Die Drivery-Macher Timon Rupp und Felix Kreysig (v.l.) werfen einen Blick in den Motorraum des Flügeltürenautos Delorean.

 

Es gibt Pizza, Hebebühnen, Schweißgeräte und einen Delorean. Dutzende Interessierte haben sich anlässlich eines Workshops um das aus „Zurück in die Zukunft“ bekannte Gefährt mit Flügeltüren versammelt und inspizieren es neugierig. Statt Fluxkompensator und Nuklear-Antrieb wie im Film soll das seltene Sammlerstück in der Realität schon bald zum autonom fahrenden, komplett vernetzten E-Fahrzeug umfunktioniert werden. Und zwar nach dem Co-Creation-Prinzip, wenn es nach den Machern von The Drivery geht. Damit gemeint ist, dass alle zusammen am Wagen basteln.

„Wenn du hier jemandem auf dem Flur begegnest, dann ist das mit 100 prozentiger Wahrscheinlichkeit jemand, der auch etwas mit Mobilität zu tun hat“, sagt Timon Rupp, Gründer des neuen Berliner Innovationsclubs, der sich auf rund 10.000 Quadratmetern im Ullstein-Haus am Tempelhofer Hafen erstreckt.

Drohnenlandeplatz auf dem Dach

Die Macher des Co-Working-Spaces bieten neben den Arbeitsplätzen und Veranstaltungsflächen auch voll ausgestattete Werkstätten, ein Anlegedock für Boote und planen zudem einen Drohnenlandeplatz auf dem Dach sowie im Innenhof eine Teststrecke für autonome Kleinstfahrzeuge. Durch den Innovationsclub sollen Startups, IT-Spezialisten, Industrie, Kapitalgeber, Forschung und Politik an einem Ort zusammenkommen und gemeinsam Lösungen für die Mobilität von Morgen entwickeln. Derzeit umfasse der 2018 gegründete und Anfang dieses Jahres eröffnete Club rund 300 Mitglieder, so der Gründer. Platz gibt es für nochmal so viele. Der Einstiegspreis für die Büroflächen liegt bei 50 Euro monatlich pro Einzelmitgliedschaft.

 

 

Der „E-Lorean“ soll zum elektrisch betriebenen, autonom fahrenden Wagen umgebaut werden

Zu den bisherigen Clubmitgliedern zählen unter anderem der gehypte E-Tretroller-Verleih Tier Mobility, das Parking-Startup AIPark, das über das Smartphone und mit künstlicher Intelligenz Parkplätze zuweist, oder auch das Transportanalyse-Startup Motiontag, dass zusammen mit Verkehrsbetrieben das Nutzungsverhalten von Bus und Bahn auswertet. Zudem gebe es Partnerschaften mit Hochschulen, darunter auch mit der gerade gestarteten XU Exponential University of Applied Sciences aus Potsdam. Gemeinsam mit den Forschern wolle man vor allem das Thema Künstliche Intelligenz angehen, so Rupp.

Für die Entwicklung von autonomen Fahrzeugen ist das Training von neuronalen Netzwerken unerlässlich – und dafür braucht es viel Rechenpower. In der Drivery stehen dafür zwei KI-Supercomputer zur Verfügung. Die rund 100.000 Euro teuren DGX Stations sind in Kooperation mit dem Chiphersteller Nvidia angeschafft worden und können per Anfrage von Clubmitgliedern gebucht werden. Künftig sollen mit den Supercomputern auch Hackathons veranstaltet werden, wo IT-Spezialisten und Entwickler zusammenkommen, um neue Software-Lösungen zu programmieren.

Das Geld für den Aufbau der Drivery stammt von dem Automobilzulieferer Hella. Rupp hatte vor der Gründung bereits für den Konzern aus Lippstadt einen Inkubator aufgebaut, um Startups bei der Existenzgründung zu helfen. Über die Höhe des Investments schweigen sich sowohl der Gründer als auch der Geldgeber aus. „Wir wollen eine schwarze Null generieren und die Überschüsse in Form eines Fonds oder Infrastruktur in die Community reinvestieren“, sagt der Gründer. Man sei nicht dem Druck ausgesetzt, Gewinne maximieren zu müssen. Rupp bezeichnet die Drivery selbst als Marktplatz. Was das Konzept angehe stehe man aber erst ganz am Anfang. Von Hella heißt es, dass man mit einer Vielzahl von Mobility-Startups zusammenarbeite, wobei dies nicht zwangsläufig mit einer konkreten finanziellen Beteiligung verbunden sei. Der Fokus liege eher auf der inhaltlichen Zusammenarbeit.

E-Lorean noch in der Rohfassung

Abgesehen von den Mitgliedsbeiträgen und den Einkünften durch Events wird das Geschäftsmodell von den Machern der Drivery bislang recht vage gehalten. Wichtig sei es, so der Gründer, von Anfang an die Politik mit an Bord zu holen, um die Innovationen auf die Straße zu bekommen. Berlins Oberbürgermeister Michael Müller (SPD) hat sich bereits sehen lassen. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und auch FDP-Chef Christian Lindner sollen der Drivery bald einen Besuch abstatten. Dass für neue Mobilitätslösungen Lobbyarbeit notwendig ist, hat die Zulassungsproblematik bei der neuen Fahrzeugklasse der E-Tretroller gezeigt. Deren Start hatte sich immer wieder verzögert.

Bis das Vorzeigeprojekt „E-Lorean“ reif für die Straße ist, ist noch viel Bastel- und Entwicklungsarbeit notwendig. Bisher befindet sich das Fahrzeug in der Rohfassung – ohne Motor. An Platz und Arbeitsutensilien mangelt es Schraubern und Entwicklern in der Drivery jedenfalls nicht. Der Coworking-Space mit einem reinen Mobility-Schwerpunkt ist bislang deutschlandweit der einzige seiner Art. „Das ist durchaus ein Export-Modell“, sagt Rupp. Es gebe bereits Anfragen für einen Ableger im Ruhrgebiet.

So sieht es im Coworking-Space Drivery aus:

 

Bild: Marco Weimer für Gründerszene; Der Artikel wurde nachträglich angepasst.