heinzelmann
Irgendwer muss die Mietwagen ja wieder sauber machen.

David Gabrysch hat mit Autos zu tun, aber bei Bewerbungen für sein Unternehmen eine Vorliebe für Menschen aus dem Bäckerberuf. Die seien das frühe Aufstehen gewohnt, sagt der Chef und Miteigentümer der Arwe Holding. „Meist geht die Schicht um sechs Uhr los und da müssen alle pünktlich sein. Der Kunde darf nicht warten.“

Gut 5000 Beschäftigte hat die Arwe Gruppe inzwischen. Ein Dienstleister für die führenden Autovermieter, die Autoindustrie, Autohändler und Car-Sharing-Flotten. Wer einen Mietwagen am Flughafen abholt oder zurückbringt, kam vermutlich schon mit einem Arwe-Beschäftigten in Kontakt – ohne dass er es merkte. Die Gruppe agiert im Hintergrund. Gewissermaßen Heinzelmännchen für vier Räder.

Allein in Deutschland wickelt Arwe für Autovermieter wie Avis, Europcar, Enterprise, Hertz und Marktführer Sixt täglich zehntausend Fahrzeugrücknahmen ab. Europaweit sind es jährlich etwa 3,5 Millionen Entgegennahmen der Autos vom Mietwagenkunden. Es geht um Schadenkontrolle, Tanken, Außenwäsche, Inneneinigung und weitere Dienste.

Am größten Standort und Firmensitz am Münchner Flughafen betreibt Arwe allein vier Waschstraßen. In der Spitze müssen dort 600 Vermietautos in der Stunde zurückgenommen werden.

Der europäische Markt ist das Ziel

Das klappt nur, wenn es standardisierte Prozesse gibt. Der 46-jährige Konzernchef Gabrysch ist promovierter Ingenieur für Produktionstechnik. 2008 wechselte er von ThyssenKrupp zu Arwe. Als er anfing, verkündete er: „Wir produzieren saubere Autos.“ Inzwischen sieht er die Gruppe europaweit als Marktführer für Mietwagenzentren an Flughäfen.

Alle großen deutschen Flughäfen sowie Airports in Frankreich, Spanien und Österreich würden bedient. Selbst am neuen Flughafen Berlin-Brandenburg stehe das Zentrum schon parat. Das Modell soll europaweit ausgerollt werden. Es gebe viele, aber meist kleine Wettbewerber, beschreibt Gabrysch die Konkurrenzlage.

Nicht nur an Flughäfen, sondern auch im stark wachsenden Car-Sharing-Markt sieht er ein großes Zukunftsfeld. Hier bietet Arwe ein paar spezielle Dienstleistungen, wie die Reinigung vor Ort mit mobilen Teams. Gearbeitet wird auch, wenn andere schlafen.

„Nachts schwärmen unsere Car-Sharing-Fahrer aus, häufig Studenten. Sie laden Elektroautos auf oder fahren abseits abgestellte Autos zu Punkten mit hoher Nachfrage“, sagt der Firmenchef. Auch im Ausland werden Car-Sharing-Flotten betreut, etwa für DriveNow in Wien und Brüssel.

Mit dem Rückenwind vielfältiger Mobilitätsangebote und durch Firmenübernahmen zeigt der Arwe-Konzernumsatz deutlich nach oben. 2014 waren es 88, 2016 rund 130 und in diesem Jahr sollen es 155 Millionen Euro werden. Zum Jahresbeginn gab es einen Eigentümerwechsel.

Know-how für Privatkunden

Der Finanzinvestor Triginta Capital stieg aus und zwei Luxemburger Investmentgesellschaften, Luxempart S.A. sowie BIP Investment Partners, halten jetzt die Mehrheit. Nach wie vor ist auch Gabrysch beteiligt. Im operativen Geschäft, vor Zinsen und Steuern, schreibe der Konzern schwarze Zahlen, betont der Firmenchef. Durch hohe Abschreibungen auf den Firmenwert steht unter dem Strich aber noch ein Verlust.

Sein Know-how im Autoservicegeschäft will Arwe jetzt auch für Privatkunden anbieten. In ersten Testgebieten, wie in Hamburg, wird eine Art Autobutlerdienst (www.mycarbutler.de) angeboten. Die Idee: Mobile Teams kommen zum Parkplatz des Privat- oder Firmenwagens und machen die Außen- und Innenreinigung. Selbst in der Tiefgarage.

Es wird Reinigungsmittel aufgesprüht und mit einem Mikrofasertuch aufgenommen. Bei stärkerer Verschmutzung wird auf Wunsch das Auto auch in eine Waschstraße gefahren. Zur Angebotspalette gehören auch Radwechsel, Werkstattfahrten und selbst ein Blumen- und Hemdenservice. „Man muss sich nicht selbst am Freitagnachmittag oder Samstag in die Schlange vor der Waschstraße stellen. Die Zeit kann der Kunde dann besser nutzen“, sagt Gabrysch.

An manchen Orten könnte Arwe noch schneller wachsen, sagt der Firmenchef. Aber es sei beispielsweise in München schwierig, ausreichend Personal zu finden. „Wir könnten in Deutschland 200 Flüchtlinge einstellen“, erklärt der Unternehmer.

Dies sei aber durch enorme bürokratische Hemmnisse der sogenannten Einzelfallprüfung blockiert. Außerdem würden keine Eingliederungszuschüsse gewährt, um Flüchtlinge schneller in Arbeitsverhältnisse zu bringen, kritisiert Gabrysch.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Gettyimages/The Washington Post