Bei VW werden Akkus bereits am Laufband verbaut. Aber den Kunden reicht nicht, was die Wolfsburger derzeit zu bieten haben.

Der Kuchen, den man verspeist, sei eine Art Schnellladevorgang, sagt Andreas Hintennach. Zugleich brächten die zugeführten Kalorien eine große Reichweite – jedenfalls später auf der Waage. Hintennach, Manager in der Batterieforschung des Stuttgarter Fahrzeugkonzerns Daimler, beschreibt damit ein Dilemma der Elektromobilität. Mit ihren Materialien sind Batterien heutzutage entweder darauf optimiert, schnell aufgeladen zu werden oder aber mit einer hohen Energiedichte eine lange Nutzungsdauer zu ermöglichen. Wissenschaft und Industrie müssen viel investieren, um beides gleichzeitig zu erreichen.

Es werde noch einige Jahre dauern, vermutet Hintennach, bis die Energieversorgung von Elektroautos mit jener von Benzin- oder Dieselfahrzeugen vergleichbar sei. Hochleistungssysteme, mit denen man Elektroautos in 20 bis 25 Minuten auf mehr als drei Viertel ihrer Batterieladung bringen kann, gibt es zwar heute schon – allerdings nur von Premiumherstellern wie Tesla oder Porsche für sehr teure Autos.

„Für Fahrzeuge in der Breite des Marktes geht das mit heutiger Technik nicht“, sagt Hintennach. Um ein Elektrofahrzeug innerhalb von 15 Minuten mit 80 Prozent seiner Batterieleistung zu laden – und das mit einer hohen Wiederholungszahl von Ladevorgängen –, brauche die Industrie vermutlich noch Zeit „bis zum Ende des Jahrzehnts“.

Die Automobilindustrie dreht derzeit gemeinsam mit ihren Zulieferunternehmen und der Wissenschaft an etlichen Stellschrauben zugleich, um die Elektromobilität wettbewerbsfähig zu machen. Die Batterie des Elektroautos ist dabei ein zentrales Element. Beim Stromspeicher selbst wiederum geht es um viele Fragen parallel: Wie lange sollen Batterien halten? Wie schwer dürfen sie sein? Wie sollen sie auf Kälte und Hitze reagieren, wie bei extremer Beschleunigung oder auch bei langen Nutzungspausen in der Garage?

Mangelnde Reichweite stört die Käufer

Die Unternehmensberatung Deloitte stellt in einer aktuellen Studie über die Bedürfnisse von Autokäufern fest, dass Reichweite und Ladegeschwindigkeit eine große Hürde für den Kauf eines Elektroautos sind.

„Die Hersteller machen entscheidende Fortschritte in der Entwicklung alternativer Antriebe, sie steigern die Reichweite bei gleichzeitig tendenziell sinkenden Anschaffungskosten. Das macht solche Fahrzeuge attraktiver, entspricht jedoch noch nicht den Erwartungen der Verbraucher“, sagt Thomas Schiller, Leiter Automobilindustrie bei Deloitte.

Nach den Erkenntnissen von Deloitte wünschen sich 88 Prozent der deutschen Kunden bei der Elektromobilität eine Reichweite von mindestens 320 Kilometern – obwohl der durchschnittliche Autofahrer hierzulande nur rund 40 Kilometer am Tag zurücklegt. 320 Kilometer Reichweite indes können die meisten Elektrofahrzeuge heutzutage noch nicht bieten. Ein Hinderungsgrund für den Erwerb eines Elektroautos ist zudem das bislang noch dünne öffentliche Netz an Ladestationen.

Weniger als die Hälfte der von Deloitte Befragten in Deutschland hat die technischen Voraussetzungen, das eigene Fahrzeug zu Hause zu laden. „Das zwingt viele E-Autofahrer, sich auf die öffentliche Infrastruktur zu verlassen, die jedoch nach wie vor nicht ausreichend vorhanden ist“, sagt Schiller. „Um die Akzeptanz der Verbraucher für die E-Mobilität weiter zu erhöhen, müssen Politik und Wirtschaft entschlossener und zügiger handeln.“

Optimierung der gängigen Lithium-Ionen-Batterien

Fortschritte gibt es auf allen Ebenen – aber nicht von heute auf morgen. Die Hersteller stehen unter Druck, schnell mehr Elektrofahrzeuge in den Markt zu bekommen, wenn sie die verschärften Grenzwerte der Europäischen Union für den Ausstoß von Kohlendioxid einhalten wollen.

Doch die Käufer von Neuwagen halten sich zurück, solange selbst die Teilaufladung eines Klein- oder Mittelklassewagens mit rein batterieelektrischem Antrieb noch einige Stunden dauert – und bei fast vollständiger Entladung der Batterie an einem Hausanschluss in der Regel die ganze Nacht hindurch.

