Windeln.de-Börsengang

Windeln.de musste viel Kritik für seinen IPO einstecken – und einige Schadenfreude, als der Börsenkurs erst einmal sank („das ging in die Hose“). Zu hoch angesetzt sei der Ausgabepreis der Aktien aber nicht gewesen, sagt Mitgründer Konstantin Urban: „Wir waren überzeichnet.“ Er erklärt im Gründerszene-Gespräch, warum der Börsengang der richtige Schritt für seine Firma gewesen ist – und überlegt, ob der Zeitpunkt wohl richtig gewählt war.

Konstantin, warum der IPO?

Wir wollen Windeln.de nach Europa bringen, denn unser Geschäft gibt es da so noch nicht. Dafür braucht man Geld. Das kann man mit Finanzierungsrunden einsammeln, die aber sehr viel Zeit kosten. Seit unserer Gründung haben wir pro Jahr eine Runde gemacht und das hat jedes Mal um die vier Monate Vorbereitung in Anspruch genommen, bis die Verträge mit den Investoren unterzeichnet waren. Mit dem IPO hatten wir nun ein Mal sehr viel Arbeit – aber jetzt ist auch erst einmal Ruhe.

Es gibt noch wichtige Nebeneffekte: Wir haben jetzt einen professionellen Aufsichtsrat, keinen Beirat mehr, in dem unsere Investoren häufig sehr kontrovers diskutiert hatten. Weiterhin haben wir mit den Aktien eine neue Währung, mit der wir Anteile abgeben und Geld einnehmen können.

Was ist Dein wichtigstes Learning aus der Vorbereitung auf den Börsengang?

Du musst Dein formales System und Dein Reporting im Griff haben. Und Du brauchst jemanden, der das Ganze steuern kann – das war bei uns vor allem Alexander Brand. Insgesamt sechs Leute haben sich um den Papierkram gekümmert. Zum Teil gab es 120 Mails am Tag allein von den Banken und Rechtsanwälten verschiedener Kanzleien, mit denen wir zusammen gearbeitet haben.

Alex hat den Prozess mit Brachialgewalt durchgezogen und war höchst effektiv. Als wir bei einem Meeting im Januar den IPO beschlossen haben, setzten wir den 8. Mai als Datum fest. Dank unseres IPO-Teams haben wir danach jede gesetzte Marke eingehalten oder sogar gerissen. Allerdings war auch unsere Due Diligence durch unsere früheren Finanzierungsrunden bereits sehr gut. Wir verfügen von Anfang an über ein ERP-System und alle Unterlagen in digitaler Form. Wichtig ist schließlich noch, dass das Team so aufgestellt ist, dass die Gründer auch mal weg sein können und das Geschäft trotzdem läuft. Wir mussten schließlich auf Road Show gehen und Banken und Investoren dazu bringen, Aktien zu zeichnen. Dabei ist entscheidend, dass man die Leute in einer halben Stunde davon überzeugen kann, beim IPO zu zeichnen.

Und das wichtigste Learning aus der Zeit danach?

Nun, die Welt ist jetzt nicht anders als zuvor. Ob ich mich gegenüber den privaten Investoren oder unseren Shareholdern verantworten muss – der Druck ist gleich hoch. Wir haben aber gesehen, dass sich der Börsenkurs von der tatsächlichen Unternehmensentwicklung entkoppeln kann.

Warum?

So genau möchte ich darauf gar nicht eingehen, da keiner so genau weiß, woran das liegt. Wir haben alle Unternehmensziele erreicht, dennoch ist der Aktienkurs gesunken. Es scheint da ein Muster zu geben, denn genauso war es bei Zalando und Rocket. Das ist natürlich schlecht für deutsche Tech-IPOs! Investoren werden lieber mit dem Zeichnen warten und darauf hoffen, später billiger Aktien kaufen zu können. Wir werden jedenfalls alles tun, damit der Kurs wieder steigt.

Seid Ihr denn zum richtigen Zeitpunkt an die Börse gegangen?

Genau kann man das wohl erst rückblickend in zwei Jahren sagen. Momentan ist es eine gute Zeit, um private Runden zu machen. Bei dem Markt weiß man nie, wie er sich entwickeln wird. Dann wiederum ist es müßig, sich diese Frage zu stellen. Wir haben 100 Millionen Euro mit diesem Börsengang eingenommen – so, wie wir es wollten. Nun liegt es an uns, damit unsere weiteren Ziele zu erreichen.

Es hängt aber auch davon ab, ob die Börse an unseren Wachstumskurs glauben wird. Wir wollen jetzt europäische Märkte zumachen, dafür braucht man Kapital und das schlägt zunächst auf die Profitabilität. Das ist in Deutschland immer ein Problem, da sich alle nur auf kurzfristige Profitabilität fokussieren. In den USA ist die Mentalität ganz anders. Dort verstehen Investoren, dass Wachstum wichtig ist. Heute haben Firmen nicht mehr so viel Zeit wie in den 70ern, um sich erst entwickeln zu können und irgendwann einmal zu expandieren. Die Kernmärkte müssen schnell besetzt werden. Zalando hat dafür eine Milliarde Euro gebraucht. Und sie haben gezeigt, dass es geht.

Danke für das Gespräch!

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Titelbild: Windeln.de