„Wir machen ein Büro in San Francisco auf“

Vor einem Jahr stampften die 6Wunderkinder (www.6wunderkinder.comihr Hype-Produkt Wunderkit ein, seit dem Frühjahr setzt das Berliner Startup seine Hoffnungen in die Bezahlversion ihrer To-Do-App Wunderlist. Ab heute gibt es für Wunderlist Pro eine Kommentarfunktion. Und sonst? Wo stehen die 6Wunderkinder heute? CEO Christian Reber über die Erfahrung, ein Produkt einstellen zu müssen, die Suche nach Großinvestoren und das Vorhaben, in San Francisco eine Dependance aufzumachen.

Ihr startet heute ein Kommentar-Feature für Wunderlist Pro. Was bringt die neue Funktion?

Als wir Wunderlist gelauncht haben, haben wir das Produkt bewusst als To-Do-App vermarktet. Aber über die Zeit wollen wir daraus mehr und mehr eine Kollaborationsplattform machen. Und da haben wir immer gewusst: Wir brauchen eine Kommentarfunktion. Dadurch hat die Pro-Version, zusammen mit der Upload- und der Task-Assignment-Funktion, jetzt einen signifikanten Mehrwert für unsere Nutzer.

Wunderlist Pro wird damit immer mehr zu alten Vorzeigeprodukt Wunderkit.

Der Eindruck ist durchaus richtig. Unsere Vision war es immer, Produkte zu entwickeln um Unternehmen effizienter zu organisieren. Dieser Vision folgen wir als Company immer noch. Aber die Erfahrung mit Wunderkit war, dass wir nicht zwei Produkte gleichzeitig bauen können. Und Wunderkit war technologisch noch nicht reif, das Userinterface war für viele Nutzer zu komplex. Wir implementieren jetzt Schritt für Schritt ähnliche Funktionen von Wunderkit in Wunderlist. Die Funktionen bieten den gleichen Nutzen.

Wo unterscheiden sich Wunderlist und das alte Wunderkit überhaupt noch?

Wunderkit war viel mehr auf social ausgerichtet. Das haben wir bei Wunderlist nicht eingebaut, weil es hier nur um Produktivität geht. Wunderlist funktioniert als Produkt und wir sind bereit zum Skalieren. Das war ja immer eine der spannenden Fragen: Kann ein Produkt mit einem deutschen – oder besser: denglischen – Namen international skalieren? Die fünf Millionen Nutzer und die neuen Partnerschaften zeigen, dass das funktionieren kann. Irgendwann werden wir 100 Millionen Nutzer haben.

Was sind das für Partnerschaften? Bezieht sich das auf Google und die Chrome Packaged App von Wunderlist?

Nicht nur. Wir werden demnächst mehrere große Partnerschaften bekannt geben. Die sind alle noch in der Implementierung. Unser Ziel ist, Wunderlist in alle möglichen Produkte zu integrieren. Deshalb arbeiten wir an Partnerschaften mit Telekom-Providern und mit Hard- und Software-Firmen.

Sollen solche großen Partner bei euch auch als Investoren einsteigen?

Nicht unbedingt. Wir suchen unsere Investoren danach aus, ob jemand strategisch sinnvoll für uns ist. Atomico war für uns zum Beispiel wertvoll wegen Niklas Zennströms Erfahrungen mit Skype. Zukünftige Partner sollten uns dabei helfen können, unser Unternehmen global zu skalieren.

Investoren helfen ja nicht nur mit Know-how, sondern vor allem mit Geld.

Geld ist, ehrlich gesagt, gerade nicht das Wichtigste. Man kann so ein Unternehmen relativ schnell und aggressiv profitabel machen. Wir könnten jetzt von verschiedensten Unternehmen Geld aufnehmen. Aber wir suchen Partner, die schon mehrfach Unternehmen wie unseres von 5 Millionen auf mehr als 100 Million Nutzer skaliert haben oder die schon einmal Unternehmen an die Nasdaq gebracht haben. Wir werden deshalb auch demnächst ein Büro in San Francisco eröffnen.

Das Ziel ist also ein IPO?

Diese Frage stellen wir uns momentan nicht. Wir sind ein recht junges Unternehmen und momentan voll darauf fokussiert unser Business international zu skalieren. Wir haben große Ambitionen.

Du warst im September länger in den USA unterwegs. War die Büroeröffnung in San Francisco der Grund der Reise? Oder ging’s um Investorensuche?

Wir sind immer auf der Suche nach Partnern. Es gab noch keine Phase im Unternehmen, wo wir nicht mit potenziellen Investoren gesprochen haben.

Daher auch die aktuelle PR-Offensive? Es gab ja auch Zeiten, da warst du komplett von der Bildfläche verschwunden.

Naja, letztes Jahr und auch Anfang diesen Jahres waren wir extrem auf die Entwicklung fokussiert. Da bin ich bewusst wenig auf Konferenzen gegangen und habe kaum Interviews gegeben. Heute sind wir stolz darauf, wo wir stehen. Nicht jedes Unternehmen kann so eine Erfahrung überleben, wie wir sie mit Wunderkit hatten.

Wer ist eigentlich euer derzeitiger Hauptkonkurrent? Evernote?

Das höre ich in Deutschland immer wieder, aber Evernote ist für uns überhaupt kein Konkurrent. Ich bin auch privat mit dem CEO befreundet. Ja, wir haben hier und da ein paar Überschneidungen. Aber Evernote hat seinen Space, wir auch. Dropbox, Evernote und Wunderlist ergänzen sich. Irgendwann werden die drei Apps tief miteinander verbunden sein.

Ihr seid jetzt bei 5,3 Millionen Nutzer angelangt. Wie viele davon zahlen für die Pro-Version?

Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung von Wunderlist Pro, wir haben jeden Monat double-digit growth. In ein paar Wochen werden wir dazu ausführlichere Zahlen veröffentlichen.

Was kann man von euch in Zukunft erwarten?

Es wird bald zwei, drei coole neue Features geben, die so nicht erwartet werden. Zuallerst kümmern wir uns aber um die iOS-7-App. Auf der Business-Seite werden wir uns sehr stark darauf fokussieren, jetzt zu skalieren. Wir wollen unser starkes Wachstum bei aktiven Nutzern weiter ausbauen. Gleichzeitig sind die Erlöse für uns sehr wichtig. Wir wollen eben nicht nur eine nette Company sein, sondern auch ein starkes Business.