Die Flugbranche lässt zu wünschen übrig, wenn es um den digitalen Kundenservice geht.

Das Flugzeug gehört zu den meistgenutzten Verkehrsmitteln unserer Zeit. So vermeldete kürzlich etwa der Flughafen München weiterhin steigende Passagierzahlen. Die Branche macht Umsätze in Milliardenhöhe, doch für die Passagiere selbst hat sich in vergangenen Jahrzehnten kaum etwas verändert. Man kann zwar seine Tickets online buchen und das Boarding funktioniert mittlerweile über den im Telefon gespeicherten QR-Code. Und wenn man Glück hat, dann warnt einen die Airline, sollte ein Flug verspätet sein. Damit ist der digitale Service aber auch schon erschöpft.

Da ist selbst die Deutsche Bahn weiter. So lässt sich über deren App etwas über die Auslastung des Zuges erfahren, man bekommt Live-Updates zu Verspätungen und Empfehlungen, welchen Zug man nehmen kann, wenn man seinen Anschluss verpasst hat. Selbst Rückerstattungen lassen sich mittlerweile bequem über den „Navigator“ in wenigen Minuten erledigen. Bei den Fluglinien ist das Thema digitaler Kundenservice noch immer ein Desaster.

Natürlich hat die Luftfahrt es mit komplexeren Systemen zu tun als die Bahn. Verspätungen liegen oft nicht in der Hand der Airlines, sondern werden durch die Flughäfen verursacht. Die sind dann entweder überlastet oder ein Dienstleister hat gerade einen Personalengpass, weswegen sich Ankunft oder Abflug verzögern. Hinzu kommen die national organisierten Luftsicherheitsbehörden, die den Verkehr sortieren. Auf all das haben die Fluganbieter kaum oder auch gar keinen Einfluss. Aber es gäbe ein paar Dinge, die man trotzdem schnell angehen könnte.

Airlines scheint egal zu sein, dass die Reise nicht erst am Flughafen beginnt

Aktuell gilt: Für Fluglinien ist der Kunde zunächst nur bis zur Kaufentscheidung wichtig – danach erst wieder, wenn er am Gate steht. Aber Fluggäste müssen auch irgendwie zum Flughafen kommen und am Zielort wissen, wie es weitergeht. Während die Bahn immerhin bei vielen Fahrkarten ein ÖPNV-Ticket mit anbietet, sucht man so etwas bei der Lufthansa und anderen Gesellschaften vergebens. Es scheint den Airlines schlicht egal zu sein, dass jede Reise nicht erst am Flughafen beginnt. Abgesehen von einem Projekt des Lufthansa-Accelerators mit Mytaxi sucht man eine Zusammenarbeit mit Taxi- oder Carsharing-Diensten vergeblich.

Auch über alles, was sonst zu den Ärgernissen an einem Flughafen gehört, gibt es keinerlei Informationen. So wäre es hilfreich, wenn man vor der Abfahrt zum Airport wüsste, ob es Verspätungen bei den Zubringern gibt. Auch erfährt man nichts zu den eventuell langen Schlangen, die sich meist vor dem Security-Check bilden. Dabei sind häufig gerade diese dafür verantwortlich, dass man seinen Flug verpasst.

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Völlig allein gelassen wird man auch, wenn der Anschlussflug verpasst wird. Statt dem Kunden per App mögliche Ersatzflüge anzubieten, steht man Ewigkeiten in einer langen Schlange und wartet. Das mag auch daran liegen, dass die Buchungssoftware komplex ist, zeigt aber gleichzeitig, dass die Airlines in Sachen Digitalisierung hinterherhängen, weil die IT-Infrastruktur veraltet ist.

Und den Anbietern gelingt es nicht einmal, auch nur minimalen Service für die Kunden anzubieten, die es zum Flughafen geschafft haben. Weder findet man eine Indoor-Navigation, um sein Terminal oder Gate zu finden, die Lounges sind oft unauffindbar und selbst einfachste Dinge wie der Zugang zum offenen WLAN werden nicht angegeben. In diese riesige Lücke ist das Startup Flio vor einigen Jahren gestoßen.

Kein Druck, übermäßig viel für die Kunden zu tun

Selbst bei so simplen Dingen wie der Flugverfolgung scheitern die Airlines. Es gibt im Netz schon lange Angebote, mit denen sich einzelne Flüge verfolgen lasse. Mit den richtigen Informationen könnte man auch sehen, ob das gebuchte Flugzeug pünktlich ist. Die Airlines könnten mit einer simplen Kooperation solche Infos ihren Kunden zur Verfügung stellen, doch es tut sich nichts.

Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass der Kampf um die Marktanteile im Fluggeschäft Innovationen eher beflügeln. Doch die Airlines scheuen die Investitionen und da sie gleichzeitig kaum von einem Startup disrupted werden können, stehen sie auch nicht unter dem Druck, übermäßig viel für ihre Kunden tun zu müssen.

So bleibt die Flugbranche in Sachen Digitales weiter rückständig. Es ist erstaunlich, dass die Kunden das hinnehmen. Würde die Bahn einen derart schlechten Service anbieten, wäre der Aufschrei sicher groß. Es bleibt zu hoffen, dass die Airlines sich nach Jahren des unerbittlichen Preiskampfes und der Abschaffung von Komfort endlich umbesinnen und den Anschluss ans digitale Zeitalter schaffen.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

Bild: Getty Images / Spencer Platt / Staff