Mercedes’ Autostudie Avtr auf der CES in Las Vegas

Wenn die größte Meldung des CES-Jahres daraus besteht, dass der Elektronikkonzern Sony ein E-Auto vorgestellt hat, das nie in Serie gehen wird, dann sagt das einiges über die Messe aus. Große Innovationen gab es hier 2020 nicht zu sehen. Stattdessen Varianten der Technologien und Fahrzeuge, die man teilweise schon seit Jahren auf den unterschiedlichsten Shows zu sehen bekommt. Man musste schon sehr genau hinsehen, um Neuheiten zu finden.

Sony ist mit seinem Vision-S Fahrzeug eine kleine Überraschung gelungen. Das zusammen mit dem Zulieferern Magna Steyr, Bosch und Continental entwickelte Fahrzeug sieht zwar gut aus, wird aber leider nie den Weg in die Hände von Privatkunden finden. Sony wollte damit vor allem seine Fähigkeiten im Bereich der Sensorentwicklung des Infotainments zeigen. Interessant ist die Tatsache, dass der Konzern ein Auto und nicht die übliche Unterhaltungselektronik ins Zentrum seiner Präsentation rückte, aber schon.

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Sie zeigt, dass der Bau eines Autos nicht mehr allein in den Händen der bekannten Hersteller liegen muss. Tesla war ein Warnschuss für die Branche. Aber was ist, wenn ein erfolgreicher Tech-Konzern ein Fahrzeug entwickelt und für die Produktion mit einem kleineren Hersteller ein Joint-Venture gründet? Ein Unternehmen wie Sony könnte durchaus die notwendigen Investitionen stemmen. Dass ein Zulieferer wie Magna auf den Markt drängt, ist auch keine Überraschung. Die Umsätze mit den klassischen Herstellern schrumpfen, man muss also neue Wege ausprobieren.

Vor allem Zukunftsvisionen im Innendesign

Ein weiterer Punkt ist augenfällig: Wenn sich die Fahrzeuge in Sachen Antrieb nur noch marginal voneinander unterscheiden, wird der Innenraum immer wichtiger, auch und vor allem im Hinblick auf das autonome Fahren. Wird dem Fahrer die Last der Aufmerksamkeit für den Straßenverkehr genommen, muss man ihm etwas anderes bieten. Wellness und vor allem die Vernetzungsfähigkeiten der Infotainmentsysteme spielen dabei eine Hauptrolle. So war es dann auch nicht verwunderlich, dass alle Hersteller auf der CES vor allem Zukunftsvisionen im Bereich Innendesign zeigten.

Neu sind auch diese Studien allerdings nicht. Überhaupt sah man auf der Messe fast ausschließlich Konzepte, die schon seit Jahren bekannt sind. Fast jeder Hersteller stellte das Konzept eines „People Mover“, also einer selbstfahrenden Kabine für vier bis sechs Personen aus. Dass diese Fahrzeuge in den nächsten fünf Jahren die Städte bevölkern und den Verkehr entlasten werden, glauben aber nicht mal die Aussteller selbst.

In dieses Bild passt auch die Kernaussage der Keynote von Daimler-CEO Ola Källenius: Man wolle nicht weniger Autos verkaufen, aber bessere Fahrzeuge. Die Verbesserung soll vor allem in den Recycling-Möglichkeiten der Fahrzeuge liegen, auch will man bei der Produktion „null Emission“ erreichen. Auffällig war, dass Källenius‘ Keynote völlig ohne technologische Ankündigungen für die nahe Zukunft auskam. Die in Las Vegas vorgestellte Mercedes-Designstudie, die mit dem „Avatar“-Regisseur James Cameron entwickelt wurde, ist zwar hübsch, bietet aber nur wenige technologische Neuheiten.

Autonomes Fahren eher im Hintergrund

Das autonome Fahren spielte auf der CES zwar eine Rolle, aber eher im Hintergrund. Der Autozulieferer Aptiv zeigte eine neue Version seines teilautonomen Autos, gleichzeitig war die Messe voll von Anbietern für Sensoren. Vor allem bei laserbasierten Systemen gibt es große Fortschritte, was Leistungsfähigkeit, Größe und Preis angeht. Auch das in Berlin ansässige Unternehmen Here zeigte wichtige Entwicklungen für das autonome Fahren: Ein auf einer Blockchain basierendes Backend für Kartendaten soll die Datensicherheit bei der für das autonome Fahren wichtigen Kartenentwicklung gewährleisten.

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Doch die großen Versprechungen, die man in den vergangenen Jahren auf der CES zum Thema autonomes Fahren hörte, sind verstummt. Zwar zweifelt niemand daran, das es irgendwann kommen wird, aber die Zeitpläne verschieben sich immer weiter nach hinten. Was zum einen an den Hürden bei der Entwicklung liegt, zum anderen aber auch an fehlenden gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Die CES war in diesem Jahr also ein wenig enttäuschend, weil die großen, sichtbaren Höhepunkte fehlten. Gleichzeitig zeigte sich, dass die Schnittmengen zwischen Fahrzeugherstellern, Zulieferer und Elektronikkonzernen immer größer werden. Die etablierte Autoindustrie wird im neuen Jahrzehnt noch mehr Konkurrenz bekommen. Denn für den milliardenschweren Mobilitätsmarkt interessieren sich immer mehr Konzerne, die damit bisher nichts zu tun hatten.

Die futuristischen Fahrzeugneuheiten der CES 2020

Bild: Gründerszene / Don Dahlmann