Unschwer zu erkennen: Die Logistiker kämpfen mit den Lieferungen.

Neulich stand ich bei der Post in einer sehr langen Schlange, weil ich ein Paket abholen wollte. Zwar war ich am Tag der Anlieferung zu Hause, aber man kennt das ja. Die Paketboten klingeln nur noch in Ausnahmefällen und irgendwann findet man dann einen Zettel im Briefkasten. Zahlen, wie viele Pakete nicht direkt den Besteller erreichen, gibt es nicht. Aber eine nicht repräsentative Umfrage im Bekanntenkreis und eine Suche in den sozialen Medien ergab zumindest das Bild, dass die Anlieferung zu Hause eher die Ausnahme als die Regel ist.

Kein Wunder. Die Deutschen verschicken immer mehr Pakete. Laut des Bundesverbands Paket und Expresslogistik stieg die Anzahl der erhaltenen Pakete pro Haushalt in den letzten Jahren drastisch. Statistisch gesehen stand der Bote 2010 insgesamt 23 mal vor der Tür. 2017 klingelten die Boten schon 41 mal. Gerade Startups setzen auf den Versand ihrer Produkte und die Zuverlässigkeit der Paketdienste. Mittlerweile gibt es sogar schon Startups, die Pakete annehmen und dann auf Zuruf zustellen.

Die Zustände sind schlimm. Zum einen für die eher schlecht bezahlten Paketboten, zum anderen aber auch für die Logistikunternehmen, die verzweifelt Personal suchen. Sie können gar nicht so schnell Leute einstellen, wie die Branche wächst. Und ein Ende ist nicht abzusehen. E-Commerce-Startups, die auf den zuverlässigen Versand von Paketen angewiesen sind, leiden vor allem in der Startphase unter den schwierigen Bedingungen. Kunden sind schwer zu bekommen und ist der Service schlecht, kommen sie nicht mehr wieder. 

Dabei ist die Logistik-Branche an dem Problem selbst schuld. Die meisten Logistiker transportieren die Waren zu einem großen Logistikzentrum außerhalb der Stadt. Dort werden die Autos beladen und diese fahren dann ihre Routen ab. Die großen Lieferwagen mit veraltetem Dieselmotor versperren dann kleine Straßen oder parken in zweiter Reihe. Die Folge sind Staus. Gleichzeitig schaffen die Boten es nicht mehr, jedes Paket einzeln auszuliefern.

Die Branche versucht viel, um das zu ändern. Lieferungen per Drohne oder Roboter, Lieferungen in den Kofferraum eines Autos. Doch das Grundproblem bleibt: die lange Fahrt vom Logistikzentrum zum Kunden.

Deutlich mehr Sinn hätte es, wenn man die Strecken verändert. Dazu müssten kleinere Verteilerstandorte in der Stadt eingerichtet werden. Von dort könnten die Pakete dann per Lastenfahrrad oder mittels kleinerer Lieferwagen, die über einen E-Antrieb verfügen, zu den Kunden gebracht werden. Doch die Branche scheut diese Umtstellung. Obwohl es längst Startups gibt, die einen solchen Service anbieten.

In Zeiten von Diesel-Fahrverboten, in denen Kommunen überlegen, Autos komplett aus der Innenstadt zu verbannen, muss die Branche dringend umdenken. Sonst wird sie zum Hindernis für Innovationen und damit auch für Startups, die auf die Zusammenarbeit mit großen Logistikern angewiesen sind.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobil-Branche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

Bild: NamensnennungWeitergabe unter gleichen Bedingungen Bestimmte Rechte vorbehalten von Tracy Adams