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yvonne-tesch-startup-helden Yvonne Tesch (34), Gründerin von Maryme und Code is the New Black

„Startup-Heldin“ Yvonne Tesch im Interview

Ihre erste Umsatz-Million machte Yvonne Tesch 2009. Erst zwei Jahre zuvor hatte die Berlinerin das Unternehmen Maryme gegründet, unter dessen Dach sich heute nicht nur das erfolgreiche deutsche Preisvergleichsportal Preisvgl.de, sondern über 100 vielbesuchte ausländische Pendants befinden.

Den Drang zum Anpacken verspürte Yvonne Tesch schon früh. Nach ihrem Abitur entschied sie sich für ein Architekturstudium, brach es jedoch nach zwei Jahren ab, da es ihr zu künstlerisch und weltfremd erschien. Anschließend arbeitete sie im Online Marketing und absolvierte nebenher ein Informatikstudium. 2007 gründete sie dann Maryme, dessen Netzwerk an Produktsuchmaschinen im Jahr 2011 einen Spitzenwert von rund 45 Millionen Euro an Umsatz erwirtschaften sollte und von dem sich später die Run a Shop GmbH und die Pinstyle GmbH abspalteten. Letztere nennt sich mittlerweile Code is the New Black und arbeitet neben der Modeplattform Pinstyle mit Inspo gerade an einer Art „Shazam für Mode“.

Kaum zu glauben, dass im Berliner Büro nur 20 Menschen an den Maryme- und Modediensten arbeiten. Die Prozesse, vor allem bei Maryme, laufen aber hochgradig automatisiert und würden großteils an externe Dienstleister abgegeben, räumt Tesch gegenüber Gründerszene ein. In der Reihe „Startup-Helden“ spricht die 34-Jährige über nächtliche Ideen, Geld auf dem Konto und ihr neuestes Fashion-Projekt.

Du hast zig Startups gegründet. Wie involviert kannst du bei den einzelnen Unternehmen wirklich sein?

Zig würde ich das nicht nennen. Wir haben 2007 das erste Mal gegründet, die Maryme, und dann zwei Unternehmen ausgegründet, die jeweils logische Weiterentwicklungen der Maryme waren, aber mit einem eigenständigen Business-Modell. Eine der beiden Ausgründungen wird von meinem ehemaligen Co-Founder weitergeführt und das andere ist die heutige Code is the New Black, der meine volle Aufmerksamkeit gehört. Die Maryme hat ein eigenes Management und Team. Also bin ich tatsächlich nur in der „Code“ involviert und aktiv.

Wer betreut all die Portale – gibt es pro GmbH ein Team, das sich den jeweils dazugehörigen Portalen annimmt?

Richtig, wir haben für beide Firmen jeweils ein komplett eigenständiges Team und Management, was sich autark um die Themen kümmert. Inhaltlich sind es auch ganz andere Anforderungen und Stadien der beiden Firmen, schon daher gibt es keine Überschneidungen der Teams.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?

Durch mein Kind hab ich einen ziemlich strengen Zeitplan. Den Tag verbringe ich, wie die meisten Unternehmer, in Meetings und Gesprächen oder am Schreibtisch. Am liebsten arbeite ich konzeptionell am Produkt mit, häufig sind es jedoch die typischen Management- und Business- Development-Aufgaben nach innen und außen, die man so kennt.

Programmierst du noch ab und zu?

Ja, aber nur protoypisch und im kleinen Umfang, um zum Beispiel meine Konzepte zu validieren oder meinen Arbeitsalltag effizienter zu machen. Vieles was ich das dritte oder vierte Mal manuell mache und was mir sonst niemand abnehmen kann, erledigt dann ziemlich schnell ein Skript für mich, zum Beispiel Daten ziehen oder Kalkulationen automatisieren, die sich wiederholen.

Ab 2011 musstest du plötzlich Führungsverantwortung übernehmen. Wie hast du die Umstellung gemeistert?

