Ein glücklicher Gründer: Uwe Latsch (links) steht neben seinem ersten Carsharing-Auto und zeigt die Chipkarte zum Starten des Fahrzeugs. Rechts im Bild Mitarbeiter und Sponsoren des Projekts.
Ein glücklicher Gründer und Erfinder: Uwe Latsch (links) steht 1993 neben seinem ersten Carsharing-Auto und zeigt die Chipkarte zum Starten des Fahrzeugs. Rechts im Bild: Mitarbeiter und Sponsoren des Projekts

Vor 26 Jahren hatte Uwe Latsch ein Problem: Der Siegener besaß kein eigenes Auto, wollte aber dennoch mobil sein. „Ich hatte die Idee, ein Auto zu teilen“, erinnert er sich. So etwas gab es damals schon – aber nur im entfernten Berlin, nicht im kleinen Siegen. Und umständlich war es auch. Denn damals mussten sich Vermieter und Mieter verabreden, um die Fahrzeugschlüssel bei einem Treffen persönlich zu übergeben. Das wollte Uwe Latsch ändern.

„Als Elektroingenieure hatten wir die Idee, einen Bordcomputer zu bauen, mit dem sich die Schlüsselübergabe automatisieren ließ“, erinnert sich Latsch. Der örtliche Toyota-Händler stellte den Tüftlern für drei Monate einen „Corolla“ als Testfahrzeug zur Verfügung. „Dass wir damals das Handschuhfach aufgesägt haben, um Platz für den Einbau des sperrigen Computers zu gewinnen, hat er uns erst später verziehen“, erinnert sich der Ingenieur.

Handschuhfach aufgesägt: Das Carsharing-Steuergerät der ersten Generation (1993) war noch etwas sperrig.
Handschuhfach aufgesägt: Uwe Latsch und das Carsharing-Steuergerät der ersten Generation (1993). Es war noch etwas sperrig.

Latsch nutzte Telefonkarten für seinen Carsharing-Computer. Das waren Prepaidkarten, die in den 90er-Jahren gebräuchlich waren, um an öffentlichen Telefonzellen bargeldlos telefonieren zu können. Diese mit einem Chip ausgestatteten Karten eigneten sich auch gut, um mit etwas Programmieraufwand Personendaten zu speichern und den Fahrer des geteilten Autos zu identifizieren.

Mit der Karte, einem Lesegerät und einem Infrarot-Sender ließen sich die Autos öffnen. Vollautomatisch wie heute erfolgte das Sharinggeschäft aber noch nicht: „Das Reinigungspersonal musste die Vermietungsdaten für die Abrechnung persönlich auslesen und in die Buchhaltung bringen“, erinnert sich Latsch. 1993 war das.

Software für 250 Mobilitätsdienste

Die Nachricht über die neue Technologie sprach sich schnell herum. Latsch rüstete Carsharing-Dienste in Rotterdam und Singapur mit seinen Computern aus. Allein in Siegen klappte das nicht: „Bis heute gibt es bis auf ein paar Flinkster-Autos kein Carsharing in der Stadt“, bedauert der Erfinder. Der Ort ist einfach zu klein, um Sharing-Flotten wirtschaftlich zu betreiben.

Sein 1997 gegründetes Unternehmen Invers skalierte schnell mit der Idee, das Carsharing zu automatisieren. Heute rüstet sie Sharing-Unternehmen wie Clevershuttle, Emmy, Coup, Miles, Drivy, Flinkster und Cambio mit Software und Telematik aus, wie CEO Alexander Kirn sagt. Die Siegener Firma gilt als die Erfinderin dieser Technologie und hat nach eigenen Angaben 250 Mobilitätsdienste in 30 Ländern ausgestattet.

Gründer und CEO: Uwe Latsch (links) und Alexander Kirn sprechen über eine Mobilitäts-App.
Gründer und CEO: Uwe Latsch (links) und Alexander Kirn sprechen über eine Mobilitäts-App.

Sharing-Akzeptanz durch Scooter

Kürzlich stellte das Unternehmen sein Betriebssystem für Mikromobilitätsdienste  vor – also beispielsweise für Roller- und E-Scooter-Sharing. Es kann sowohl eigenständig genutzt als auch mit vorhandenen Programmen verbunden werden. Es ist Teil des Shared Mobility OS, das die komplette Bandbreite der Carsharing-Anforderungen abdeckt – von der Fahrzeug-Telematik bis hin zur Buchungs-App auf den Smartphones der Endnutzer. Die Telematik-Box erlaubt es dem Vermieter, den Scooter oder das Auto auf einige Meter genau zu lokalisieren, Fahrzeugdaten wie die Ladung der Batterie oder den Tachostand auszulesen und zu registrieren, wenn das Fahrzeug unbefugt bewegt wird, um Diebstahl und Vandalismus zu erkennen.

Von besonderer Bedeutung sind für das Unternehmen die boomenden Scooter-Dienste – nicht nur weil sie aktuell die Auftragsbücher des Unternehmens füllen. Ebenso wichtig ist für Alexander Kirn ein langfristiger Effekt. Die intuitiv zu buchenden Fahrzeuge seien geeignet, die Vorzüge des Teilens zu lernen, „E-Scooter haben das Potenzial, die Akzeptanz von Shared Mobility im Allgemeinen zu verbessern und so die Anzahl der Autos in deutschen Städten zu verringern“, sagt der Unternehmenschef.

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Bilder: Invers