SoundCloud-CEO Alex Ljung
SoundCloud-CEO Alex Ljung musste sich kritischen Fragen stellen

Mike Butcher macht keine Gefangenen: „Wie fühlst du dich? Du hast gerade halb Berlin gefeuert“, fragt der TechCrunch-Journalist den Mitgründer von SoundCloud, Alex Ljung, der ihm auf der Bühne des Tech Open Air (TOA) in Berlin gegenübersitzt. Die Musikplattform hat gerade 173 Mitarbeiter entlassen, rund 40 Prozent der Belegschaft, und zwei ihrer vier Standorte geschlossen. Doch an Ljung kommt Butcher auch mit der Brachialtaktik nicht ran.

Der SoundCloud-CEO gibt gern mal eher schmallippige Interviews. Seine Firma hantiert in der Öffentlichkeitsarbeit seit rund drei Jahren mit den gleichen Nutzerzahlen und will das auch auf wiederholte Nachfrage nicht begründen. Und auch an diesem Mittwochnachmittag im Berliner Funkhaus redet der Gründer zwar fast 30 Minuten lang, sagt aber mal wieder: nichts. Zumindest nichts, was man gern gewusst hätte.

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Es sei eine „sehr sehr traurige Zeit, vor allem für sie“, sagt Ljung mit Blick auf die entlassenen Mitarbeiter. Der Schritt sei teil einer „geringfügigen Veränderung unserer Strategie“, die schon damit begonnen habe, dass SoundCloud ab einem gewissen Punkt in der jüngeren Vergangenheit keine neuen Mitarbeiter mehr angeheuert habe. „Jetzt ist die Zeit, mehr Kontrolle über unseren Weg in die Profitabilität zu bekommen“, so Ljung auf der TOA-Bühne.

Höchste Zeit möchte man angesichts der nach wie vor miserablen Geschäftszahlen sagen. Die lässt Ljung sich zwar von Butcher vorbeten, kommentiert sie aber nur damit, dass man „herauszoomen“ und „das gesamte Bild betrachten“ müsse. SoundCloud sei eine der größten Musikplattformen, „mit mehr Künstlern als alle anderen“, und habe zuletzt auf Platz 20 der meistheruntergeladenen Apps im US-AppStore gestanden. Das sei ja wohl ein Zeichen von Wachstum! Ob und wie sich dieses in den Nutzerzahlen oder der Resonanz für das Bezahlangebot SoundCloud Go niederschlägt, bleibt auch heute unbeantwortet.

Was denn aus all den Kaufinteressenten geworden sei, von denen man so viel gehört habe, will Butcher noch wissen. Gab es ein Angebot von Deezer, von Spotify, von Google? Mehrmals setzt der Journalist an, immer antwortet Ljung fast wortgleich: „Ich baue ein starkes und unabhängiges Unternehmen, das unglaublich wichtig für die Musikkultur ist.“ Kein weiterer Kommentar.

Wichtig für die Musikkultur seien auch schon andere gewesen, wendet Butcher ein: „Wie wollt ihr verhindern, das nächste Napster oder MySpace zu werden?“ Ein „total unfairer Vergleich“, findet Ljung. Der Maßstab, in dem SoundCloud operiere und seine Bedeutung für Künstler und Fans sei bereits sehr viel größer als bei diesen beiden untergegangenen Plattformen. „Und gerade sind wir eben dabei, die wirtschaftliche Maschine drumherum zu bauen.“

Nur wie, das fragt man sich nach Alex Ljungs Auftritt auf dem TOA immer noch.

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