Bei Daimler werde bald wie in einem Startup gearbeitet, kündigte Dieter Zetsche schon vor zwei Jahr an.

Daimler hat bekannt gegeben, den eigenen Konzern komplett umzustrukturieren. Aus den verschiedenen Einheiten, die jetzt noch unter der kompletten Regie der Daimler AG arbeiten, will man drei eigene Aktiengesellschaften schaffen, die eigenständig arbeiten sollen. Die Daimler AG bestimmt als Holding dieser Einheiten zwar weiter die gesamte Geschäftspolitik, gibt den neuen AGs aber gleichzeitig mehr Freiheiten. Das Konzept muss allerdings noch auf der Hauptversammlung der Aktionäre im Mai 2019 bestätigt werden.

Daimler folgt damit einem Trend, der aus der Tech- und Startupszene stammt. Google hat schon vor einigen Jahren eine Dachholding namens Alphabet gegründet, unter der die verschiedenen Konzernbereiche unabhängig agieren können. Der Vorteil kleinerer Einheiten liegt auf der Hand: Sie sind flexibler und schlagkräftiger als ein monolithisch aufgebauter Konzern. Das Management in den Teileinheiten kann verjüngt werden, neue Arbeitsmethoden lassen sich ebenfalls leichter dort integrieren, wo sie auch passen.

Zur altbekannten Effizienz gesellt sich jetzt auch noch das Wort Agilität. Etliche Autokonzerne haben in den letzten Jahren mit verschiedenen Managementstrukturen experimentiert. Angefangen haben die meisten mit einer reinen Kopie von Startups. Man erkannte, dass Startups schneller und besser entwickeln können, wenn sie außerhalb der zähen Konzernstrukturen arbeiten können. BMW, Daimler und der VW-Konzern entwickelten Inkubatoren und Startup-Bereiche. Man versprach sich davon, dass die dort entwickelten Ideen leichter in den Konzern integriert werden können. Doch die Puzzlestücke passten nur selten zusammen, so dass man doch dazu überging, die Startups zu kaufen und nach und nach zu integrieren. Damit verloren sie aber ihre Flexibilität. Es musste eine neue Lösung gefunden werden.

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Aus den Erfahrungen der letzten Jahre hat Daimler nun den Schluss gezogen, dass man den Konzern am besten aufteilt. Die Mercedes-Benz AG umfasst den klassischen Bereich des Autobaus. Hinzu kommt die Abteilung „Vans“. Die Daimler Truck AG steht für die LKW und bekommt die Bus-Sparte dazu. Interessant ist, dass aus der Daimler Financial AG die Daimler Mobility AG wird. Hier werden in Zukunft alle Themen rund um die Zukunft der Mobilität gesammelt. Dazu gehört das neue Carsharing Joint Venture von BMW und Daimler. Die Mobility AG kümmert sich auch um Beteiligungen und Aufkäufe von Startups zu diesen Themen.

Grob gesagt gliedert man den Konzern in zwei Arme auf: Alte und neue Mobilität. Je nachdem, wie sich die Verkehrswende weltweit entwickeln wird, hält man sich viele Optionen offen. Darunter fällt auch, dass man die einzelnen AGs je nach Geschäftslage leichter veräußern kann. Dies sei, so Daimler, aber im Moment nicht geplant.

Daimler steht nicht alleine da mit einer solchen Umstrukturierungspolitik. Der Continental-Konzern aus Hannover hat vor einigen Monaten schon eine komplette Neustrukturierung angekündigt, bei dem die einzelnen Konzernteile agiler werden sollen. GM verlagert alles zum Thema „Zukunft der Mobilität“ in kleinere Einheiten und nutzt den Ridesharing-Anbeiter Lyft als Versuchsbüro. Ford hat gerade bekannt gegeben, alle Aktivitäten rund um das autonome Fahren in einer eigenen Firma auszulagern.

Startups haben bewiesen, wie vorteilhaft eine agile Aufstellung auch großer Unternehmen sein kann. Die Konzerne bauen dies jetzt nach, weil sie befürchten, im Entwicklungsgefecht mit den Software-Giganten aus den USA und China ins Hintertreffen zu geraten. Ob es gelingen kann, einen alten Tanker auf neuen Kurs zu bringen, dürfte eine der spannenden Fragen des nächsten Jahrzehnts sein.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

Bild: Daimler AG