Autoschaden Compredict
Maschinenbauer und Gründer: Rafael Fietzek und Stéphane Foulard setzen mit Compredict auf eine Künstliche Intelligenz, um die Belastbarkeit von Fahrzeugen vorherzusagen.

Alles geht irgendwann kaputt. Dieser Tatsache sind sich auch Autohersteller und Zulieferer bewusst. In einem Fahrzeug kommen zig Komponenten von etlichen Herstellern zusammen. Heißt am Ende: Die Teile haben jeweils ihre eigene Lebensdauer und müssen irgendwann ausgetauscht werden. Produzenten haben einerseits ein Interesse daran, dass ein Fahrzeug etwa seine 150.000 bis 300.000 Kilometer weitestgehend einwandfrei funktioniert, damit Autobesitzer zufrieden sind. Andererseits wollen sie aber möglichst wenig Geld für die Herstellung der einzelnen Komponenten ausgeben.

Das alles im Blick zu behalten und vorherzusagen, wie Teile belastet werden können und wann es voraussichtlich zum Ausfall kommt, hat sich ein Darmstädter Startup zur Aufgabe gemacht. Namhafte Kunden wie Porsche, Audi oder Honda greifen schon auf den KI-basierten Dienst von Compredict zu.

Begonnen hat alles an der Technischen Universität Darmstadt. Die beiden Maschinenbauer Stéphane Foulard und Rafael Fietzek haben sich schon in ihrer Doktorarbeit mit dem Thema auseinandergesetzt und von der Uni aus gegründet. Das war 2016. Zunächst gab es ein Exist-Gründerstipendium, ein Jahr später folgte dann eine Seed-Runde, an der sich die Flixbus-Gründer mit SEK Ventures gemeinsam mit THI Investments, dem Family Office der Familie Hagenmeyer, beteiligten. Die Höhe des Investments möchte Rafael Fietzek auf Nachfrage von Gründerszene nicht kommunizieren. Auch was in der aktuellen Runde im März 2020 von Michelin Ventures und den Bestandsinvestoren eingesammelt wurde, ist unbekannt. Das habe strategische Gründe, sagt Fietzek. Startupdetector berichtete zuerst über das neue Investment.

Wie dick muss die Antriebswelle sein, damit sie möglichst lange hält?

Auch sonst scheint das Thema Diskretion und Datenschutz bei Compredict einen hohen Stellenwert zu genießen. Automobilhersteller sind bekanntlich knausrig, wenn es darum geht, fahrzeugrelevante Informationen herauszugeben oder zu teilen. Die Angst vor Wirtschaftsspionage und um Wettbewerbsvorteile spielt hier eine Rolle. „Es gibt sehr viele Geheimhaltungsregeln in der Branche. Und wir halten uns daran“, sagt Fietzek.

Das Startup verdient sein Geld damit, dass es auf die Daten von den Herstellern und Zulieferern zugreift und auswertet. Die Darmstädter legen Nutzungsprofile von den Fahrzeugen an. „Wir generieren über die virtuellen Sensoren Daten, um vorherzusagen, wie Komponenten am Auto belastet werden können und voraussichtlich ausfallen.“ Mit anderen Worten: Sie zapfen die im Auto verbauten Sensoren an und und werten sie mittels KI-basierter beziehungsweise virtueller Sensoren aus.

Ein Beispiel: Wie dick muss die Antriebswelle sein, damit sie möglichst lange hält und trotzdem günstig produziert werden kann? Da es keine direkten Sensoren an der Antriebswelle gibt, bezieht Compredict unter anderem das Drehmoment eines Fahrzeug mit ein und berechnet die Lebensdauer. Über ein Lizenzmodell bekommt der Kunde eine cloudbasierte Plattform mit einer Web-Oberfläche. Bislang beschränkt sich der Service auf B2B-Kunden. Fietzek schließt allerdings nicht aus, in Zukunft auch mit den Herstellern zusammen einen Service für Endkunden zu entwickeln. Doch das habe noch Zeit, sagt er.

Ein weiterer Business-Case wären die Daten von Werkstätten und Versicherungen mit einzubeziehen. „Wir wollen möglichst viele Serienfahrzeuge überwachen und uns bei weiteren Herstellern etablieren. Unsere bisherigen Kunden haben uns das Feedback gegeben, dass die Software funktioniert. Jetzt wollen wir weiter wachsen.“

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Bild: © Frankfurt Forward, Ivgenia Möbus