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Passende Wassertemperaturen einstellen, zum Beispiel für Babynahrung, geht bei der Mitte-Anlage per Smartphone.

Das Versprechen des Berliner Startups ist vollmundig. Das „gesündeste und sauberste Mineralwasser der Welt“ liefere ihre Aufbereitungsanlage für den Küchentisch. Mitte, so der Name der Anlage, befreit Wasser per Destillation zunächst von sämtlichen Zusatzstoffen, etwa von Bakterien oder Nitraten. Das reine H2O, das durch Erhitzen, Verdampfen und Kondensation entsteht, durchläuft anschließend verschiedene Gesteinsschichten, die sich in einer Kartusche befinden. Je nach Art der Kartusche reichert diese das Wasser mit verschiedenen Mineralien an, darunter Calcium und Magnesium. Das Ergebnis ist Tafelwasser.

Gesteuert wird Mitte über eine App. Mit ihr lassen sich Ausgabemenge und Wassertemperatur einstellen. Doch die Aufbereitung braucht Zeit: für vier Liter etwa acht Stunden. Auf Kickstarter konnte das Startup bisher rund 620 Unterstützer von seiner Maschine überzeugen – und etwa 200.000 Euro einsammeln. Das Finanzierungsziel, das bereits 30 Stunden nach Kampagnenstart überschritten wurde, lag bei 75.000 Euro. Die Auslieferung an die Unterstützer ist für Januar 2018 geplant. Ab April 2018 sollen die Maschinen dann regulär bestellt werden können – für stolze 399 Euro pro Stück. Die Kartuschen mit einem Durchlaufvermögen von 400 Litern sollen zwischen 40 und 50 Euro kosten.

2016 gegründet, stiegen kurz nach dem Start der VC Atlantic Food Labs und Doehler Ventures bei Mitte ein. Insgesamt stecken 2,4 Millionen Euro Seed-Kapital in dem Wasser-Startup. Wir haben mit Mitte-CEO Moritz Waldstein-Wartenberg über die Wasseranlage gesprochen.

Moritz, kein anderes Lebensmittel in Deutschland wird so streng kontrolliert wie Trinkwasser. Wieso sollte ich da mehrere hundert Euro für eine Maschine zahlen, die es aufbereitet?

Es stimmt, dass deutsches Leitungswasser im internationalen Vergleich sehr sauber ist. Aber auch hier sind unerwünschte Stoffe drin. Zum Beispiel hormonelle Rückstände oder Mikroplastik. Einige Menschen haben außerdem noch Bleirohre in ihren Häusern. Wir in unserem Büro auch.

Ist Deutschland dann überhaupt ein passender Markt für Euch?

Ja, weil Mineralwasser in Flaschen hier ein Riesenthema ist. Über 140 Liter Mineralwasser trinken wir pro Jahr, vor allem aus umweltschädlichen Plastikflaschen. Tatsächlich liegt unser Hauptaugenmerk aber auf den USA, wo es in einigen Bundesstaaten nicht empfehlenswert ist, aus dem Wasserhahn zu trinken. Das ist auch in anderen Regionen der Welt so. Etwa in Indien oder China.

In Indien sollte man sich mit Leitungswasser nicht einmal die Zähne putzen. Wenn es durch Eure Maschine gelaufen ist, könnte ich es aber bedenkenlos trinken?

Natürlich. Mitte funktioniert unabhängig von der Qualität des eingefüllten Wassers oder dem Verschmutzungsgrad. Das Potenzial in Indien ist übrigens gewaltig. Dort haben bereits viele Haushalte Reinigungsgeräte, die mit Umkehrosmose oder Aktivkohle arbeiten, aber nicht alle Schadstoffe entfernen. Zudem wird bei diesen Produkten das Wasser nur gereinigt, aber es werden auch gesunde Mineralien entfernt. Wir arbeiten schon an einer billigeren Version von Mitte für Entwicklungs- und Schwellenländer.

