Wer sich für ein Auto-Abo entscheidet, soll zwischen Fahrzeugmodellen für verschiedene Anlässe wählen können, so das Versprechen.

Flatrates und Abos spiegeln das Lebensgefühl unserer Zeit wider. Über Netflix lassen sich gegen eine monatliche Gebühr unbegrenzt Filme streamen, bei Spotify gibt’s eine riesige Auswahl an Musiktiteln und Podcasts. Neuerdings hat der Abonnement-Gedanke auch in der Automotive-Branche Einzug gehalten und breitet sich aus.

Nachdem in den USA bereits einige Autohersteller und Startups solche Modelle anbieten, schwappt der Trend nun nach Europa. Verschiedene Hersteller testen Auto-Abos, darunter Cadillac in München. Drei Monate nach dem Start habe Cadillac bereits seine Kapazitätsgrenze erreicht, berichtet Welt. Darum ziehe das Unternehmen nun in Erwägung, das Programm auf Städte wie Düsseldorf, Köln oder Zürich auszuweiten, heißt es.

Autobauer, Leasing-Anbieter und Startups haben sich neu aufgestellt

Mercedes ist im Frühjahr mit drei Autohändlern „Mercedes me Flexperience“ gestartet, das Kölner Leasing-Unternehmen ProfixSystemleasing verspricht mit seinem Spin-off Like2Drive ein Rundum-Sorglospaket für Auto-Abo-Kunden. Auch Startups sind in diesem Bereich aktiv. Zuletzt hat Faaren aus Würzburg ein All-inclusive-Autopaket gelauncht, Cluno aus München ist seit zwei Jahren in der Branche aktiv.

Auch die klassischen Autovermieter wie Sixt mischen mittlerweile auf dem Markt mit. Schließlich lassen sich bei ihnen schon seit Langem Autos tages-, wochen- oder monatsweise zu einem Fixpreis mieten. Bisher war das Angebot jedoch nur für Geschäftsreisende oder Urlauber attraktiv. Für die Zukunft ist geplant, den Service breiter aufzustellen und weitere Individualisierungen für Kunden anzubieten, so ein Unternehmenssprecher gegenüber Gründerszene und NGIN Mobility.

In einer Sache scheint sich die Branche einig zu sein: Abo-Modelle sind die Zukunft. Langfristig will man raus aus der Nische und rein in den Massenmarkt. Dass sich immer mehr Menschen für Angebote neben Kauf und Leasing interessieren, zeigt eine aktuelle Marktanalyse. Laut im Auftrag von Volvo erstellen Studie kann sich jeder Vierte der insgesamt 1.000 Befragten vorstellen, ein Auto-Abo abzuschließen. Cadillac berichtet von ähnlichen Zahlen. 

Abo ist nicht gleich Abo – und lohnt sich das überhaupt?

Was da im Detail angeboten wird, ist allerdings so vielseitig, wie die Namen, die sich die Hersteller für die Produkte ausgedacht haben. Vertragslaufzeiten, Modelle, Verfügbarkeit und inbegriffene Kilometer Leistung unterscheiden sich mitunter massiv voneinander. Gemeinsam ist jedoch allen Angeboten, dass es sich um einen „Autobesitz auf Zeit“ handelt, bei dem die meisten Nebenkosten schon abgedeckt sind.

Zum jetzigen Zeitpunkt rechnen sich sich Abo-Modelle weder für die Hersteller, Händler und Startups – noch für die Kunden. Das hat einen Grund: „Um die Modell-Auswahl und Kundenfreundlichkeit eines so genannten Subscription Car Pool-Formats zu gewährleisten, ist ein hoher Lagerbestand mit schneller Verfügbarkeit für alle Kunden notwendig“, sagte René Herrmann gegenüber dem Branchenmagazin Autohaus. Hermann ist Deutschland-Repräsentant der Branchenmarktforschung ICDP. Dieser hohe Lagerbestand sei dabei größter Kostenfaktor und Hindernis, dieses Format wirtschaftlich zu betreiben, ergänzt er. Laut den Berechnungen der Forscher seien davon auch die Angebote deutscher Hersteller betroffen wie „Access by BMW“, „Mercedes me Flexperience“ und „Porsche Passport“.

Welches Abo passt zu mir? 11 Auto-Flatrates im Vergleich

Außerdem stellt sich die Frage, wie lange die Fahrzeuge als „Neuwagen“ im Abo-Kreislauf zirkulieren können. Die Autovermietung Sixt händelt es so: Sobald das Fahrzeug älter als sechs Monate ist, geht es in die Vermarktung.

