Börse: Bulle und Bär

Zalando wird mit fünf Milliarden Euro bewertet

Jetzt wird es konkret: Vor dem geplanten Börsenstart am 1. Oktober hat Zalando den Börsenprospekt veröffentlicht. Bis zu 633 Millionen Euro will der Online-Versender demnach mit dem IPO einnehmen. Die Preisspanne für die Aktien wurde auf 18 bis 22,50 Euro festgelegt. Ab heute werden die Papiere privaten Investoren angeboten.

Inklusive einer Mehrzuteilungsoption für die Banken, die den Börsengang begleiten, soll das Emissionsvolumen zwischen 507 und 633 Millionen Euro liegen, heißt es von dem Berliner Unternehmen. Die Option außen vor gelassen, würde der Börsengang Zalando zwischen 441 bis 551 Millionen Euro in die Kassen spülen.

Insgesamt 11,3 Prozent des Fashion-Versenders werden an der Börse platziert. Die Altinvestoren – darunter etwa die Samwer-Brüder, deren schwedischer Geldgeber Investment AB Kinnevik oder United Internet – behalten nach eigener Aussage ihre Anteile, Kinnevik hat sich für mindestens 180 Tage entsprechend verpflichtet. Auf Basis der Ausgabepreis-Spanne wäre Zalando zwischen 4,1 und 5,1 Milliarden Euro bewertet – vor dem Börsengang.

Auch Scout24 will an die Börse

Neben Zalando – und dem Samwer-Inkubator Rocket Internet – steht ein weiterer Internet-Börsengang an: Wie das Handelsblatt mit Verweis auf Reuters berichtet, will der Online-Marktplatzbetreiber Scout24 Finanzkreisen zufolge seinen IPO im Oktober ankündigen, kurz nach der Erstnotiz von Rocket Internet. Die Eigentümer der Kleinanzeigen-Gruppe sind die Finanzinvestoren Hellman & Friedman und Blackstone sowie die Deutsche Telekom. Rund 25 Prozent der Scout24-Anteile sollen den Angaben zufolge an die Börse gebracht werden. Damit hätte der Börsengang ein Volumen von 500 bis 700 Millionen Euro.

Zu Jahresbeginn hatten die US-amerikanischen Finanzinvestoren der Telekom ein Scout24-Paket von 70 Prozent für ingesamt 1,5 Milliarden Euro abgekauft. Zuvor hatte die Telekom länger nach einem Käufer für das Geschäft mit Kleinanzeigen gesucht.

Mit dem IPO, zu dem sich keiner der Beteiligten offiziell äußerte, dürften sich die gerade erst eingestiegenen Scout24-Eigentümer das derzeitige positive Börseumfeld zu Nutze machen wollen – es ist eher ungewöhnlich, dass sich Finanzinvestoren derart schnell für einen IPO entscheiden.

Alibaba – der eigenwillige Mega-IPO

Beeinflusst wird das Umfeld nicht zuletzt vom Börsengang des chinesischen Alibaba-Konzerns. Morgen soll er in New York über die Bühne gehen, es wird der wohl größte IPO aller Zeiten – nicht nur im Tech-Bereich.

Aber es ist auch einer der umstrittensten Börsengänge, denn Alibaba-Gründer Jack Ma versagt den Aktionären jedwede Rechte. Stattdessen gibt es eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: Normale Aktionäre bekommen weder Mitspracherecht noch eine Dividende, während Ma selbst und 26 Partner auf alle Ewigkeit frei über den Verwaltungsrat bestimmen und damit die Geschicke Alibabas selbst dann noch lenken können, wenn sie gar keine Anteile mehr halten.

Das Vorgehen zwang Ma, seinen eigentlich in Hongkong geplanten IPO nach New York zu verlegen. Die chinesische Börse akzeptierte die Pläne nicht, in den USA stellte der entsprechende Passus kein Problem dar. Auch bei Google, Facebook, LinkedIn oder Zynga hatten sich Gründer und Investoren die Mehrheitsstimmrechte gesichert. Neu bei Alibaba ist allerdings, dass dies auch noch gelten soll, wenn Ma & Co. gar keine Anteile mehr besitzen.

Ein etwas unfairer Vergleich

Drei Mal Tech-IPO, drei sehr unterschiedliche Unternehmen. Während Oliver Samwer sein (Rocket-Internet-) Imperium – und damit in gewisser Weise auch Zalando als Vorzeige-Unternehmen – mit Alibaba oder Amazon vergleicht, macht ein Blick auf die Umsatzzahlen schnell den Größenunterschied deutlich: Während Alibaba mit einem Umsatz von 190 Milliarden Euro im Jahr 2013 protzt – der Großteil davon stammt aus China –, schaffen es die in Deutschland aktiven E-Commerce-Größen Amazon, Otto und Zalando zusammen (!) auf gerade einmal rund 8 Milliarden Euro, wie jüngst das Manager Magazin etwas vereinfacht vorrechnete. Weltweit setzte Amazon 2013 knapp 60 Milliarden Euro um – und damit rund ein Drittel des Alibaba-Volumens.

Rund 2,8 Milliarden Euro Gewinn machte der 1999 gegründete chinesische Internet-Konzern im vergangenen Jahr. Bei Amazon waren es vergleichsweise bescheidene 215 Millionen Euro. Zalando schaffte es erst im ersten Halbjahr 2014 aus den roten Zahlen, auf handfeste Gewinne dürfen die Aktionäre derzeit nur hoffen. Und um den dritten im Bunde nicht zu vergessen: Mit einem geschätzten Umsatz von 350 Millionen Euro und einem Gewinn von 80 bis 100 Millionen Euro steht Scout24 mit seinen Portalen wie Immobilienscout oder Autoscout zwar nicht schlecht da, ist aber eben auch deutlich kleiner als die E-Commerce-Riesen.

Natürlich ist der Vergleich nicht fair. Aber er verdeutlicht, wie groß das Interesse an Börsengängen derzeit ist. Und wie groß die Bandbreite. Nimmt man erklärte Börsenanwärter wie die Startup-Schmiede Rocket Internet und das US-amerikanische Werbe-Tech-Startup AppNexus oder mögliche hiesige Kandidaten wie Delivery Hero, Wooga und Mister Spex mit in die Gleichung, wird das Spektrum noch deutlich größer. Dabei werden die Aussichten der längerfristigen Kandidaten von den Erfolgen der aktuellen Börsenanwärter abhängen. Der Kamerahersteller GoPro hat vorgemacht, dass Tech-Unternehmen nicht mehr mit heißen Handschuhen angefasst werden, Facebook hat den Weg geebnet, die Groupon-Erfahrung wurde in die Vergangenheit verbannt. Man darf also gespannt sein – und realisieren, dass IPOs nicht mehr nur etwas für große US-Tech-Unternehmen sind.

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