Das kommt mir inzwischen vor wie eine Ewigkeit, sodass ich mich schwer daran erinnere, wie es vorher war. Ich hatte auch vorher die Führungsverantwortung als eine von nur zwei Gründern, dann seit 2011 erstmal allein, das stimmt. Ich kann nur sagen, wir haben 2011 erstmal richtig aufgedreht und die Maryme ist in den Folgejahren mega-erfolgreich gewesen und auch Code is the New Black entwickelt sich super! Natürlich macht Führen mit mehreren Leadern mehr Spaß und ergibt auch Sinn, daher sind wir heute auch wieder zu viert im Management.

Du bist Millionärin. Warum setzt du dich nicht einfach zur Ruhe?

Auf gar keinen Fall! Ich hoffe, dieser Zustand wird noch sehr lange auf sich warten lassen. Das macht doch Jung- und Kreativsein aus. Nur nicht rasten. Ich wache oft nachts mit einer neuen Idee im Kopf auf. Das lässt sich nicht abstellen und nimmt mit Ruhe eher noch zu. Wie gesagt, es gibt nichts Schöneres, als aktiv und kreativ zu arbeiten, gern irgendwann mal ein bisschen karitativer als heute, aber bitte nicht ruhiger.

Hat sich durch das Geld dein Leben verändert?

Die meisten haben eine völlig falsche Vorstellung davon. Viel von meinem Geld liegt nicht auf meinem Privatkonto, sondern in den Unternehmen oder Beteiligungen, ich re-investiere viel. Und nicht zu vergessen die liebe Steuer oder andere alte Verbindlichkeiten. Ich verstehe diesen Fokus darauf nicht. Das ist wahrscheinlich das einzige, was sich verändert: die Wahrnehmung von außen. Das finde ich sehr schade und muss ich leider häufiger erklären. Beispiel: Ich habe Bahnfahren schon gehasst, da habe ich noch in meiner Ein-Zimmer-Wohnung mit Aussentoilette gewohnt, nur heute wird mir genau das anders ausgelegt. Something to think about!

In einem Interview sagtest du einmal, du seist stressresistent. Wie lange kann das gut gehen?

Damit ist gemeint, dass ich sehr lange einfach nicht gestresst bin, daher sehe ich da keine Gefahr der Überlastung oder sowas. Meine Arbeit macht mir (meistens) Spaß und belastet mich nicht anders als die der meisten Leute, obwohl mein Pensum beziehungsweise Grad der Verantwortung sicher ein anderer ist. Und selbst wenn ich mal an meine Grenzen gerate, hab ich ja die Freiheit, darauf zu reagieren und mir zum Beispiel frei zu nehmen.

Ihr startet einen Modescanner. Wie soll sich Inspo von der Konkurrenz abheben?

Zum einen sind wir technologisch dem Markt voraus. Bilderkennung ist immer noch Forschungsgebiet und nichts, was man so nebenbei mitentwickelt. Wir haben sehr lange mit finanzieller Unterstützung der IBB an der Technologie gefeilt und meiner Meinung nach die beste Trefferquote bei Kleidungsstücken, Muster, Textur et cetera. Unser Tech-Team ist nicht nur super-smart, sondern auch kreativ – es ist wichtig, in der Forschung um die Ecke zu denken. Zweitens ist das Thema Fashion unsere Leidenschaft. Ich glaube, man sieht Inspo und dem, was jetzt noch kommt, an, dass unser Marketing-Team für die Mode lebt und seine ganze Leidenschaft und Erfahrung in die Produkte einbringt.

Und zu guter Letzt haben wir durch Maryme Zugriff auf einen riesigen Katalog an Produktdaten aus allen Preissegmenten. Natürlich handpicked, aber mit einer riesigen Vielfalt. Wenn wir einen Artikel im Katalog haben, finden wir ihn auch, anonsten findet sich sicherlich ein sehr ähnlicher Match. Das geht nur mit sehr viel Daten, die von unseren Bilderkennungs-Tools automatisiert aufbereitet werden.

Bild: Yvonne Tesch