Im Mittelpunkt steht für die Branche derzeit die Optimierung der gängigen Lithium-Ionen-Batterien. „Wir werden in den kommenden Jahren deutliche Fortschritte bei den Lithium-Ionen Batterien sehen, sowohl bei der Reichweite als auch bei den Ladezeiten“, sagt Arno Kwade, Chef der BatteryLabFactory und Professor an der Technischen Universität Braunschweig.

Das liege einerseits daran, dass man inzwischen mehr über die eingesetzten Aktivmaterialien und deren Verarbeitung in Elektroden wisse, deren Strukturen für schnelle Ladung optimiert seien. „Zum anderen wird auch die Frage der jeweils optimalen Ladestrategie für bestimmte Anforderungsprofile bei den Fahrzeugen immer besser erforscht.“

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Kwade rechnet damit, „dass 15 bis 20 Minuten Ladezeit bis auf 80 Prozent der Batteriekapazität bei einem Mittelklassefahrzeug wie dem ID.3 von Volkswagen bis zur Mitte des Jahrzehnts erreicht werden können“. Um zu wissen, für welche Anforderungen Batterien optimiert werden müssen, brauchen die Hersteller mehr Nutzerdaten. Die bekommen sie allerdings nur, wenn bald mehr Elektroautos im ganzjährigen Alltagsbetrieb unterwegs sind.

Deshalb forscht die Automobilbranche mit ihren Partnern in der Wissenschaft derzeit in aller Breite. „Die Automobilhersteller setzen viel dafür ein, die Reichweite bei gleichem Gewicht der Batterien weiter zu erhöhen“, sagt Kwade. „Eine andere Zielsetzung ist, für die gleiche Reichweite das Gewicht der Batterien zu verringern oder die Schnellladung zu verbessern.“

Funktionierendes Recyclingsystem für Elektroautobatterien

Mit dem erhofften Hochlauf der Elektromobilität sinken auch die Kosten für die Herstellung und Optimierung der Batterien. Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht dafür zwei wichtige Meilensteine: „Deutliche Preissenkungen wird man in der Mitte des Jahrzehnts sehen, wenn die zusätzlichen Kapazitäten der Batteriefabriken am Markt sind, die jetzt geplant oder aufgebaut werden.“

Ein zweiter Faktor für Preissenkungen sei ein funktionierendes Recyclingsystem für Batterien aus Elektrofahrzeugen. „Das wird spätestens um 2030 herum Wirkung entfalten.“ Arno Kwade erwartet für die kommenden Jahre zudem geringere Preise durch bessere Produktionsverfahren und Materialeinsatz: „Die Preise für die Batterien von Elektroserienfahrzeugen dürften bis zur Mitte des Jahrzehnts um zehn bis 20 Prozent sinken“, sagt er.

Bei den Materialien geht es den Herstellern und der Wissenschaft derzeit auch darum, den Einsatz von Kobalt in Batterien zu reduzieren – oder das Metall ganz zu ersetzen. Das liegt speziell daran, dass der größte Teil der wirtschaftlich förderbaren Vorkommen im Kongo liegt und dort auch Kinder zu dessen Förderung schuften müssen.

Man beziehe Kobalt aus zertifizierten Minen in Marokko und Australien, sagt BMW-Chef Oliver Zipse. Im Kongo unterstütze man im Rahmen der Industrieinitiative Cobalt for Development ein Projekt, um das Metall auf ethisch und ökologisch korrekte Weise zu gewinnen. Der Münchner Premiumhersteller fertigt die Batterien für seine Elektrofahrzeuge zwar nicht selbst, kauft aber die Rohstoffe ein und gibt den Batteriefabriken die Mixtur vor.

Auch die Verschiebungen bei den eingesetzten Metallen verändern den Markt – wenn in den Batterien etwa Kobalt durch Nickel ersetzt wird. „Bei der Preisentwicklung hängt viel auch von den Rohstoffpreisen ab“, sagt Arno Kwade. „Nickel etwa ist derzeit relativ günstig. Das könnte sich ändern, wenn die Kapazität der Batteriefertigung und damit der Rohstoffbedarf in den kommenden Jahren deutlich zunimmt.“

Der nächste große Schritt in der Technologie wäre die sogenannte Feststoffbatterie. Damit soll ein wesentlicher Nachteil der heutigen Stromspeicher beseitigt werden: Das flüssige Elektrolyt, das Leitmedium zwischen dem positiv und dem negativ geladenen Teil in einer Batterie, trägt viel zu deren Gewicht bei. Zudem kann es bei Kurzschlüssen zu den gefürchteten Batteriebränden führen, die sich schwer löschen lassen. Im Labor lässt sich mit Feststoffbatterien schon manches machen. In Elektroserienautos hingegen, da sind die Experten in Deutschland derzeit einer Meinung, wird man solche Superbatterien in diesem Jahrzehnt noch nicht finden.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Getty Images /RONNY HARTMANN