Auto1-Mitgründer Christian Bertermann

Nun ist es offiziell: Auto1 hat im Frühjahr 255 Millionen Euro in Form eines Wandeldarlehens aufgenommen. Entsprechende Berichte hat das Berliner Gebrauchtwagen-Startup nun bestätigt. Mit dem Kapital soll vor allem das derzeit noch nebensächliche Geschäft der Marke Autohero ausgebaut werden. Unter dieser verkauft das Unternehmen Fahrzeuge direkt an Endkunden.

Bislang kauft Auto1 hauptsächlich Gebrauchtwagen über seine Plattformen an und veräußert sie an Händler. In Deutschland ist das Unternehmen unter der Marke Wirkaufendeinauto.de am Markt. Dieses Geschäft konnte die 2012 von Hakan Koç und Christian Bertermann gegründete Firma im vergangenen Jahr deutlich ausbauen. 2019 steigerte das Berliner Technologieunternehmen seinen Umsatz nach eigenen Angaben um 21 Prozent von 2,9 auf rund 3,5 Milliarden Euro. Gut 610.000 Fahrzeuge wechselten demnach über die Plattformen von Auto1 im vergangenen Jahr den Besitzer, rund 88.000 mehr als im vorangegangenen Zeitraum.

Zuletzt war das Unternehmen im Zusammenhang mit seiner Fintech-Beteiligung Auto1 FT in den Schlagzeilen. Bei dem 2017 hoffnungsvoll angekündigten Finanzdienstleister tobt ein erbitterter Machtkampf unter den Gesellschaftern – neben Auto1 die Deutsche Bank sowie die Allianz und die Beteiligungsfirma des Geschäftsmanns Bensen Safa –, wie Recherchen von Business Insider zeigten. Derzeit beschäftigt sich das Landgericht Berlin mit der Klärung.

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Im Gespräch mit Gründerszene verrät Auto1-Mitgründer Christian Bertermann, wieso der Marke Autohero zukünftig das Hauptaugenmerk gelten soll, was das Unternehmen den vielen bestehenden Gebrauchtwagenangeboten entgegensetzen will und warum die Coronakrise das Geschäft vorübergehend zum Erliegen gebracht hat.

Christian, heute verkündet Auto1 die Zahlen für 2019, allerdings fragt man sich, was sie in Zeiten von Corona überhaupt aussagen. Wie hat die Krise das Unternehmen getroffen?

Wir mussten unser Geschäft komplett anhalten. Autoverkauf war faktisch nicht möglich, weil die Straßenverkehrsämter nicht mehr geöffnet hatten. Selbst wenn wir also Autos an die Händler verkauft hätten – sie hätten nicht umgemeldet werden können. Es hat in den unterschiedlichen Ländern wochenlang gedauert, bis die Ummeldemöglichkeit wieder gegeben war. Deswegen haben wir auch Kurzarbeit genutzt.

Wie ist das Niveau jetzt?

Wir nähern uns langsam wieder den Zahlen von vor der Krise. Der Markt hat sich recht gut erholt, weil viele das eigene Auto als Schutzmöglichkeit empfinden. Das hat die Nachfrage nach günstigen Zweitfahrzeugen ansteigen lassen.

Eure Autokaufplattform Autohero soll jetzt stark in den Fokus rücken. Wird das bisherige Kerngeschäft, der Autoankauf, irgendwann der neuen Marke untergeordnet?

Beides sind Segmente, die groß werden können. Wir hatten in den ersten Jahren nach dem Start keinen Masterplan und konnten nicht ahnen, wo das Ganze hin geht. Deswegen haben sich die Marken separat entwickelt. Unser bisheriges Kerngeschäft rückt langsam in die Profitabilität, das Wachstum erwarten wir in den nächsten Jahren aber vorrangig beim Autoverkauf.

Neu ist das Geschäft nicht, offiziell angekündigt wurde Autohero 2017, experimentiert habt ihr mit der Marke schon seit Ende 2015. Wieso treibt ihr das Segment gerade jetzt so stark voran?

Wir lassen immer kleine Satelliten parallel laufen, um neue Ideen auszuprobieren. Im Geschäftsplan haben wir uns damals noch sehr auf das bisherige Kerngeschäft konzentriert. Fokussiert haben wir uns auf Autohero erst Ende 2019 und dann nach Kapital gesucht, um die Sparte auszubauen. Es hat zudem eine ganze Weile gedauert, der Firma beizubringen, dass wir künftig mehr als eine Sache machen.