Mehr Potenzial sieht Herrmann indes bei Modellen wie „Care by Volvo“ oder Hyundais „Ioniq Limited“. Dabei handelt es sich ebenfalls um Komplettverträge inklusive Steuern, Versicherung und Reparatur und weiteren Dienstleistungen, die je nach Modell variieren. Allerdings schreiben diese längere Laufzeiten zwischen 12 und 24 Monaten vor. Ein solches Modell ließe sich laut ICDP wirtschaftlich besser abbilden, da das Verhältnis zwischen der Anzahl von Abonnenten und vorzuhaltenden Fahrzeugen ausgewogen sei. So entstehen keine zusätzlichen Lagerkosten. Kunden, die frühzeitig ihr Fahrzeugmodell wechseln möchten, zahlen eine Wechselgebühr. Die durch einen Wechsel entstehenden zusätzlichen Kosten für den Anbieter werden also ausgeglichen.

Flexibilität und Bequemlichkeit kosten extra

Das heißt im Umkehrschluss: Je mehr Flexibilität der Kunde wünscht, desto mehr Geld muss er auf den Tisch legen. Wer tatsächlich alle vier Wochen das Fahrzeugmodell im Komplettpaket wechseln will, zahlt drauf. Im Vergleich mit dem herkömmlichen Autobesitz sind die Kosten für das Auto im Kuzzeit-Abo mitunter um ein vielfaches höher.

Der ICDP-Experte fasst die Hürde treffend zusammen: Viele Autofahrer seien zwar interessiert an solch einem Abo-Modell, „gehen jedoch davon aus, dass die monatlichen Autokosten geringer sind als beim Fahrzeugbesitz.“ Das zeigen auch die Reaktionen auf Facebook, die das Porträt über Faaren hervorgerufen haben.

Das halten die Leser von dem Faaren-Modell.

Wer bereit ist, für Flexibilität zu bezahlen, ist mit den Abos gut beraten. Für alle anderen rechnen sie sich nicht – noch nicht. Das sehen die Anbeiter solcher Dienste naturgemäß etwas anders: „Die Preise unserer Produkte sind fair und transparent kalkuliert und absolut wettbewerbsfähig – gerade mit Blick auf das umfassende Leistungspaket“, heißt es etwa von Sixt. Die Argumentation ist bei den meisten Anbietern ähnlich: Der Kunde genießt einen Rundum-Service und muss sich um nichts kümmern, was an nervigen Wartungsaufgaben am Fahrzeug anfällt.

Branchenbeobachter rechnen damit, dass sich der Markt in den nächsten Jahren rasant entwickeln wird. Bis 2025 könnten Abo-Modelle in den USA und Europa zehn Prozent aller Autoverkäufe ausmachen, prognostiziert Frost & Sullivan. Das ruft viele Player auf den Markt, sie alle wollen ein Stück von dem Kuchen abhaben: Autohersteller, -händler, Werkstätten, Startups, Versicherungsfirmen, Softwareentwickler, AI-Firmen und andere.

Die ersten Abo-Modelle wurden wieder eingestellt

In den kommenden zwei bis drei Jahren werden wir deshalb vermutlich eine ganze Reihe unterschiedlicher Modelle und Pilotprojekte auf dem Markt sehen. Die derzeit verfügbaren Modelle werden teilweise an die Anforderungen des Marktes angepasst. So hat Audi beispielsweise seinen Piloten des Services Audi Demand in San Francisco wieder abgebrochen. Auch das in Deutschland verfügbare Audi Select wurde ohne Angaben von Gründen wieder eingestellt, im September startete dann aber ein Dienst unter gleichem Namen in Dallas-Fort Worth in den USA.

Welche Rolle Startups auf dem kapitalintensiven Markt spielen können, ist ungewiss. Anders als das mit Milliarden ausgestattete Fair.com in den USA sind die hierzulande tätigen Startups nicht ansatzweise so gut finanziert. Auch verfügen sie nicht über die Infrastruktur wie Autokonzerne, die neben den Fahrzeugflotten oft auch eine eigene Bank mit Finanzierungsangeboten haben.

Um mit neuen Konzept bestehen zu können, müssen sich Startups deshalb voraussichtlich entweder mit einem Nischendasein abfinden oder andere Produkte in ihr Portfolio aufnehmen, über die sie zusätzliches Geld verdienen können. Eine ähnliche Entwicklung prognostiziert auch Vehiculum-Gründer Lukas Steinhilber. Sein Startup ist bislang auf das Leasing-Geschäft fokussiert. Er könne sich aber auch vorstellen, Abo-Modelle in naher Zukunft mit anzubieten.

Der US-Anbieter Fair.com hat sein Geschäftmodell dahingehend ausgebaut, dass er seinen Kunden beispielsweise zusätzliche Versicherungen verkauft. Wenn der Wettbewerb auf dem Markt steigt, dürfen Kunden auf niedrigere Kosten hoffen.

Bild: BMW; Mitarbeit: Marco Weimer