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Die Mitte-Gründer Dr. Faebian Bastiman (links) und Moritz Waldstein-Wartenberg

Was unterscheidet Euch ganz konkret von diesen bestehenden Geräten – oder einfachen Brita-Wasserfiltern?

Der Unterschied ist, dass sich unsere Maschine nicht nur um die Reinigung kümmert, sondern aus dem gereinigten Wasser gesundes, mit Mineralien angereichertes Wasser macht. Derzeit am Markt erhältliche Wasserfilter nehmen Stoffe wie Kalk oder Chlor heraus, geben aber keine Inhaltsstoffe zurück. Die Qualität eines gefilterten Glases Wasser hängt also immer vom Standort ab. Wenn du grob kontaminiertes Wasser filterst, ist das Resultat ein anderes als bei weichem Input-Wasser. Mit uns ist das anders: Egal welches Wasser in die Maschine reinkommt, wir können immer die gleiche Qualität herstellen. Ein Vorteil ist auch, dass das Reinigungselement in der Anlage nie ausgetauscht werden muss. Unser Angebot ist auch patentierbar und für unsere Reinigungselemente, die Mineralkartuschen und einige weitere Teile haben wir europaweite Patente angemeldet.

Ihr habt angekündigt, die Geräte im April 2018 auszuliefern. Wo werden sie produziert?

Wir arbeiten mit einem Hersteller in Shenzen in der Nähe von Hongkong zusammen, der auf Getränkemaschinen spezialisiert ist und auch Geräte für Illy oder Lavazza produziert.

Wenn man nach dem Erfolg Eurer Kickstarter-Kampagne geht, ist die Nachfrage nach Eurer Anlage ja recht groß. Habt Ihr Angst, dass es zu Produktionsengpässen kommen könnte?

Im Gegenteil. Je höher das Volumen, desto professioneller werden die Montagestrukturen. Wir sind uns ziemlich sicher, dass wir das hinbekommen. Kernherausforderung wird eher sein, jedes Teil und Designelement reif für die Massenproduktion zu machen. Daran arbeiten wir gerade intensiv. Zwei Kollegen sind momentan vor Ort, um mit den chinesischen Ingenieuren sicherzustellen, dass wir unsere Zeitleiste einhalten können.

Getränkeautomaten für Zuhause liegen momentan im Trend – zumindest auf Herstellerseite. Denn in den USA sind die Saftpresse Juceiro und die 1.000-Dollar-Teemaschine Teforia zuletzt mit großem Knall gescheitert. Auch bei den Machern der Kaffeemaschine Bonaverde lief es in der Vergangenheit nicht immer rund. Was wollt ihr besser machen?

Hardware kostet viel Geld, und wir haben uns mit guten Investoren eine solide finanzielle Basis verschaffen können, ohne „zu viel Geld“ zu haben. Die Amerikaner hingegen haben in kurzer Zeit enorm hohe Summen eingesammelt, ohne dabei eine überzeugende oder produktionsreife Maschine zu haben. Ich glaube, das ist der Kernunterschied zu uns. Wenn man wie wir mit geringeren Investmentsummen auskommen muss, bringt das einen dazu, jede Schraube zu hinterfragen. Alles muss möglichst effizient sein. Außerdem waren Juicero und Teforia eher in Nischenmärkten unterwegs, indem sie hochpreisige Säfte und Tees verkauft haben. Weil ein Liter Wasser bei uns eben nicht mehrere Dollar oder Euro, sondern wenige Cent kostet, kann es preislich mit dem abgepackten Supermarktwasser mithalten und nicht nur eine billigere, sondern auch eine nachhaltige Alternative bieten. Wasserflaschen sind ein Milliardenmarkt. Und eine riesengroße Umweltschweinerei.

Moritz, danke für Deine Zeit.

Bild: Mitte; Update: In einer früheren Version des Artikels hieß es, bei Bonaverde scheine es derzeit „nicht rund zu laufen“. Das Startup verweist diesbezüglich auf „Tausende Maschinen“, die aktuell ausgeliefert würden. Die Formulierung in der letzten Frage wurde angepasst.