Über Wirkaufendeinauto kauft ihr die Gebrauchtwagen ein, über Autohero verkauft ihr sie wieder. Ein Teil geht aber an Händler. Schränkt ihr damit nicht das Geschäft ein?

Nein. Der Gebrauchtwagenmarkt ist unglaublich groß und fragmentiert. Wir kaufen bereits Fahrzeuge von Remarketingpartnern ein und planen diese Zukaufsquelle in 2020 und darüber hinaus weiter auszubauen. Dabei handelt es sich vor allem um junge Gebrauchtwagen. Wir wollen Fahrzeuge zukünftig aber auch direkt von den Herstellern übernehmen, Jahreswagen zum Beispiel.

Es gibt im Gebrauchtwagenmarkt sehr viele Angebote. Wer nach dem Begriff sucht, landet erst einmal auf einer langen Reihe an Anzeigen. Wie soll sich Autohero davon abheben?

Beim Gros der Angebote muss man sich das Fahrzeug immer noch persönlich ansehen. Wir glauben, das ist nicht nötig. Stattdessen wollen wir die Autos online so präsentieren, dass man einen guten Eindruck vermittelt bekommt, in welchem Zustand sie sich befinden. Der Kunde möchte ja auch von kleinsten Kratzern in der Mittelkonsole wissen.

Mit dem neuen Geschäftsmodell will Auto1 Gebrauchtwagen bis vor die Haustür liefern.

Es ist wichtig, dass die Nutzer der Marke vertrauen. Immerhin geht es um viel Geld. Wie wollt ihr das erreichen – und bedeutet das nicht hohe Marketingkosten?

Das Erfolgsrezept ist das gleiche wie bei Amazon. Das bedeutet unter anderem, schnell liefern zu können. Und das ist bei Gebrauchtwagen gar nicht einfach. Zum Beispiel, was die Logistik angeht. Wir bauen deswegen eine eigene Flotte an Lieferfahrzeugen auf. Natürlich werden wir auch in Marketing investieren, übertrieben hohe Kosten dafür erwarten wir aber nicht.

Ihr konzentriert euch also auf Service-Aspekte. Wie wichtig sind gute Preise?

Unsere Preise sind marktüblich. Die Leute müssen vielmehr erkennen, dass man einen Gebrauchtwagen heute komplett online kaufen kann. Wie sie es vor 20 Jahren bei Büchern gelernt haben. Bei Wirkaufendeinauto werden wir ebenfalls digitaler: Man gibt zusätzliche Details des Autos ein und bekommt dann einen verbindlichen Preis. Das haben wir durch Corona getrieben entwickelt, als es darum ging, Kontakte zu minimieren. Man ändert an einem Drei-Milliarden-Geschäft ja nichts ohne Grund. Die Filialen sind zukünftig eher Abgabestellen, in denen unsere Mitarbeiter die online gemachten Angaben abgleichen.

Insgesamt sind schon schon über eine Milliarde Dollar in Auto1 geflossen, nun kommen noch einmal 255 Millionen Euro in Form eines Wandeldarlehens hinzu. Wofür braucht ihr so viel Kapital?

Autos sind teuer, und in das richtige Personal und in die richtige Technologie zu investieren, kostet viel Geld. Wir bauen das Geschäft von Autohero in neun Ländern gleichzeitig auf, da ist eine solche Summe schon gerechtfertigt.

Das heißt, ihr kauft mit dem Kapital auch Fahrzeuge?

Nur zu einem kleinen Teil. Wir können den Ankauf weitestgehend über Kredite finanzieren, das Zinsniveau ist ja gerade günstig.

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Wieso habt ihr das Geld über ein Wandeldarlehen aufgenommen, statt eine Eigenkapitalrunde zu machen?

Wir hatten verschiedene Möglichkeiten, von Eigenkapital bis zum reinen Kredit. Letztendlich haben wir uns für das Wandeldarlehen entschieden, weil es aus unserer Sicht am billigsten war.

Inwiefern?

Bei einer Eigenkapitalrunde muss man ja immer die Verwässerung mit einberechnen.

Auch ein Wandeldarlehen wandelt sich irgendwann in Eigenkapital, die Unternehmensbewertung wird aber in die Zukunft geschoben. Wann wollt ihr die nächste Finanzierungsrunde machen?

Derzeit ist nichts geplant, für den Moment sind wir gut ausgestattet.

Bild: Auto1