Eine Analyse von Heinz-Roger Dohms, Finanz-Szene.de

Verbrennen die Fintechs gar kein Geld mehr? Sind sie urplötzlich allesamt profitabel? Wer die Schlagzeilen der vergangenen Tage verfolgt hat, konnte diesen Eindruck durchaus gewinnen. „N26 mit schwarzen Zahlen“, war zu lesen, „Auxmoney erreicht im zweiten Halbjahr 2017 Profitabilität“, lautete eine Überschrift, und selbst Revolut – das britische Fintech mit den angeblich mehr als 100.000 Kunden allein in Deutschland – tat kund, den Break-Even erreicht zu haben. Höchste Zeit, mal ein bisschen Ordnung in die Sache zu bringen. Welche Fintechs verdienen tatsächlich schon Geld? Welche tun nur so? Bei welchen ist es eine Definitionsfrage? Und wo sind die Dinge, warum auch immer, einfach nur ein bisschen durcheinander geraten? Ein Überblick (der naturgemäß nicht vollständig ist), erstellt vom Branchen-Newsletter Finanz-Szene.de:

1.) Tiefschwarz

… sind selbstverständlich die großen Ur-Fintechs:

  • Check24: Das Vergleichsportal machte im Geschäftsjahr 2015/16 rund 500 Millionen Euro Umsatz. Das Ebitda dürfte im niedrigen zweistelligen Prozentbereich gelegen haben (also bei mindestens 50 Millionen Euro)
  • Hypoport: Der Berliner Baugeldvermittler hat Ende vergangener Woche seine vorläufigen Zahlen für 2017 bekanntgegeben. Das Ebit lag demnach bei rund 23 Millionen Euro
  • Interhyp: Der Münchner Baugeldvermittler kam 2016 auf ein Ebit von 67,7 Millionen Euro
  • 360T: Wenn wir uns im Geflecht aus Konzerngesellschaften, Gewinnabführungsverträgen usw. nicht verheddert haben, dann dürfte die Devisenplattform im letzten vollständigen Geschäftsjahr vor der Übernahme durch die Deutsche Börse (sprich: in 2014) einen operativen Gewinn im Umfang von rund 20 Millionen Euro erwirtschaftet haben
  • Wirecard: Hat nach vorläufigen Angaben das Ebitda 2017 um rund ein Drittel auf fulminante 412,2 Millionen Euro gesteigert (wobei hinzugefügt sei, dass es Kritik an der  Bilanzierung von Wirecard gibt).

2.) Frischschwarz

… scheinen eine ganze Reihe von Payment-Fintechs zu sein – und zwar auch solche, die noch gar nicht so alt sind:

  • Billpay: Der 2009 gegründete, auf Rechnungskauf spezialisierte E-Payment-Spezialist hat 2016 einen Jahresüberschuss von 1,3 Millionen Euro erwirtschaftet (und wurde kurz darauf für angeblich 70 Millionen Euro von Klarna übernommen)
  • Ratepay: Ging ebenfalls 2009 an den Start, macht im Grunde dasselbe wie Billpay, wurde im vergangenen Jahr ebenfalls übernommen (und zwar von den Finanzinvestoren Bain und Advent, die Ratepay bei Concardis integrieren wollen) – und wies im Geschäftsjahr 2016/2017 zumindest einen homöopathischen Überschuss von gut 80.000 Euro aus
  • Sum-up: Auch der 2011 gegründete britisch-deutsche Spezialist für Karten-Lesegeräte arbeitet nach eigener Aussage profitabel. Nachvollziehen lässt sich das aufgrund der komplexen Firmenarchitektur zwar nicht, es klingt nach allem, was aus dem Markt zu hören ist, aber plausibel.

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3.) Mattschwarz

… sind einige B2B-Fintechs, die – weil sie kein Endkundengeschäft betreiben – als reine Technologiedienstleister mit überschaubarem Marketingbudget auskommen:

  • Fino: Das 2015 gegründete Fintech arbeitet nach eigenen Angaben „seit dem dritten Monat profitabel“. Überprüfen lässt sich die Aussage mangels veröffentlichtem Jahresabschluss zwar noch nicht. Plausibel klingt das Ganze aber trotzdem – denn die anfangs auf Kontowechsel-Service spezialisierte Kasseler Firma kam mit einem quasi fertigen Produkt auf den Markt und verfügte recht früh über einen beachtlichen Kundenstamm
  • Fincite: Das Mühlheimer Finanz-Startup – spezialisiert auf den Bau von Tools für Banken und Vermögensverwalter – hat 2017 (wie auch schon 2016) einen sechsstelligen Überschuss erwirtschaftet

4.) Grauschwarz

… ist allem Anschein nach …

  • Auxmoney: Im dritten und vierten Quartal hat der Marketplace-Lender nach eigenen Angaben profitabel gearbeitet, gut möglich, dass das Düsseldorfer Fintech in diesem Jahr auch erstmals auf 12-Monats-Basis schwarze Zahlen ausweist

5.) Schwarz wie der Tag

… dürften allen Jubelmeldungen zum Trotz weiterhin die meisten deutschen Fintechs sein – was per se ja aber gar nicht schlimm ist. Das gilt entgegen anders lautender Meldungen unserer Ansicht nach auch für …

  • N26: Die Berliner Smartphone-Bank verbrennt zwar erstaunlich wenig Kapital – allerdings verbrennt sie natürlich trotzdem welches. Wir gehen davon aus, dass die Verluste 2017 höher waren als die für 2016 ausgewiesenen 14,7 Millionen Euro. Warum vergangene Woche trotzdem überall zu lesen war, N26 sei jetzt schwarz? Weil die „dpa“ eine Aussage von Gründer Valentin Stalf sehr steil interpretiert und praktisch alle Medien die Interpretation 1:1 übernommen hatten. Das Statement lautete: „Heute verdienen wir mit jedem Kunden Geld“ (was etwas anderes ist als „Wir schreiben schwarze Zahlen“)
  • Smava: „Wir sind profitabel“, erklärte der Chef des Kredit-Vergleichsportals, Alexander Artopé, im September im „Handelsblatt“. Einen Beleg für diese Aussage blieb er gegenüber „Finanz-Szene.de“ schuldig, auch bei der Definition, was er mit „Profitabilität“ genau gemeint hat (bzw.: um welchen Zeitraum es womöglich ging), blieb Artopé vage. Trotzdem: Daran, dass die Berliner wachsen, gibt es eigentliche keine Zweifel, und auch die Marketingausgaben scheint Smava im Griff zu haben. Nicht auszuschließen, dass der Vergleichs-Spezialist seine Behauptungen demnächst auch mal mit nachprüfbaren Zahlen unterfüttert.

Auch der jüngste Podcast des „Paymentandbanking“-Blogs befasst sich mit dem Thema „Schwarze Fintechs“.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Finanz-Szene.de.

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