Kommen Pizza und Amazon-Pakete demnächst ins Haus geflogen?

Diesen Artikel könnt ihr euch auch anhören. Die Audio Story findet ihr unter dem Text.

Auf diese Meldung hat Amazon lange warten müssen: Die Federal Aviation Administration in den USA, die oberste Luftfahrtbehörde, hat dem Tochter-Unternehmen Amazon Prime Air prinzipiell erlaubt, als Luftfahrtunternehmen zu agieren. Zwar muss der E-Commerce-Riese noch einige regulatorische Hürden nehmen, der größte Schritt ist damit aber gemacht. Amazon kann also demnächst den Regelbetrieb für Paketlieferungen mit seinen Drohnen aufnehmen und damit völlig neue Märkte erschließen. Allein ist Amazon auf dem Markt jedoch keineswegs. Auch Wing, eine mit FedEx kooperierende Alphabet-Tochter und die US-Post wurden von der FAA genehmigt. Was bedeutet das für die Startup-Welt?

Drohnen-Startup mit Milliardenwert

Für Versandunternehmen sind Drohnen nicht nur eine technische Herausforderung. Sie sind vor allem eine Chance, neue Märkte zu erobern und die Lieferkosten drastisch zu senken. Die Liefergebühren steigen, je abgeschiedener die Kunden von den zentralen Lagern der Unternehmen wohnen. Hier sind es besonders die Kosten für die Fahrer und die Fahrzeuge, die Unternehmen gerne einsparen wollen. Drohnen sind günstiger, können rund um die Uhr betrieben werden und liefern auch in Gegenden, wo eine Auslieferung schwierig ist.

Ein gutes Beispiel ist das US-Startup Zipline. Das Unternehmen liefert schon seit dem Jahr 2016 Medikamente, Blutkonserven und Impfstoffe in den afrikanischen Ländern Ruanda und Ghana aus. Schon jetzt ist Zipline für 65 Prozent aller Lieferungen von Blutkonserven außerhalb der Hauptstadt von Ruanda verantwortlich. Dringend benötigte Lieferungen können per Whatsapp bestellt und je nach Entfernung innerhalb von wenigen Stunden ausgeführt werden.

Zipline hat seine Aktivitäten mittlerweile auch auf andere Länder wie Indien und die Philippinen ausgeweitet. Im Frühjahr setzten sie zum ersten Mal auch Drohnen in den USA ein. Kein Wunder, dass das Unternehmen mittlerweile mit über 1,2 Milliarden Dollar bewertet ist und Investoren wie Goldman Sachs, Sequoia Capital und U2-Sänger Bono das Unternehmen mitfinanzieren. Zipline sieht vor allem im staatlich geförderten Ausbau der Drohnen-Lieferungen in Schwellenländern eine große Zukunft.

DHL erprobt Landestationen

Aber wie sieht es im globalen Norden aus? Lieferungen per Drohne sind in der Innenstadt eher unwahrscheinlich. Doch die Vororte sind genau das, was Händlern wie Amazon wegen der hohen Lieferkosten Kopfzerbrechen bereitet. Werden die Pakete also demnächst im Vorgarten abgeworfen? So einfach wird das sein. Drohnen-Verkehr ist vor allem in Deutschland und in den Metropolen stark reguliert. Die deutschen Sicherheitsbedenken stehen hier einer schnellen Lösung im Weg.

Lest auch

 

DHL hat allerdings eine Lösung gefunden, wie man zumindest das Zustellproblem in den Vorstädten lösen kann. Statt die Pakete im Garten abzuwerfen, liefert eine Drohne in China die Pakete an eine spezielle Station in der Nachbarschaft. Die Kunden können ihre Pakete bequem abholen, wenn es ihnen zeitlich passt. Die Kostenersparnisse sind laut DHL enorm. Bis zu 80 Prozent der gesamten Lieferkosten können auf diesem Weg eingespart werden. Dazu kommen die reduzierten Emissionen, was für einen Lieferkonzern hohes Einsparpotenzial verspricht. Denn die Industrie wird zur Kasse gebeten, wenn sie für die erlaubten Emissionsgrenzen überschreiten.

Gute Aussichten auch für Gründer

Auch für Startups sind Drohnen eine vielversprechende Strategie. Die großen Unternehmen werden eigene Flotten aufbauen, aber kleine und mittelständische Unternehmen werden weder das Geld noch die Ressourcen dafür haben. Zipline hat gezeigt, dass der Aufbau einer eigenen Infrastruktur zwar nicht einfach, aber machbar ist. Auch kleine und mittlere Unternehmen werden in Zukunft auf eine Lieferung per Drohne setzen wollen, wenn sie ihre Marktanteile sichern möchten.

Die nächsten Jahre werden im Logistikmarkt daher sehr spannend. Der Onlinehandel kann sich dank Drohnen-Lieferungen auch in Länder ausbreiten, die bisher von den Angeboten abgeschnitten sind. Hinzu kommt der große Markt für Lieferungen im medizinischen Bereich, die vor allem in den Schwellenländern staatlich gefördert werden. Gute Aussichten für Investoren und mutige Gründer.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

Bild: Getty Images / SEM VAN DER WAL / Kontributor / Freier Fotograf