Dieses Bild eines Dieselmotors sollte schleunigst der Vergangenheit angehören.
Dieses Bild eines Dieselmotors sollte schleunigst der Vergangenheit angehören.

Mit dem Diesel-Skandal ist es ein bisschen so wie mit einem Zombie. Immer, wenn man denkt, man habe lange genug drauf eingehauen, steht das Ding wieder auf. Heute hat die Polizei Audi Chef Rupert Stadler festgenommen. Stadler soll davon gewusst haben, dass Motoren mit der Abschalt-Software weiter in den Verkauf bei Audi gekommen sind, aber nichts unternommen haben. Damit erwischt es zum ersten Mal eine Führungspersönlichkeit aus dem VW-Konzern. 

In den vergangenen Monaten hatte man zähneknirschend  in Wolfsburg zugeben müssen, dass sogar in diesem Jahr noch Autos mit der verbotenen Abschalteinrichtung verkauft wurden. Im März erwischte es dann BMW, die „aus Versehen“ bei einigen tausend Modellen eine „falsche Software“ aufgespielt hatten. Jetzt ist Daimler dran, die sich bisher noch einigermaßen schadlos in der Diesel-Sache halten konnte. Der Konzern muss auf Anordnung des Verkehrsministeriums europaweit fast 800.000 Autos zurückrufen. Das entspricht ungefähr einem Drittel der weltweiten Jahresproduktion von Daimler. Der Konzern sieht sich ungerecht behandelt und will gegen den Zwangsrückruf Widerspruch einlegen.

Die Vorfälle der letzten Monate zeigen vor allem zwei Dinge: Zum einen ist der Diesel-Skandal auch drei Jahre nach den ersten Berichten keineswegs ausgestanden. Wie viele Fahrzeuge mit einer illegalen oder halb-legalen Abschaltvorrichtung unterwegs sind, lässt sich nicht mal schätzen. Angesichts der Rückrufe in den vergangenen Jahren, dürften es noch ein paar Millionen sein. Zum anderen gibt es kaum ein besseres Argument gegen Diesel und für die Elektromobilität.

Unklar ist bis heute, ob die Prüfstand-Software völlig verschwunden ist. Denn bis rauf zur aktuellen Euro 6c Norm werden die Abgaswerte ausschließlich auf dem Prüfstand gemessen. Zwar nimmt man dazu ab September 2018 die neue, etwas schärfere WLPT-Norm statt der seit Jahren komplett sinnlosen NEFZ-Norm. Reale Abgastests auf der Straße werden aber erst mit der Euro 6d Norm für alle neu zugelassenen Fahrzeuge ab 2021 Pflicht.

Wie schwer den Herstellern die Umstellung auf den WLPT-Zyklus fällt, erkennt man alleine daran, dass fast alle im Moment Problem bei den Neuwagen haben. Viele Modelle sind nur eingeschränkt oder gar nicht lieferbar. Man hängt einerseits mit der neuen Zertifizierung hinterher, weil es nicht genug WLPT-Prüfstände gibt, andererseits fehlt es teilweise an geeigneten Motoren.

Den ganzen Aufwand und Stress hätte man sich sparen können, wenn man frühzeitig auf die Elektromobilität gesetzt hätte. So sehr man Tesla für vieles kritisieren kann, das US-Unternehmen hat es vorgemacht, wie man erfolgreich E-Mobilität verkaufen kann. Dazu gehört auch der Aufbau einer eigenen Ladeinfrastruktur. Dies hätte von den drei großen Herstellern in Deutschland mit Leichtigkeit vorangetrieben werden können, selbst ohne die Unterstützung der Bundesregierung. Die wiederum hat sich zu lange von der Industrie hinters Licht führen lassen.

Weg mit dem Steuervorteil, her mit den freien Parkplätzen!

Was jetzt angesichts des immer noch lichterloh brennenden Diesel-Skandals wichtig wäre: Eine totales Bekenntnis zur Elektromobilität. Dazu gehört auch der Wegfall des Steuervorteils des Diesel. Die Mehreinnahmen gehören komplett in den Ausbau der Lade- und Strominfrastuktur investiert. E-Fahrzeuge müssen insgesamt stärker gefördert werden. Das sollte nicht nur über eine Kaufprämie erfolgen, sondern geht auch mit anderen Mitteln. So könnte man E-Autos in Metropolen von Parkgebühren oder der Pflicht zu einem Anwohnerparkausweis befreien. Eigene Parkplätze und Sonderspuren auf Zubringerstrassen sind zwei weitere exzellente Mittel zur Förderung der E-Mobilität.

Dies würde nicht nur dazu führen, dass mehr Geld, Zeit und Wissen in die Erforschung der E-Mobilität gesteckt wird. Gleichzeitig hilft es auch kleineren Startups, die mit eigenen, brauchbaren E-Autos schon in den Startlöchern stehen. Dem Wirtschaftsstandort Deutschland würden solche Entscheidungen in Zukunft einen erheblichen technologischen Vorsprung verschaffen. Was angesichts der drohenden und schon aktiven Handelskriege sicher kein Nachteil ist.

Disclaimer: Der Artikel wurde nach Bekanntwerden der Festnahme von Audi-Chef Rupert Stadler am Montag, 18. Juni 2018, 12 Uhr, aktualisiert. 

 

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

Bild: Getty Images / SEYLLOU / Contributor