Lu Qi, der Präsident des Internetkonzerns Baidu, spricht auf einer Konferenz über künstliche intelligenz in Peking.
Lu Qi, der Präsident des chinesischen Internetkonzerns Baidu, spricht auf einer Konferenz über künstliche intelligenz in Peking.

Die drei chinesischen Digitalkonzerne Baidu, Alibaba und Tencent (BAT) wollen bei künstlicher Intelligenz (KI) die Weltspitze erobern.  Zu diesem Ergebnis kommen Analysten des Marktforschungsunternehmens CBInsights, die die Aktivitäten der Unternehmen unter die Lupe genommen haben. Die Konzerne entwerfen vernetzte Städte, entwickeln digitale Gesundheitssysteme und bauen selbstfahrende Autos. Die Studie zeigt zehn Trends.

1. Plattformen für Milliarden-Märkte

Die BAT-Unternehmen besetzen monopolartige Positionen in der Digitalwirtschaft des bevölkerungsreichsten Land der Erde. 1,4 Milliarden Menschen leben in China. Das Messenger-Netzwerk WeChat, das zu Tencent gehört, hat mehr als eine Milliarde Nutzer in dem Land. Es bietet neben Chats auch Geldüberweisungen, Fotosharing und Mitfahrgelegenheiten. Baidu ist der wichtigste Suchmaschinenbetreiber – vergleichbar mit Google in der westlichen Welt. Der Online-Händler Alibaba nennt in seinem Quartalsbericht  einen Jahresumsatz von über 12 Milliarden US-Dollar und mehr als 500 Millionen Kunden allein in China.

2. Staat gibt Konzernen den Weg vor

Künstliche Intelligenz ist im politischen Apparat der Volksrepublik Chefsache. Erklärtes Ziel des chinesischen Staates ist die Vorherrschaft auf dem Weltmarkt für künstliche Intelligenz. Wie das Wissenschaftsministerium des Landes im November 2017 ankündigte, soll sich Baidu auf das autonome Fahren spezialisieren, Alibaba auf Cloudlösungen für vernetzte Städte und Tencent auf Gesundheit. Die Förderung der künstlichen Intelligenz wird als strategische Aufgabe bezeichnet. Wie bedeutend die Forschung ist, zeigen weitreichende Genehmigungen für selbstfahrende Autos – etwa für den Hersteller Nio.

3. Suchmaschinen-Riese Baidu war früher am Thema

Wie CBinsights darlegt, befasste sich Baidu bereits 2010 mit künstlicher Intelligenz. ­Erst später präsentierten Google (2012) und Nvidia (2013) in den USA Forschungsergebnisse. Baidu war auch schneller als seine chinesischen Hightech-Konkurrenten: Alibaba befasste sich 2016 öffentlich mit dem Thema, Tencent erst 2017. 

4. China rekrutierte im Ausland Experten

Chinesische Unternehmen haben erfolgreich Experten für künstliche Intelligenz in den USA rekrutiert. Geld spielte da offenbar keine Rolle. So verpflichtete Baidu den AI-Spezialisten Andrew Ng von Google als Chef seiner Abteilung für künstliche Intelligenz. Ferner soll Baidu in den USA bei der Arbeitsbehörde die Anstellung von Machine-Learning-Spezialisten für ein Basis-Jahresgehalt von 130.000 bis 175.000 US-Dollar beantragt haben, schreibt CB.

5. Forschungsschwerpunkte in Zukunftsthemen

Autonomes Fahren, Sprach- und Gesichtserkennung sind Schwerpunkte der BAT-Forschung. So greifen Baidu und Alibaba mit ihren Sprachassistenten Raven H und Tmall Genie vergleichbare Produkte von Amazon und Google an. Tencent hat sich nach Recherchen von CB auf die Gesichtserkennung spezialisiert. Auf dem Gebiet des autonomen Fahrens sind alle drei Konzerne aktiv, am besten ist hier Baidu aufgestellt.

6. Investitionen in KI

Im November 2017 sorgte Tencent für Schlagzeilen, als der Konzern ein Rekordinvestment von einer Milliarde Dollar in das Elektroauto-Startup Nio steckte. Insgesamt hat CBInsights in den vergangenen vier Jahren 39 Investitionsrunden der BAT in Startups gezählt, die sich mit Maschine Learning und künstlicher Intelligenz beschäftigen. Während Tencent beim Investitionsvolumen führt, hat Baidu laut CB ein diverses Portfolio, das sich auf insgesamt elf Wirtschaftszweige erstreckt – von Medien- und Werbefirmen über Gesundheits- bis zu Hardware-Unternehmen.

7. Investments in den USA und Israel

Die BAT-Konzerne wissen, dass sie für ihr Entwicklungstempo auch ausländisches Knowhow brauchen. Tencent hat sich der Studie zufolge an zwölf Investments in US-Unternehmen beteiligt, Baidu an fünf. Alibaba hingegen investierte in israelische KI-Startups.

8. Smart City: Alibabas City Brain nutzt Überwachungsdaten

Das Projekt City Brain greift auf Daten von Überwachungskameras, Sensoren, Social-Media- und Regierungsdaten zurück und verwendet künstliche Intelligenzalgorithmen, um Ergebnisse über Gesundheitsversorgung, Stadtplanung, Verkehrsmanagement und mehr zu prognostizieren. Hier kooperiert Alibaba mit dem Technologieunternehmen Nvidia. Ferner investierte der Onlinehändler 600 Millionen Dollar in das Gesichts- und Bilderkennungstartup SenseTime.

9. Mobilität: Baidus Apollo-Plattform wird Selbstfahr-Ökosystem

Baidu hatte bereits im April 2017 die offene Plattform Apollo für selbstfahrende Autos angekündigt und weltweit um Partner geworben. Diese ließen nicht lange auf sich warten: Inzwischen bilden knapp hundert Unternehmen das Ökosystem von Baidu – darunter die deutschen Unternehmen Bosch, Continental und Daimler. Auch Amerikaner wie Microsoft, Nvidia und Intel klopften bei den Chinesen an.

10. Tencent baut ein Gesundheitsnetzwerk

Tencent will Gesundheitsdienste an sein soziales Netzwerk WeChat andocken. Dazu kooperiert das Unternehmen mit zahlreichen europäischen Startups, beispielsweise seit April 2018 mit Babylon Health, einer AI-basierten medizinischen Beratungsplattform mit Gesundheitsakte aus Großbritannien. Die Patienten-Monitoring-Plattform Medopad gab im Februar 2018 eine 100 Millionen britische Pfund umfassende Kooperation mit Tencent bekannt.

Bild: Gettyimages / China News Service