Apps wie Jelbi in Berlin bieten eine Auswahl mehrerer Mobilitätsanbieter. Ein Manko bleibt: Die großen Player fehlen.
Apps wie Jelbi in Berlin bieten eine Auswahl mehrerer Mobilitätsanbieter. Ein Manko bleibt: Die großen Player fehlen.

Als ich vor ein paar Jahren mein Auto verkauft habe, weil ich meine Mobilität neu ausrichten wollte, war der Markt der Mobilitätsdienstleistungen einigermaßen übersichtlich. Es gab Car2Go und DriveNow, ein paar stationäre Carsharer und Call-A-Bike. Mittlerweile ist das Angebot zumindest in Berlin drastisch gewachsen. Doch das Wachstum bringt auch Probleme mit sich. Meine App-Sammlung für Mobilitätsangebote in Berlin umfasst mittlerweile 15 Apps. Und das ist ein Problem.

Zeitraubende Registrierung

Weniger für mich, denn ich bin über die Jahre einfach mit dem Angebot weiter gewachsen. Es stört mich daher auch nicht weiter, dass ich mich bei jeder App neu registrieren muss. Zum Anmeldeprozess gehört allerdings oft auch ein nicht immer ganz umkompliziertes und zeitraubendes Freischalten aller Funktionen per Führerschein. Das mag mir wenig ausmachen, aber jemanden, der sich heute dazu entschließt, das Auto abzuschaffen, wird es in den Wahnsinn treiben. Wer will schon ein ganzes Wochenende damit verbringen, sich irgendwo anzumelden und seine Kreditkartendaten ein Dutzend Mal weiterzugeben?

Was man eigentlich benötigen würde, wäre ein „Amazon der Mobilität“. Einmal anmelden, alle Produkte bekommen und auf einmal bezahlen. Doch das scheitert leider an diversen Hindernissen. Allein das Thema „bundesweites E-Ticket“ gehört zu traurigsten Kapiteln der Digitalisierung. Die über 300 ÖPNV-Anbieter schaffen es seit mehr als 14 Jahren nicht, sich zu einigen. So müssen Reisende in Deutschland in jeder Stadt entweder mit einer anderen App zahlen oder Kleingeld bereit halten.

Egoistische App-Anbieter

Eine Mobilitäts-App bei den ÖPNV scheitert aus Unfähigkeit, aber die Situation bei den gewerblichen Anbietern sieht auch nicht besser aus. Seit Jahren versuchen verschiedene Startups, Unternehmen wie Car2Go oder DriveNow dazu zu bewegen, den Buchungs- und Bezahlprozesse zu öffnen. Aber genau das wollen diese und andere Anbieter nicht. Es werden Sicherheitsbedenken angeführt, doch der Hauptgrund dürfte sein, dass man den User einfach in der eigenen App haben will.

Zwar zeigen Apps wie „Free2Move“ auf ihren Karten die Angebote verschiedener Dienste an, doch anmelden und buchen kann man die Fahrzeuge in vielen Fällen nur, wenn man die dazu gehörige App auf dem Smartphone hat. Es bringt einen also nicht sonderlich weiter, wenn man einfach mal eben schnell von A nach B möchte. Und die von der Berliner BVG angekündigte Multi-App „Jelbi“ deckt nur wenige Angebote ab.

Erfolg durch Bequemlichkeit für Kunden

Doch wie will man die Menschen davon überzeugen, dass sie ihr Auto in Zukunft öfter stehen lassen oder gar ganz abschaffen? Das geht nur, wenn die Nutzung der Dienste so einfach ist, wie ein Bestellvorgang bei Amazon. Die Elektronik-Konzerne kämen ja auch kaum auf die Idee, dass man ihre Fernseher und Spielekonsolen nur über eine eigene App kaufen und verwalten kann.

Bequemlichkeit für den Kunden bedeutet auch Erfolg. Wenn die Unternehmen über den eigenen Schatten springen und gemeinsame eine Plattform entwicklen, die es allen leichter macht ihre Dienste zu nutzen, dann steigt auch die Chance, dass mehr Menschen den Weg dorthin finden. Und damit auch die Chance, dass sich die Umsätze verbessern.

Noch besteht dazu die Chance, dass man eine solche Plattform dank der vielen erfolgreichen Mobilitätsunternehmen aus Deutschland hierzulande starten kann. Man kann aber natürlich auch so lange warten, bis Google die Sache in die Hand nimmt. Um dann wieder zu jammern, dass es kein deutsches Google oder Amazon der Mobilität gibt.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

Bild: Trafi/BVG