Überraschung aus München: eine Brennstoffzellen-Studie von BMW.
Überraschung aus München: eine Brennstoffzellen-Studie von BMW.

Eine kleine Überraschung war es schon, als BMW auf der IAA eine Studie mit einem Wasserstoffantrieb vorstellte. Das auf dem BMW X5 basierende Fahrzeug soll 2022 auf den Markt kommen. Auch Daimler zeigte auf der IAA erneut seinen F-Cell, der für Passagierfahrten auf dem Messegelände eingesetzt wurde. Und der koreanische Hersteller Hyundai präsentierte sehr zentral den Nexo, ein mit Brennstoffzelle ausgestattetes Fahrzeug, das es für knapp 70.000 Euro zu kaufen gibt. Erlebt die Antriebstechnologie gerade eine Renaissance?

Volkswagen setzt auf Batterien

Fragt man den Volkswagen-CEO Herbert Diess, bekommt man zu hören, dass Wasserstoff im Auto Quatsch sei. In einem Hintergrundgespräch wischte er Fragen zum Antriebskonzept vom Tisch. Wasserstoff sei in der Herstellung zu teuer und selbst wenn man ihn regenerativ herstellen könnte, würde man viel Energie benötigen. Verglichen mit dem Energiebedarf eines E-Autos mit Akkuspeicher, müsste man dreimal so viele Windräder aufstellen. Warum sollte man mit Strom sehr aufwendig Wasserstoff erzeugen, mit dem man dann wieder Strom für einen E-Motor produziert?

Die Argumente des VW-Boss klingen überzeugend, allerdings sehen das nicht alle so. Vor allem in Asien setzt man in letzter Zeit vermehrt auf den Wasserstoffantrieb. Dabei sind China und Japan federführend. Die Japaner haben große Pläne. Eine Allianz, bestehend aus Autohersteller und Regierung, will bis Mitte 2020 rund 190 Wasserstofftankstellen eröffnen und bis 2030 sollen 800.000 Wasserstofffahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein.

Milliardensubventionen in China

Auch China setzt auf die Brennstoffzelle, und dies mit viel Geld. Bis zu 17 Milliarden Dollar will man in die Entwicklung der Wasserstoffindustrie pumpen. Zu den politischen Maßnahmen gehört auch, dass man seit diesem Jahr die Subventionen, die es bisher für batterieelektrische Fahrzeuge gab, in Brennstoffzellen-Autos umleitet. Allerdings fahren gerade mal 5.000 Wasserstoff-Fahrzeuge auf Chinas Straßen.

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Wasserstoff hat viele Vorteile, wenn er regenerativ hergestellt wird. Das Problem ist nur, dass es eine solche industrielle Herstellung bisher nicht gibt. Zurzeit entsteht er entweder als Beifang in der chemischen Industrie oder er wird aufwendig aus der Verbrennung von Kohle oder Gas gewonnen. Beides nicht gerade saubere Lösungen. Dazu kommt, dass er schwer zu lagern und zu transportieren ist. Japan plant seinen Wasserstoffbedarf durch australische Kohlekraftwerke zu decken. Der Wasserstoff soll dann per Schiff nach Japan gebracht werden. Ein irrsinniges Unterfangen, um ein paar Autos anzutreiben.

Schwerlastverkehr als Chance

Ganz sinnlos ist die Idee aber nicht. In China will man die Brennstoffzelle vor allem in Bussen und LKW einsetzen. Der Schwerlastverkehr ist in der Tat ein Sektor, in dem Wasserstoff sehr hilfreich sein kann, um die Dieselmotoren loszuwerden. Zum einen lohnt sich der batterieelektrische Antrieb bei LKWs nicht. Die Akkus wiegen mehrere Tonnen, benötigen ewig zum Nachladen und man kommt nur ein paar Hundert Kilometer weit. Zum anderen ist Wasserstoff leichter und die Tanks lassen sich in einem großen Gefährt besser unterbringen. Auch benötigt man kein riesiges Netz an Wasserstofftankstellen. Es reichen wenige, an den Autobahnen gelegene Nachfüllstationen.

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Auch im Flugverkehr könnte ein Wasserstoffantrieb das Kerosin ersetzen. Das DLR-Institut für Technische Thermodynamik hat mit der Antares DLR-H2 schon ein Kleinflugzeug im Einsatz und sieht gute Chancen für Passagierflugzeuge, die die Kurzstrecke bedienen. Die werden allerdings deutlich kleiner als ein Airbus 319 werden. Optimistischer ist man da schon in den USA. Das Startup Airspace Experience Technologies hat ebenfalls ein Kleinflugzeug für den Kurzstreckentransport entwickelt und sieht echte Chancen, dass man in den nächsten 30 Jahren einen Wasserstoffantrieb für Interkontinentalflüge zur Verfügung hat.

Herstellungskosten müssen sinken

Ausgehend von den momentanen technischen Gegebenheiten, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Autoindustrie auf die Brennstoffzelle setzt. Sie ist in der Herstellung zu teuer und die Bereitstellung von genügend Mengen Wasserstoff kostet ebenfalls zu viel Geld und ist laut den Experten zudem ökologisch fragwürdig. In der Stadt macht so ein Antrieb keinen Sinn. Im dicht besiedelten Europa, in dem die Autofahrer nur kurze Strecken zurücklegen, reicht ein E-Auto mit Akku samt genügend Schnellladestationen. Für den Schwerlastverkehr ist Wasserstoff allerdings eine interessante Alternative. Dazu müssen die Herstellungskosten aber zunächst auf dem Niveau eines großen Dieselmotors landen.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

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Bild: BMW AG