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Elf lange Minuten rätselte die ganze Welt, was passiert war. „Diese Seite existiert nicht“, meldete Twitter beim Aufrufen des derzeit wohl wichtigsten Twitter-Accounts der Welt, der von US-Präsident Donald Trump.

Der offizielle Kanal @POTUS war weiterhin aufrufbar, der einst private Account @realdonaldtrump jedoch, den Trump hauptsächlich nutzt, war verschwunden. Im World Wide Web brach sofort das große Rätseln aus.

„Wait, what?“, twitterte MSNBC-Moderator Nick Hayes und fasste damit wohl treffend zusammen, was Journalisten, Trump-Follower und andere Twitter-Nutzer dachten.

„Hörbares Luftschnappen“, auch bei CNN-Reporterin Saba Hamedy:

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich der Screenshot der nicht existenten Seite durch die sozialen Netzwerke. „Es war alles nur ein Traum“, hoffte ein Nutzer. „Ich überlebte den Trump-Twitter-Ausfall“, kommentierte ein anderer, leicht ironisch in Bezugnahme auf die typischen „Survival“-Shirts.

Nach elf Minuten erschien die Seite dann wieder – und Trump twitterte weiter, als wäre nichts geschehen, in diesem Fall über seine Steuerpläne.

Quasi zeitgleich löste Twitter auf, was hinter dem Ausfall steckte. Ein Twitter-Mitarbeiter habe den Trump-Account „aus Versehen deaktiviert“. Es handele sich um „menschliches Versagen“:

Man untersuche nun, was passiert sei, und werde Vorkehrungen treffen, damit so etwas nicht wieder passieren könne, fügte das Unternehmen hinzu.

Wenig später bekam die Geschichte aber eine ganz andere, sehr brisante Note. Twitter ließ eine weitere Erklärung folgen: Man habe durch die Untersuchung herausgefunden, dass ein Mitarbeiter des Twitter-Kundendienstes den Trump-Account an seinem letzten Arbeitstag deaktiviert habe. Ein umfangreicher interner Report sei in Arbeit.

An Trump hängt viel für Twitter

Trump ist für Twitter inzwischen nicht mehr nur ein Nutzer, sondern ein echter Wirtschaftsfaktor. Seine Tweets bewegen Millionen, die Finanzmärkte und Experten befürchten gar, dass sie außenpolitische Folgen haben könnten, wenn er unreflektiert über den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un twittert und ihn einen „kleinen Raketenmann“ nennt.

Würde Trump Twitter tatsächlich einmal verlassen oder aufhören zu twittern, könnte das Unternehmen ein Fünftel seines Marktwertes verlieren, zwei Milliarden Dollar, prognostizierte James Cakmak, Analyst bei der Investmentgesellschaft Monness Crespi Hardt, im August gegenüber Bloomberg. Es gäbe einfach keine bessere Gratiswerbung als den Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Doch bei all der Aufmerksamkeit gibt es auch negative Auswirkungen. So wird Twitter vorgeworfen, dass es, ginge es nach den vom Unternehmen selbst aufgestellten Kommunikationsregeln, den Account von Donald Trump tatsächlich schon längst hätte abschalten müssen.

Tatsächlich bricht Trump eine Reihe der Etiketteregeln: Er retweetet gelegentlich sogar antisemitische Memes. Der US-Präsident brüstet sich gern damit, das soziale Netzwerk für sich zu instrumentalisieren. Seine Botschaften sind im Tonfall oft aggressiv bis schwer beleidigend, gern beschimpft er via Twitter seine politischen Gegner oder ihm unliebsame Medien.

Protest am letzten Arbeitstag

Trotz allem lässt Twitter ihn gewähren – mit Verweis auf den „Nachrichtengehalt“. Das wirkt allerdings wie ein vorgeschobener Grund, denn bei anderen – und für Twitter weniger wichtigen – Nutzern gilt dieses Argument offenbar nicht. Es ist also durchaus möglich, dass einem Mitarbeiter diese Voreingenommenheit ein Dorn im Auge war – und seinen Protest drückte er am letzten Arbeitstag durch die Deaktivierung aus.

Dass die öffentliche Reaktion auf den Ausfall so stark ausfiel und die Reaktion von Twitter sofort erfolgte, kommt also nicht von ungefähr. Trump hat inzwischen mehr als 41 Millionen Follower – und täglich kommen mehr hinzu.

Trump selbst hat einmal erklärt, Twitter sei der beste Weg, um seine Botschaften ungefiltert zu verbreiten, weil die „Fake News“-Medien nur negativ über ihn berichten würden. Selbst Parteifreunde raten ihm indes immer wieder, seinen Account ruhen zu lassen oder weniger zu twittern.

Für Twitter wäre eine solche Entscheidung allerdings ein zweischneidiges Schwert.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Gage Skidmore/Wikimedia