Der Autohersteller Byton steckt schon in der Krise, bevor das erste Auto ausgeliefert werden konnte.

Diesen Artikel könnt ihr euch auch anhören. Die Audio Story findet ihr unter dem Text.

Vor einigen Wochen kündigte der chinesische E-Auto-Bauer Byton an, die Produktion bis zum Ende des Jahres einstellen zu wollen. Alle Angestellten sollen entlassen werden und nur eine kleine Mannschaft im Management übrig bleiben. Die wiederum soll versuchen, neue Geldgeber aufzutreiben oder einen Käufer für das einst milliardenschwer bewertete Unternehmen zu finden. Immerhin verfügt Byton über ein Fahrzeug, das kurz vor der Markteinführung steht und allgemein gelobt wurde.

Das Scheitern von Byton hat etliche Ursachen. Doch einige Probleme stechen besonders hervor: Internen Informationen zufolge hatte das Unternehmen die Ausgaben nicht unter Kontrolle. Die Entwicklungskosten des komplexen und aufwendigen Infotainmentsystems sollen ein Grund gewesen sein. Ein anderer, dass der Umbau der Fabrik in Nanjing mehr Geld verschlungen hat, als ursprünglich geplant. Hinzu kam, dass durch die Corona-Krise ein eingeplanter Kredit in Höhe von 500 Millionen Dollar nicht abgeschlossen werden konnte. Im Endeffekt bedeutete es das Aus für ein Unternehmen, von dem man anfänglich viel erwarten durfte.

Byton ist kein Einzelfall – auch ein deutsches Startup ist betroffen

In der Branche ist Byton kein Einzelfall. Das deutsche Elektroauto-Startup E.Go etwa steht unter einem Insolvenz-Schutzschirm und sucht dringend neue Partner und Geldgeber. Noch Anfang des Jahres hoffte das Unternehmen, die Lage mit Hilfe eines chinesischen Investors zu stabilisieren, aber auch hier sorgte die Wirtschaftskrise für den Stopp der Produktion. Ob und wie es mit dem Hersteller aus Aachen weitergeht, ist unklar. Das gilt auch für Faraday Future. Das amerikanisch-chinesische Unternehmen mit Sitz in Kalifornien strukturiert mal wieder um, um weitere Kredite aufnehmen zu können. Was sind die Gründe?

Lest auch

Die durch das Coronavirus ausgelöste Wirtschaftskrise hat auch den Automarkt hart getroffen. Die Lust der Verbraucher, sich einen Neuwagen zuzulegen, ist gering. Im ersten Halbjahr gab es in Europa beim Absatz von Neufahrzeugen ein Minus von 38 Prozent. In einer so schwierigen Lage sitzt das Geld bei möglichen Investoren nicht gerade locker. Die Konsequenz ist, dass vor allem hohe Kreditsummen nur schwer aufzubringen sind.

Ein weiteres Problem der neuen Hersteller ist, dass sie die Anfangsinvestitionen unterschätzt haben. Es sind vor allem zwei Kostenfaktoren, die Probleme machen: Zum einen die komplexe Software, zum anderen die Anlaufkosten für die eigentliche Produktion. Selbst Elon Musk hatte zum Start des Tesla 3 massive Probleme. Die Fertigung musste mehrfach verschoben werden und das, obwohl Musk bereits Erfahrung durch die Herstellung des Tesla Model S und X gesammelt hat. Für Neueinsteiger, auch wenn sie von erfahrenen Managern aus der Autobranche geleitet werden, gestaltet sich die Lage noch komplizierter.

Lest auch

Explodierende Kosten sind ein Phänomen, dass auch den etablierten Herstellern nicht unbekannt ist. Verschiedene Autobauer haben vor allem im Bereich der Software feststellen müssen, dass sie den Weg allein nicht schaffen werden. Die Allianzen von Mercedes mit Nvidia, Volkswagen mit Argo oder Volvo mit Google und Waymo deuten an, dass es günstiger ist, sich die Software liefern zu lassen, als sie im eigenen Haus von Grund auf selber zu programmieren.

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten werden sich allerdings nicht so schnell beseitigen lassen. Für die in den letzten Jahren neugegründeten Auto-Startups sind das schlechte Nachrichten. Zum einen lässt sich der Kapitalbedarf nicht decken, zum anderen verschieben sich die Prognosen. Aufgrund des allgemein schwächeren Marktes, werden die Gewinnschwellen nicht so schnell erreicht werden können, wie es geplant war. Das wiederum erschwert die geplanten Rückzahlungen der Kredite.

Es gibt allerdings auch positive Entwicklungen: Das US-Startup Rivian hat kürzlich erneut 2,5 Milliarden Dollar von Amazon und Großinvestor George Soros einsammeln können. Rivian plant nun noch in diesem Jahr, mit dem ersten E-Pickup Truck in die Produktion gehen zu können. Es sollen mehrere zehntausend Vorbestellungen vorliegen.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

 

Bild: Getty Images / David Becker / Freier Fotograf