Cool an der Zapfsäule posen? Dafür wird in Zukunft mehr Zeit bleiben, meinen die Carpay-Diem-Macher.

Wer heute in ein fabrikneues Auto steigt, setzt sich gleichzeitig in einen rollenden Computer. Die neuen Fahrzeuge sammeln Daten, kommunizieren mit dem Smartphone, erkennen Objekte im toten Winkel und warnen vor Staus. Ein luxemburgisches Startup will nun erreichen, dass auch der Aufenthalt an der Tankstelle digitaler wird. Und das Auto künftig nicht nur über Ventil und Schlauch mit der Zapfsäule verbinden.

Eine weitere App müssen Fahrer dazu nicht installieren, wie Carpay-Diem-Gründer und CEO Frédéric Stiernon erklärt: Andere Unternehmen können die Lösung demnach in bereits vorhandene Anwendungen integrieren. Das könnten dem Gründer zufolge etwa Navigations- oder Banking-Apps sein. In Connected Cars soll die Lösung eines Tages in den Fahrzeugen laufen.

Per GPS wissen Smartphone oder Auto, ob ein Nutzer gerade eine Tankstelle anfährt. Ist das der Fall, fragen sie den Fahrer nach der Nummer der nächsten freien Zapfsäule. Sobald dann eine ausgewählte Zahlungsart verifiziert ist, aktiviert das System die Säule. Das Tanken selbst funktioniert wie gewohnt. Nach dem Tankvorgang kommt die elektronische Quittung in die jeweilige App.

Das allein böte, bis auf eine kleine Zeitersparnis, keinen größeren Mehrwert als das Bezahlen an einer Kartensäule – denn Aussteigen muss der Fahrer ja trotzdem. Wo liegt also der Vorteil? Profitieren sollen vor allem die Tankwarte: Sie können ihre Kunden in dem System auf Angebote im Tankshop hinweisen und sie so zum Betreten des Geschäfts animieren. Das soll die Umsätze ankurbeln. Nur: Den Nutzen für die Autofahrer wird Carpay-Diem noch vergrößern oder zumindest deutlicher herausstellen müssen. Denn das Tanken an sich hat das Startup noch nicht überflüssig gemacht.

1,7 Millionen Euro für die digitale Tankrechnung

Mit Hardware aufrüsten müssten die Tankstellen nicht, um Carpay-Diem nutzen zu können, so der CEO. „Unser Ansatz ist zu 100 Prozent Software-basiert“, sagt er. Der Gründer spricht von 100.000 möglichen Tankstellen in Europa. Sie zahlen pro abgeschlossenem Tankvorgang eine Provision an Carpay-Diem, mit den App-Anbietern wird ein Teil dieser Einnahmen geteilt.

Mit mehreren Autobauern führe sein Startup Gespräche, so Stiernon. Welche das genau sind, will er nicht sagen. Kooperationen mit Automobilclubs wie dem ADAC, in deren Apps Carpay-Diem integriert werden kann, seien geplant. Man wolle in den kommenden zwölf Monaten in fünf Ländern aktiv sein: Belgien, Luxemburg, Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Bislang sei der Tank-Dienst etwa in die französische Navi-App Glob und den Auto-Sprachassistenten Phebe eingebunden.

Kürzlich schaffte es Carpay-Diem in den VW-Inkubator in Dresden, das sechsmonatige Programm beginnt dort im September. Das Startup sammelte bislang in zwei Finanzierungsrunden ingesamt etwa 1,7 Millionen Euro ein, unter anderem von der französischen Autowerkstatt-Gruppe Mobivia.

Bild: Getty Images / Jeremy Maude