freude und Frustration, während sie mit Deiner Software arbeiten?

Du kannst im Vorfeld nie genau wissen, worauf Du achten sollst – doch wenn Du Deine Kunden besuchst, werden Dir viele Dinge auffallen. Hier zwei konkrete Beispiele:

Ein besseres Dashboard

Einer unserer Kunden hatte einen Fernseher mit unserer Reporting-Seite an der Wand hängen. Auf dem großen Fernsehbildschirm sah das jedoch nicht sonderlich gut aus. Als ich das sah, erinnerte ich mich daran, dass einer unserer Entwickler bereits an einer besseren Darstellung im Vollbildmodus gearbeitet hatte. Ich schickte ein Foto davon an den Kollegen, und eine Stunde später war das neue Feature live. Unser Kunde war begeistert, und unser Produkt ein kleines bisschen besser.

Das einfache Handbuch

Einer unserer Kunden hatte ein Handbuch erstellt. Es war das perfekte Handbuch für die Art und Weise, wie sie unsere Verkaufsplattform nutzten, und innerhalb von ein paar Minuten konnte jeder im Team dieses Handbuch durchlesen, und wusste genau, wie sie unsere Software nutzen konnten. Wir schossen einige Fotos davon und erstellten daraus eine Vorlage, die wir nun allen unseren Kunden zur Verfügung stellen.

3. Beziehungen aufbauen

Nichts kann eine tatsächliche zwischenmenschliche Begegnung ersetzen. E-Mail, Chats, Skype, Telefonate – all das ist wirklich hilfreich. Doch nichts verbindet so, wie mit anderen Menschen im gleichen Raum zu sein. Es stärkt den Bund zwischen beiden Seiten. Wenn ein Kunde, den wir schonmal getroffen haben, einmal Hilfe braucht, werden wir motivierter sein, ihm zu helfen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass auch er unserer Software seit unserer Begegnung treuer ist.

4. Tiefere Einblicke

Wenn Du Kunden besuchst, bekommst Du ein viel besseres Verständnis für die internen Vorgänge, Pläne und Initiativen der Firma, und wie Entscheidungen getroffen werden.

Upgrade von Basis zu Business

Einer unserer Kunden war in unserem Basis-Plan. Das heißt, er konnte die Software zum Verkaufen mit E-Mails nutzen, nicht jedoch zum Telefonieren. Jedoch tätigte er jeden Tag viele Verkaufstelefonate. Das gefiel uns gar nicht – denn den Dienst nur für E-Mails zu benutzen, wenn man zugleich viele Verkaufstelefonate über eine andere Firma führt, ist ungefähr so, wie einen Porsche mit angezogener Handbremse zu fahren.

Wir wollten dem Geschäftsführer der Firma das Upgrade verkaufen – doch der wehrte ab: „Keine Chance, wir werden euren Dienst nicht zum Telefonieren nutzen.” Der Grund? Im Frühjahr 2014 war die Telefonfunktion unserer Software für einige Stunden ausgefallen. Der Gründer wollte nie wieder in solch eine Situation geraten.

Dann fragten wir den Manager des Verkaufsteams nach seiner Meinung. „Natürlich! Ich würde liebend gerne wieder mit eurer Software arbeiten, das würde die Arbeit unserer Verkaufsleute deutlich einfacher machen.“ Wir brachten ihn dazu, sich für ein Business-Upgrade einzusetzen – und tatsächlich gelang es ihm.

Wie Du erfolgreich einen Kundenbesuch durchführst

Hoffentlich bist Du jetzt ausreichend motiviert, um tatsächlich Deine Kunden zu besuchen. Doch was wirst Du ihnen sagen? Worüber wirst Du mit ihnen sprechen? Wie bereitest Du Dich vor?

Den Termin vereinbaren

Vereinbare den Besuch mit dem Geschäftsführer – auch wenn das nicht notwendigerweise die Person ist, mit der Du die meiste Zeit verbringen wirst. Verbringe stattdessen die meiste Zeit mit den Leuten, die Deine Software nutzen, und der Person, welche sie managt.

Worüber sprichst Du mit ihnen?

  • Sprich anfangs über ihr und euer Geschäft im weitesten Sinne. Dann lenke das Gespräch auf spezifischere Themen, und wie genau der Kunde Dein Produkt benutzt.
  • Sei sowohl ein Schüler wie auch ein Mentor. Lerne so viel wie möglich über den und von dem Kunden, und finde Möglichkeiten, ihm mit kompetentem Rat zur Seite zu stehen.
  • Bitte sie, ihre Ziele detailliert zu beschreiben.
  • Wie genau setzen sie Deine Software ein? Was sind die genauen Arbeitsschritte? (Am besten ist es, wenn Du ihnen beim Arbeiten über die Schulter schauen kannst).
  • Welche Probleme haben sie?
  • Welche Funktionen wünschen sie sich, die es noch nicht gibt?
  • Was mögen sie?
  • Was stört sie?
  • … und so weiter.

Empfehlungen

Ein Kundenbesuch ist immer auch eine gute Gelegenheit, um nach Empfehlungen zu fragen – und den Kunden an andere zu empfehlen! Wen kennst Du, mit dem der Kunde sprechen sollte, sei es als potenzieller Kunde, Partner, Berater, Journalist oder Investor?

Hast Du schonmal einen Kunden besucht? Wenn ja, welche Lehren hast Du daraus gezogen? Teile Deine Erfahrungen gern als Kommentar.

Bild: © panthermedia.net / Lee Serenethos